Diese Telegeschichte beginnt am 24. August 1963 im Bremer Weserstadion. Bloß 58 Sekunden nach dem Anpfiff des Fußballspiels SV Werder Bremen gegen Borussia Dortmund erzielt der Dortmunder Stürmer Friedhelm Konietzka einen Treffer. Es ist nicht nur das erste Tor der Partie, die mit 3:2 für Bremen enden wird. Es ist zugleich das erste Tor der deutschen Fußball-Bundesliga, die an diesem Tag ihren Spielbetrieb aufnimmt. Das aus heutiger Sicht Kuriose an dem historischen Moment ist, dass es von ihm keine Bewegtbilder gibt, denn Fernsehkameras sind nicht anwesend.

Die „Sportschau“ im Ersten berichtet zwar über einzelne Spiele, allerdings erst am Sonntagabend und dann auch nicht von diesem Match. Das ist auch darin begründet, dass die Liga gegenüber dem Fernsehen noch zögerlich auftritt, befürchten die Verantwortlichen doch, dass zu viele Fernsehbilder die Fans von den Stadien fernhalten könnten. Erst 1965 können ARD und ZDF offiziell die Fernsehrechte für ausgewählte Partien erwerben und zahlen dafür 650.000 DM pro Saison. Die „Sportschau“ wechselt dafür auf den Samstagvorabend und präsentiert nun die Zusammenfassungen kurz nach Abpfiff. Pro Woche werden dort Berichte von drei bis vier Begegnungen gezeigt, die im Vorfeld als „Top-Spiele“ festgelegt sind. Von den übrigen werden die Ergebnisse lediglich bekannt gegeben.

Rund zwanzig Jahre lang bleibt diese Konstellation unberührt und gilt schlicht als gesetzt. Das geht so weit, dass die entsprechenden Verträge in der Regel erst kurz vor Beginn einer Saison oder sogar erst nach deren Start abgeschlossen werden. Wie sonst soll eine Alternative aussehen, wenn es keine Konkurrenz auf dem Fernsehmarkt gibt? Doch als im Januar 1984 das Privatfernsehen in Deutschland eingeführt wird, ändert sich das schnell.

"Mit dem großen Geldsack erschlagen"

Als die kommerziellen Anbieter PKS/Sat.1 und RTLplus im Januar 1984 auf Sendung gingen, entbrannte zwischen ihnen schnell ein heftiger Wettlauf um Frequenzen, Formate und um die schnellere Einführung eines Frühstücksfernsehens. In diesem Duell mussten sich die Verantwortlichen von RTLplus lange geschlagen geben. Die eigenen Marktanteile verharrten in den angeschlossenen Haushalten mit unter zehn Prozent kontinuierlich unter denen von Sat.1 (21,5 Prozent). Dies lag vorrangig daran, dass Sat.1 durch die Beteiligung des Filmhändlers Leo Kirch auf dessen gigantisches Filmarchiv zurückgreifen und den Sendeplan mühelos mit zwar alten, aber populären Filmen und Serien bestücken konnte. RTLplus hingegen musste das eigene Programm entweder mit teuren Einkäufen oder aufwändig eigenproduzierten Inhalten füllen.

Für die ehrgeizigen Pläne der Eigentümer von RTLplus, zu denen mit dem Bertelsmann-Konzern eines der größten Medienunternehmen der Welt gehörte, war diese ewige Niederlage unbefriedigend. Eine Änderung der Machtverhältnisse war somit dringend notwendig, und das Problem sollte einfach „mit dem großen Geldsack erschlagen werden“ (Zitat „Der Spiegel“). An dieser Stelle kam die Bundesliga auf den Plan.

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Als der DFB den Vertrag für die Übertragungsrechte der Spielzeit 1988/1989 erstmals seit zehn Jahren vor Saisonbeginn abschließen wollte, lag neben der üblichen Offerte der ARD, die zuletzt immerhin 16 Millionen DM umfasste, plötzlich ein zweites Angebot auf dem Tisch. Und was für eins.

