Ralf Hape © ARD Media Ralf Hape
Krisenherde, Populismus und eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft - keine Frage, es ist aktuell nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, die Nachrichten einzuschalten. Da überrascht es nicht, dass es Unternehmen und Marken gibt, die im Umfeld tagesaktueller Sendungen lieber nicht auftauchen wollen. Dass Nachrichten kein gutes Werbeumfeld darstellen, ist daher eine recht weit verbreitete These in der Branche. Allein, sie ist nicht korrekt. "Das lässt sich mit Zahlen eindeutig widerlegen", sagt Ralf Hape, Geschäftsführer von ARD Media, gegenüber DWDL.de. "Im Radio wissen wir es schon lange, und im TV zeigt sich dasselbe Bild."

Der ARD-Vermarkter bietet mit Wetter, Börse und "Tagesschau" allabendlich eine Nachrichten-Rampe nach Quiz und Serien - und fährt damit sehr gut. "Die Viertelstunde vor acht bis zur 'Tagesschau' ist eines der begehrtesten und wirkungsvollsten Werbeumfelder im deutschen Markt", betont Hape. Der Chef von ARD Media verweist auf eine "starke Bindung" und hohe Reichweiten, beim Publikum ab 14 Jahren gibt es aktuell gar ein Plus von 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wer kurz vor der "Tagesschau" im Ersten wirbt, hat also tatsächlich beste Chancen, wahrgenommen zu werden.

Hans-Joachim Strauch © ZDF Werbefernsehen Hans-Joachim Strauch
Tatsächlich zeigt nicht nur die "Tagesschau", dass es sich lohnen kann, rund um TV-Nachrichten mit Werbespots vertreten zu sein. Die "heute"-Sendung im ZDF oder "RTL aktuell" sorgen allabendlich ebenfalls für erkennbare Einschaltimpulse. Dass die Hauptnachrichten nicht durch Werbung unterbrochen werden dürfen, muss dabei kein Nachteil sein, weiß Hans-Joachim Strauch. "Die Quoten des Werbeblocks zwischen den Hard News der 'heute'-Uhr und den Soft News, sprich dem Wetter, sind hervorragend und ein klarer Reichweitensieger", freut sich der Geschäftsführer des ZDF Werbefernsehens. Strauch hat zudem einen ganz besonderen Kniff vorzuweisen: So sorgten die "news-affinen Mainezlmännchen-Inserts" im Werbeblock zwischen Nachrichten und dem Wetter "für den angemessen Abstand zu den aktuellen Informationen". Ein kleiner Wohlfühlfaktor also nach so mancher schlechten Nachricht, die das "heute"-Team täglich aufbereitet.

Lars-Eric Mann © RTL Lars-Eric Mann
Mainzelmännchen hat die Ad Alliance zwar nicht zu bieten. Doch auch Lars-Eric Mann, Chief Marketing Officer des RTL-Vermarkters, ist darum bemüht, die Vorteile von Nachrichten als Umfeld für Marken herauszustellen. Und auch er hat dafür ein stichhaltiges Argument: "News sind starke Werbeumfelder – weil Vertrauen wirkt", sagt Mann zu DWDL.de und verweist auf Studien, die zeigen, dass Menschen Werbung in vertrauensvollen, glaubwürdigen und in journalistisch geprüften Umfeldern erwarten - "ob klassisch oder digital", so der Ad-Alliance-Manager, dessen Haus bekanntlich mit ntv auch noch einen eigenen Nachrichtensender betreibt.

"News-Angebote geben Orientierung, Halt und Glaubwürdigkeit – gerade in volatilen Zeiten", sagt Lars-Eric Mann. Das wiederum kann auch Marken helfen. "Werbung profitiert von dieser positiven Wahrnehmung, ist News-Umfelder stehen für Qualität, Aufmerksamkeit und bewussten Konsum - beste Voraussetzungen für starke Werbewirkung und Brand Safety. Ein Kriterium, das auf Social-Media-Plattformen – wo Nachrichten oft zwischen Desinformation und Polarisierung stattfinden – deutlich seltener erfüllt wird."

Keine Angst vor schlechten Nachrichten

ntv-Chefredakteur David Whigham hatte bereits zu Jahresbeginn im DWDL.de-Interview eine ganz ähnliche Botschaft gesetzt. Vor dem Hintergrund, dass 2025 fast 50 Prozent des deutschen Netto-Werbeumsatzes an Google, Meta und Amazon gehen werden, sagte Whigham: "Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen, denn wo könnte man als Werbetreibender besser investieren, als in eine Nachrichtenmarke wie unsere, die für Seriosität, für Zuverlässigkeit und für Vertrauen bei den Menschen steht?"

Kai Ladwig © Visoon Kai Ladwig
Auch bei Visoon, dem Vermarkter des Springer-Nachrichtensenders Welt, sieht man das so. "Der Zuschauer differenziert sehr genau zwischen Programmumfeld und Werbung", sagt Visoon-CMO Kai Ladwig zu DWDL.de mit Blick auf eine Civey-Studie von Welt. Die Aufmerksamkeit für Nachrichten sei daher "die beste Voraussetzung für Werbewirkung".

Ohnehin scheint allmählich auch bei den Werbekunden ein Umdenken stattzufinden. Maike Abel, Digital & Corporate Marketing Director bei Nestlé Deutschland und seit Mai neue Vorstandsvorsitzende der Organisation Werbungtreibender im Markenverband (OWM). Gegenüber "Horizont" sagte sie jüngst: "Wir hatten tatsächlich ja auch auf dem OWM-Summit im vergangenen Jahr eine heiße Diskussion gehabt, ob Nachrichtenumfelder für Werbeplatzierungen gut sind oder nicht. Da war ich auch noch sehr vehement, habe gesagt: no way. Das hat sich aber mittlerweile geändert." Und weiter: "Wir gehen nicht ins volle Risiko, etwa direkt neben die Top-News, aber zumindest steuern wir gewisse Teile von Nachrichtenseiten inzwischen an. Deshalb konnten wir das Thema Nachrichtenumfelder für uns ein wenig aufweichen."

Ralf Hape von ARD Media will Werbekunden ohnehin die Sorge vor schlechten Nachrichten nehmen: "Ganz ehrlich: Die Bewertung der manchmal 'verrückten' Welt, über die dort berichtet wird, sollte nicht das Werbeumfeld schmälern", sagt er. "Im Gegenteil - hier erreicht Werbung Menschen, die mitten im Leben stehen, aufmerksam sind und sich informieren wollen. Das ist die relevante Zielgruppe, um die alle buhlen."