Es wird sehr viel über Serien geschrieben - Kritiken, Analysen einzelner Staffeln und Charaktere. Doch das sind oft Momentaufnahmen. Und weil an der nächsten Ecke schon die nächste Serie lauert, mit der man sich beschäftigen muss, bleibt selten Zeit, sich mit Abstand intensiv mit einer Serie auseinanderzusetzen oder gar über die großen Linien nachzudenken, die sich durch mehrere Serien ziehen. Ich bin sehr froh, dass sich Alan Sepinwall diese Zeit genommen hat - und ein Buch über die Entwicklung des seriellen Erzählens in den USA geschrieben hat. 


Anhand von zwölf sehr unterschiedlichen Serien zeigt der US-Serienkritiker in "The Revolution Was Televised" auf, wie dramatisch sich das Erzählen im Fernsehen verändert hat. Natürlich sind die üblichen Verdächtigen wie "Breaking Bad", "Mad Men" oder "The Wire" dabei. Aber auch einige, die ich in Sachen Revolution im TV nicht auf dem Zettel gehabt hätte: "Buffy", "Battlestar Galactica" oder "Friday Night Lights". (Die restlichen sechs Serien sind: "Oz", "The Sopranos", "Deadwood", "The Shield", "Lost", "24".)

Sepinwall deckt sehr viel ab: die großen Linien, die Produktionsumstände (er hat mit sehr vielen Drehbuchautoren, Produzenten, Senderverantwortlichen gesprochen), tiefe Einblicke und spannende Details zu den jeweiligen Serien. Dabei findet sich immer mal wieder auch wunderbares unnützes Wissen, das für jeden Seriensmalltalk geeignet ist: Zum Beispiel welches Schicksal Jessie in "Breaking Bad" eigentlich ereilen sollte oder der sehr banale Grund, warum die Zylonen in "Battlestar Galactica" aussehen wie Menschen.

Alan Sepinwall © Ulrike Klode

Ich will daraus jetzt nicht groß referieren, am besten lesen Sie das Buch selbst - es ist sehr klar strukturiert, man könnte theoretisch immer diejenige Serie überspringen, die einen nicht interessiert. Aber: Wenn man erst einmal losgelegt hat, will man das gar nicht. Ging zumindest mir so. Denn selbst in den Kapiteln über Serien, mit denen man selbst nicht so viel anfangen kann, steckt sehr viel Interessantes und für die großen Linien Wichtiges drin. Ich habe es von vorne bis hinten verschlungen, war stundenlang nicht ansprechbar und habe auf fast jeder Seite Fakten, Analysen oder Hinweise gefunden, die mich begeistert und überrascht haben oder die ich belustigt meinem Mann zugerufen habe. 

Was ich besonders bemerkenswert finde: Eigentlich ist das Buch von 2012, doch nach dem Finale von "Mad Men" im vergangenen Jahr hat Sepinwall das Buch überarbeitet. Und hat dabei nicht nur die Kapitel über "Mad Men" und "Breaking Bad" verändert und hie und da etwas ergänzt, sondern auch einen zweiten Epilog geschrieben, der sehr stark vom ersten abweicht. Im zweiten gibt er erstaunt zu, dass er sich 2012 nicht hätte vorstellen können, wie stark und wie schnell sich das Seriengeschäft bis 2015 verändern würde. Herrlich.

Das einzige, was mir fehlt: ein Index. Ein Index wäre toll, weil ich das Buch dadurch als Nachschlagewerk nutzen könnte, das Potenzial dazu hat es. Nebenbei handelt Sepinwall nämlich auch sehr viele andere Serien ab - allein im Prolog schreibt er über neun Serien, mit denen die Basis für die Revolution geschaffen wurde. Vielleicht sollte ich es mir allein aus diesem Grund zusätzlich auch digital anschaffen.

Leider wurde die deutsche Version des Buches nicht überarbeitet, wer das volle Sepinwall-Vergnügen haben will, muss sich auf das englische Original einlassen. Weil er genauso schreibt, wie er es in seinen Online-Texten tut, lässt sich das Buch gut lesen. 

Eigentlich gut, dass ich bisher nur wenige lesenswerte Bücher über Serien entdeckt habe. Denn dann würde ich noch viel mehr Zeit mit Serien verbringen: zusätzlich zum stundenlangen Gucken würde ich auch noch tagelang über selbige lesen. 

Und zum Schluss habe ich noch drei Gucktipps:

Die neue Ashton-Kutcher-Comedy "The Ranch" ist am 1. April bei Netflix gestartet. Ein erwachsener Sohn kehrt zurück auf die heruntergewirtschaftete Ranch der Familie, wo Bruder und Vater ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. Der Humor ist derb, im Mittelpunkt steht das schwierige Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Für mich ist es nix. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es nicht vielleicht zu amerikanisch ist, um hier in Deutschland erfolgreich zu sein. Schauen Sie aber doch einfach mal rein. 

Nichts für sanfte Gemüter: Mir ging die erste Staffel "Broadchurch" sehr nahe. Am 3. April um 22 Uhr startet Staffel 2 der außergewöhnlichen britischen Krimiserie im ZDF. Ich gehe davon aus, dass ich auch dieses Mal wieder das ein oder andere Tränchen verdrücken werde.

Mein Verhältnis zu "Homeland" ist ambivalent - was ich hier ja schon hin und wieder erwähnt habe. Trotzdem ist Staffel 5 ein Gucktipp. Denn die Staffel ist auf jeden Fall sehr interessant: Sie spielt in Berlin, was der Serie einen ganz anderen Dreh gibt. Los geht’s am 3. April bei Sat.1 um 23:05 Uhr.

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das lesen, über das ich schreibe?

Alan Sepinwall: "The Revolution Has Been Televised", updated edition, ISBN 978-1-4767-3967-0 - gibt’s als Taschenbuch und als eBook.

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