Es versprach knapp 140 Millionen DM für die Übertragungsrechte der kommenden drei Saisons – oder umgerechnet 45 Millionen DM pro Jahr. Dahinter stand die UFA Film- und Fernseh GmbH, die wiederum eine Tochterfirma des Bertelsmann-Konzerns war. Die UFA bewarb sich also darum, die Rechte als Zwischenhändler zu übernehmen und diese dann an Dritte zu sublizenzieren – das schloss ausdrücklich ARD/ZDF mit ein. Als wichtigsten Baustein sah das Angebot jedoch vor, dass RTLplus in einer dreistündigen Fußballshow samstags ab 19.00 Uhr über die Partien des Tages ausführlich berichten dürfte. Dafür würde der Sender konzernintern einen jährlichen Betrag von 40 Millionen DM an die UFA überweisen. Den für eine Refinanzierung nötigen Restbetrag von mindestens fünf Millionen DM pro Jahr sollte durch jene Sublizenzen an ARD/ZDF und ausländische Abnehmer sowie durch den Verkauf von Live-Spielen eingenommen werden.

Die Vertreter:innen der öffentlich-rechtlichen Anstalten fühlten sich von der überraschenden Konkurrenz überrumpelt. Für sie war es ein Affront, nur daran zu denken, die bewährten Verhältnisse in Frage zu stellen. Deshalb gingen sie fest davon aus, dass sich der DFB nach jahrelanger Partnerschaft nicht auf einen unerfahrenen Bewerber einlassen würde, bloß weil dieser mit mehr Geld winkt.

"Dann kommen goldene Zeiten auf uns zu"

Völlig überraschend kam dieser Schritt ehrlicherweise nicht. Schon seit geraumer Zeit hatten einige Sportfunktionäre die Einführung des Privatfernsehens mit Interesse beobachtet. Mit der damit verbundenen Auflösung des öffentlich-rechtlichen Monopols erhofften sie sich Bewegung in der festgefahrenen Situation der TV-Übertragungen. Zu sehr fühlten sich viele Vereine von der ARD mittlerweile gegängelt, die als einziger in Frage kommender Rechtekäufer ihre Vorstellungen und Forderungen diktieren konnte. Zu präsent war auch das Verhalten einiger ARD-Funktionäre, die bei früheren Verhandlungen nicht davor zurückschreckten, die finanzielle Notlage einiger Teams gegen sie zu verwenden. Vor allem hoffte man, die Profite aus den Fernsehrechten jetzt auf ein ähnliches Niveau wie in Italien, Spanien oder Großbritannien anheben zu können.

Uli Hoeneß © IMAGO / Kicker/Eissner Wie lange noch bis "Goldene Zeit"? Hoeneß in den 80ern
Uli Hoeneß fantasierte bereits im Jahr 1987 in einem Interview mit dem „Handelsblatt“, dass man die Übertragungsrechte für mindestens 50 Millionen DM pro Saison an die kommerziellen Kanäle verkaufen könne, da sie den Sport dringend benötigen, um bei Werbepartnern attraktiv zu bleiben: „Noch fehlen Sat.1 oder RTL die Reichweiten, um eine ernstzunehmende Konkurrenz für die öffentlich-rechtlichen Anstalten zu sein. Aber in vier oder fünf Jahren wird sich das ändern. Dann kommen goldene Zeiten auf uns zu.“

So lange mussten die Vereine gar nicht warten, denn das Angebot der UFA würde ihnen in der ersten Liga zusätzliche Einnahmen in der Höhe von bis zu 1,5 Millionen DM und in der zweiten Liga in der Höhe von 300.000 bis 600.000 DM pro Team und Jahr in die Kasse spülen. Für die meisten Clubs, die zu dieser Zeit mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, waren diese Aussichten äußerst verlockend und machten den UFA-Deal sehr attraktiv.

Und noch etwas kam bei vielen Vereinen gut an. Im Gegensatz zur „Sportschau“, in der die Kommentatoren die Leistungen der Mannschaften oft kritisch besprachen, sicherte RTLplus zu, die Spiele künftig euphorisch und positiv zusammenfassen und den Fußball feiern zu wollen.

"Fernsehkrieg zwischen den Systemen"

Als sich abzeichnete, dass die gewohnte Verlängerung der TV-Rechte diesmal kein Selbstläufer war und für das Abwandern der Bundesliga zu RTLplus eine realistische Gefahr bestand, reagierten die Verantwortlichen der ARD beleidigt. Sie meldeten bockig an, man werde auf keinen Fall mit der UFA verhandeln oder sich mit der Zweitauswertung zufriedengeben. Diese Drohung zielte darauf ab, dass RTLplus zu dieser Zeit von gerade fünf Millionen Haushalten empfangen werden konnte, während ARD und ZDF rund 22 Millionen Haushalte erreichten. Würden die Bundesligaspiele also allein bei RTLplus zu sehen sein, bliebe der Großteil der deutschen Fußballfans außen vor.

