Mainzer Tage der FernsehkritikSeit Jahren schon liegen die öffentlich-rechtlichen Sender und die Verlage im Clinch. In der Auseinandersetzung geht es um Marktanteile im Internet und um die Frage, welche Rolle gebührenfinanzierte Rundfunkanstalten im Netz spielen dürfen. Während die Verlage, denen die neuen Geschäftsmodelle für die neue Medienwelt mancherorts noch zu fehlen scheinen, in ARD und ZDF einen wichtigen Gegner sehen, drängen die Öffentlich-Rechtlichen auf den Ausbau ihrer Online-Aktivitäten, um letztlich sich selbst erhalten zu können in einer Zeit, in der die klassischen elektronischen Medien an Publikum verlieren.

Als neues "Dach des Fernsehens" bezeichnete ZDF-Intendant Markus Schächter am Montag das Internet anlässlich der Eröffnung der 43. Mainzer Tage der Fernsehkritik. In seiner Eröffnungsrede forderte Schächter einmal mehr, dass die Vertreter journalistisch orientierter Qualitätsmedien an einem Strang ziehen müssten. "Ich sehe mit zunehmender Sorge, dass sich die für unsere Gesellschaft so wichtigen Akteure und Veranstalter des Qualitätsjournalismus in unverminderter Aggressivität gegenseitig bekämpfen und schwächen", sagte Schächter am Montagvormittag in Mainz. "Ich will meinen Appell wiederholen: Lasst uns nicht die falsche Tür bewachen!", sagte er erneut zu den Verlagen mit Blick auf Technologie-Anbieter wie Google.
 
 

 

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Mit Verweis auf die "funktionale" Partnerschaft von Verlegern und Rundfunkanstalten während der vergangenen 60 Jahre fordert Schächter eine Partnerschaft auch in der Zukunft. "Wir sollten im Interesse der nachwachsenden Nutzer, die in ihrer Informationsorientierung weder Zeitung noch 'heute journal' oder 'Tagesthemen' als erste Nachrichtenquelle zu nutzen geübt sind, gemeinsam nachdenken, wie der Gefahr zu begegnen ist, dass im Web und durch das Web eine schleichende Tendenz zu Para- oder Pseudojournalismus ihre Chance findet", so der ZDF-Intendant.

In drei Thesen legte Schächter die Herausforderungen dar, die es nötig machten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf das Netz auszuweiten. So sei das Fernsehen im Zuge der technischen Konvergenz mehr und mehr Teil des Netzes geworden. Zudem sei der Weg ins Netz erforderlich, um auch künftig mit seinen Inhalten das Publikum zu erreichen. Darüber hinaus erforderten "der oft laienhafte Umgang mit Information und die gezielte PR in sozialen Netzwerken" klassischen Journalismus "gerade verstärkt in voller Präsenz". Schächter sieht die öffentlich-rechtlichen Anbieter in Zeiten, in denen der Rückzug ins Private eine Gefahr darstelle, dafür "prädestiniert" als "krisensichere Content-Anbieter" die notwendige publizistische Öffentlichkeit herzustellen.

Die Mainzer Tage der Fernsehkritik stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Neue Wahrheiten - Wer traut wem in der vernetzten Welt?" und dauern noch bis zum Dienstagmittag an. Die Veranstaltung wird live im Internet übertragen und ist in der Mediathek des ZDF abrufbar.