Wer im deutschen Werbemarkt sozialisiert wurde, kennt sie: die „werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen“. Jahrzehntelang galt sie als heilige Zahl in der Mediaplanung. Wer sie erreichte, galt als erfolgreich – wer sie verfehlte, war ein Problemfall. Doch was einst vor allem aus Sicht der damals noch neuen Privatsender ein kluger Marketingkniff war, ist längst zum Problem geworden.
Ursprung dieser Fixierung war die Geburtsstunde des Privatfernsehens. In den späten 1980er-Jahren wollten Sender wie RTL und Sat.1 eine Zielgruppe ausweisen, die sich klar von den öffentlich-rechtlichen Wettbewerbern abgrenzte. Die Orientierung an den 14- bis 49-Jährigen stammte aus den USA, wo Networks wie ABC und NBC ihre Werbeflächen mit ähnlichen Alters-Eingrenzungen gezielt für "kaufkräftige junge Erwachsene" positionierten. Die Erzählung dahinter: Jüngere Menschen galten als konsumfreudig, markenoffen und leicht erreichbar – also als ideales Werbepublikum.
Doch die Gesellschaft ist seitdem älter geworden, die Mediennutzung zersplittert, und vor allem: Auch das Konsumverhalten folgt längst nicht mehr vorrangig der Alterslogik. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist inzwischen über 50 Jahre alt – und verfügt häufig über mehr Freizeit, mehr Geld und mehr Lust, es auszugeben. Zum Problem wird die 14-49-Definition für die Sender aber vor allem, weil auch bei den meisten Privaten der Großteil des erreichten Publikums den 50. Geburtstag längst hinter sich.
So sehen es die Vermarkter
© ZDF/Ulrike Lenz
Hans-Joachim Strauch
Auch Lars-Eric Mann, Chief Marketing Officer der Ad Alliance, sagt: "Werberelevant ist, wer für Marken relevant ist – und das sind alle Generationen." Für ihn steht fest: Zielgruppen lassen sich heute nicht mehr an starren Altersgrenzen festmachen. Und wichtig seien sowohl Jüngere als auch Ältere. "Junge Zielgruppen sind wichtig, weil sie kulturelle Trends prägen und Marken Zukunftsenergie geben. Ältere Zielgruppen hingegen sind selbstbewusst, aktiv und kaufkräftig – und in der Markenkommunikation noch immer unterrepräsentiert." Eine Rückbesinnung auf die Generation 50+ sei spürbar, so Mann. "Wer Breitenwirkung will, wird ohne sie nicht erfolgreich sein – am besten in Kombination mit den Jüngeren über psychografische Profile."
"Werberelevant ist, wer für Marken relevant ist – und das sind alle Generationen."
Lars-Eric Mann
© ARD Media
Ralf Hape
Und Lennart Harendza von Seven.One Media bringt es aus Vermarktersicht auf den Punkt: "Wer werberelevant ist, entscheiden unsere Kunden je nach Kampagnenziel und Produkt. Generell gilt: Alle Zielgruppen sind werberelevant. Denn Marken wachsen, wenn möglichst viele potenzielle Käufer:innen angesprochen werden." Für ihn zählt vor allem die Gesamtreichweite – linear wie digital, im TV wie im Streaming.
Warum die Zielgruppen-Ausweisung trotzdem ihre Berechtigung hat
Ist die alte Zielgruppen-Definition also ein Fall für die sofortige Abschaffung? Auch das wäre zu kurz gedacht - denn sie war schon immer mehr als nur eine Hilfe für Werbekunden. Zielgruppen-Definitionen dienen vielmehr als gemeinsame Vergleichsgröße zwischen Sendern. Ohne solche Kategorien wäre es kaum möglich, Marktanteile, Quoten und Reichweiten im Programmumfeld einzuordnen. Blickt man nur noch auf die Gesamt-Zahlen, drohen Erfolge bei Jüngeren im Gesamtbild unterzugehen.
Die alte Zielgruppenlogik schafft also weiterhin Orientierung – nicht als Maßstab für Werberelevanz, sondern als Messinstrument in einem fragmentierten Markt. Gerade in Zeiten, in denen sich Nutzung über mehr lineare und digitale Plattformen denn je verteilt, braucht es mehr als eine Benchmark, um Senderleistung sichtbar zu machen. Ob man dafür als Maßstab 14-49, 14-59 oder 14-29 hernimmt, kann man diskutieren - doch obsolet sind solche Ausweisungen nicht.
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