Heribert Faßbender © IMAGO / United Archives Heribert Faßbender in den 80ern
Diese Drohkulisse wiederholten Vertreter:innen der ARD immer wieder vor laufenden Kameras. Beispielsweise sinnierte WDR-Sportchef Heribert Faßbender während der Berichterstattung über das UEFA-Cup-Halbfinale zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen davon, was passieren würde, wenn die UFA den Zuschlag erhielte: „Stellen Sie sich vor, es läuft Fußball und keiner schaut zu“. Durch solche Aktionen hoffte man, den Zorn des Publikums entfachen und Druck auf den DFB aufbauen zu können.

Derlei Äußerungen verärgerten wiederum das Management von UFA/Bertelsmann, das der ARD „Polemik“, „Desinformation“ und „Monopolisierung“ vorwarf. Sie sahen sich zu Unrecht als millionenschwerer Konzern gebrandmarkt, der sich einzig um den eigenen Profit und nicht um die Fußballfans scheren würde. Um dieses Narrativ drehen zu können, wiesen sie mehrfach darauf hin, dass sich dann ja alle Fernsehveranstalter um die Übertragung bewerben könnten. Und wenn ARD und ZDF von sich aus entscheiden, nicht zu verhandeln, seien sie es, die das Publikum aussperren.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ bezeichnete das Schauspiel als „ersten großen Zusammenprall des ‚alten‘ Fernsehens, der ARD und des ZDF, mit den ‚neuen‘ Privatsendern“. Das „Handelsblatt“ sprach indessen vom „Fernsehkrieg zwischen den Systemen“, der voll entbrannt sei, weil die öffentlich-rechtlichen Anstalten erstmals „ihre Substanz bedroht“ sehen. Ähnlich formulierte es die „WirtschaftsWoche“, die von einer „Fußballschlacht allererster Güte“ schrieb, die „spannender als viele der jüngsten Begegnungen auf dem grünen Rasen“ sei.

Der öffentlich ausgetragene Schlagabtausch führte dazu, dass sich viele Beteiligte und Unbeteiligte in die Verhandlungen einmischten und sich mal auf die eine und mal auf die andere Seite schlugen. Zu den Befürwortern des UFA-Deals gehörten die Spitzen der großen Vereine wie Helmut Grashoff, Manager von Borussia Mönchengladbach: „Der Fußball hat sich bisher zu billig verkauft, obwohl die Vereine ständig steigende Kosten haben. Wenn wir nicht erheblich mehr Gelder aus der Fernsehwerbung erzielen würden, müssten wir die Eintrittspreise erhöhen.“ Als ein weiterer glühender Verfechter trat Gerhard Mayer-Vorfelder auf, der in Personalunion Präsident des VfB Stuttgart und Vorsitzender des DFB-Ligaausschusses war. Er forderte die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf, endlich aus ihrer Schmollecke herauszukommen bzw. von ihrem hohen Ross herunterzusteigen und sich für eine Verhandlung mit der UFA zu öffnen. Schützenhilfe erhielt er von Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann und dem Parlamentarischen Staatssekretär Carl-Dieter Spranger (beide CSU), die ebenfalls die „Verweigerungstaktik“ von ARD/ZDF anprangerten und damit indirekt einen Abschluss mit der UFA stärkten.

Zum gegnerischen Lager, das den Verbleib der Rechte bei der ARD bevorzugte, gehörten DFB-Präsident Hermann Neuberger und der damalige DFB-Teamchef Franz Beckenbauer. „Fußball ist ein Massensport“, so Beckenbauer. „Die Deutschen brauchen Spiele im Fernsehen. Ich halte nichts von Exklusivrechten.“ Unterstützung erfuhren sie von vielen Bürgermeister:innen, in deren Städten die Stadien der Vereine standen. Sie beklagten, dass sie als Stadionbetreiber von den Mehreinnahmen nicht profitieren würden, ihren Einwohner:innen aber der Fußball im Fernsehen weggenommen werde. „Die Übertragungen sollten dort stattfinden, wo die meisten Zuschauer und Zuhörer sind“, verlangte der Oberbürgermeister von Hannover, Herbert Schmalstieg, der zugleich Präsident des Deutschen Städtetages war. Er drohte vorsorglich damit, sich für höhere Stadionmieten einzusetzen, falls der UFA-Vertrag angenommen werde.

Je länger die Kontroverse dauerte, desto absurder wurde sie geführt und desto mehr Außenstehende fühlten sich ermutigt, ihre Meinung kundzutun. Am Ende schaltete sich selbst der amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl in die Diskussion ein. Er galt als Befürworter des Privatfernsehens, wobei seine Sympathien für Sat.1, den Kanal seines Freundes Leo Kirch, deutlich ausgeprägter waren. Trotzdem urteilte er, der DFB verhalte sich „nicht klug“, wenn er durch die Annahme des UFA-Angebots Millionen von Fußballfans ausschließe. Kurioserweise bezog er auch noch die völlig unbeteiligten Bürger:innen der DDR mit in die Diskussion ein. Sie täten ihm nämlich besonders leid, wenn ihnen durch den Ausschluss der ARD der Zugang zum westdeutschen Fußball bald gänzlich verwehrt bliebe.

Ein Rechtsanspruch auf die „Sportschau“?

Deutschland fieberte dem 25. Mai 1988 entgegen - dem Tag, an dem der DFB seine Entscheidung fällen wollte. Die Karten lagen dafür auf dem Tisch. UFA/RTLplus unterbreiteten dem DFB und seinen Vereinen ein lukratives Angebot von 138 Millionen DM für die Fernsehrechte der nächsten drei Spielzeiten und zusätzlich 1,5 Millionen DM für die Hörfunkrechte. Die ARD konnte ihr Gebot nach zähen internen Verhandlungen noch auf 70,5 Millionen DM für den gleichen Zeitraum (inkl. Hörfunk) aufstocken, erreichte damit aber gerade die Hälfte des Mitbewerbers. Als Trumpfkarte hielten sie jedoch ihre langjährige Erfahrung mit der traditionsreichen „Sportschau“ und ihre hohen Reichweiten in der Hand.

Kurz vorm Showdown brachte Edmund Stoiber einen gewagten Vorschlag für den Fall, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten leer ausgingen, aufs Tapet. Er regte auf Basis der Informationsfreiheit an, in den Landesmediengesetzen eine öffentlich-rechtliche Mindestberichterstattung fest zu verankern. Dieses Vorgehen sollte der ARD zusichern, sogar ohne den Erwerb der Übertragungsrechte von jedem Spiel kostenfrei berichten dürfen, solange der entsprechende Beitrag nicht länger als 2:59 Minuten dauern würde. Dafür könnten sich Kameraleute zur Not ins Stadion schleichen und die Bilder heimlich aufnehmen. Klar, dass der DFB ein solches Bestandsrecht der „Sportschau“ unter Androhung einer juristischen Prüfung direkt ablehnte.

Die Entscheidung fällt

Die Frage war nun, ob es tatsächlich zum Wegfall der Bundesliga in der „Sportschau“ und damit zum „Super-GAU“ (Zitat „Handelsblatt“) kommen würde. Die Anzeichen dafür verdichteten sich. Im Vorfeld hatten sich 35 der 38 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga dafür ausgesprochen, das Angebot der Bertelsmann-Tochter anzunehmen. Ein solch eindeutiges Votum konnte das DFB-Präsidium kaum ignorieren und entschied, dem UFA-Deal und damit den hohen Erlöse den Zuschlag zu geben.

Es war geschehen. ARD/ZDF waren überboten und die meisten Fußballfans befürchteten, aufgrund der öffentlich-rechtlichen Sturheit bald auf ihre geliebten Bundesliga-Bilder verzichten zu müssen. Kurz vor Saisonbeginn kam dann die rettende Erlösung. Die Verantwortlichen der ARD sprangen über ihren Schatten und nahmen Verhandlungen mit der UFA auf.

Schließlich einigte man sich darauf, dass die ARD die Erstverwertungsrechte an fünf der neun Begegnungen eines Bundesliga-Spieltages erhielt und wie gewohnt samstags ab 18.20 Uhr in der Sportschau darüber berichten durfte. RTLplus bekam das Erstverwertungsrecht an den übrigen vier Matches zugesprochen. Die Zweitverwertung stand allen frei, wodurch das ZDF wie bisher im „Aktuellen Sportstudio“ ab 22.00 Uhr ebenfalls Szenen aus den Spielen zeigen durfte. Im Gegenzug verpflichteten sich ARD/ZDF, eine Summe von 25,5 Millionen DM pro Saison an die UFA zu zahlen, RTLplus musste einen Betrag von 17,5 Millionen DM überweisen. Mit diesem Kompromiss war nicht nur die „Sportschau“ gerettet, sondern auch der Zugang zum Fußball für alle gesichert. Und RTLplus konnte endlich die geplante Fußballshow ins Quotenrennen schicken.

"Anpfiff" – Eine neue Ära beginnt

So konnte RTL-Sportchef Ulrich Potofski am 23. Juli 1988 zur ersten regelmäßigen Fußballsendung im Privatfernsehen einladen, die fortan samstags von 19.00 bis 21.15 Uhr unter dem Titel „Anpfiff“ ausgestrahlt wurde. Im Kern des Formats standen natürlich die Berichterstattungen über die teuer erworbenen Spiele, von denen jeweils bis zu 20 Minuten gezeigt werden durften. Sie wurden mit Studiogesprächen, Gewinnaktionen und Comedy-Elementen vor Studiopublikum zum großen Spektakel aufgeblasen. Entsprechend trug das Ergebnis den Untertitel "Die totale Fußball-Show".

Anpfiff 1988 © IMAGO / United Archives Erste Sendung "Anpfiff" mit Pierre Littbarski, Andreas Möller, Uwe Kamps, Ulli Potofski und Günter Netzer

Auf große Begeisterung stieß all dies nicht. Echte Fußballfans störten sich an dem unnötigen Rummel. Zudem erwies sich die lange Laufzeit als unglücklich, weil sie bis ins Hauptabendprogramm reichte. Ab 20.15 Uhr – also mit Beginn der großen Samstagabendshows wie „Wetten, dass...?“ - verlor „Anpfiff“ gewöhnlich einen Großteil seines Publikums. Der Journalist Peter Stolle beschrieb diesen "Ehefrauen-Effekt" damals folgendermaßen: „In den Wohnstuben wüteten entrechtete Hausfrauen, die sich samstags abends viel lieber mit Gottschalk oder Carrell vergnügen, gegen ihre 'Anpfiff'-Gatten und drohten mit der gänzlichen Zerrüttung ihrer Kleinfamilien.“

Während die „Sportschau“ nach wie vor Millionen Menschen erreichte, verfolgten lediglich 300.000 Zusehende die Fußball-Highlights auf RTLplus. Das war selbst unter Berücksichtigung der insgesamt geringeren Empfangsreichweite enttäuschend. Bald wurde die Produktion deswegen gestrafft. Überflüssige Spaßeinlagen flogen ebenso wie der Zusatz „total“ im Titel heraus, sodass „Anpfiff“ nur noch „Die Fußball-Show“ war. Durch eine Verkürzung der Sendezeit bis 20.00 Uhr ging sie außerdem der Showkonkurrenz aus dem Weg. Die Konzentration auf das Wesentliche zeigte Wirkung, sodass die Reihe bald konstant die Millionenmarke überschritt. Dazu trug aber ebenso der kontinuierliche Ausbau der Empfangsfrequenzen bei. Die meisten Fußballinteressierten konnten sich aber trotzdem einfach nicht für die Sendung erwärmen. Zu hell strahlte die alte „Sportschau“, die unverändert über die meisten Spiele berichten durfte.

Obwohl man für „Anpfiff“ bei der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen eine Ausnahmegenehmigung erwirken konnte, um mehr Werbeunterbrechungen in den Ablauf einbauen zu dürfen, als eigentlich erlaubt war, ließen sich die teuren Rechte so nicht refinanzieren. Die Bundesliga im Privatfernsehen war daher anfangs keine Erfolgsgeschichte.

Das änderte sich erst, als sich Sat.1 ab 1992 die kompletten Übertragungsrechte sichern konnte und damit die „Sportschau“ faktisch vom Platz stellte. Unter der Marke „ran“ etablierte man dort mit mehr Kameras im Stadion, Superzeitlupen, ausführlichen Spielanalysen und einer lockeren Moderation eine moderne Form der Berichterstattung, die sich vom nüchternen „Sportschau“-Stil abhob. Sie kam derart gut an, dass sie schnell zum Maßstab für alle Sender wurde. Das allerdings ist eine ganz andere Telegeschichte.