Ich möchte mit Ihnen heute über hohe Schuhe reden. Und über Webserien. Fangen wir mit Webserien an. Ich brauche nämlich Ihren Rat: Ich kenne mich mit Webserien bisher nicht aus. Ich habe zwar schon ein paar gesehen, wüsste aber gerne zwei Dinge: Erstens: Welche sind absolut sehenswert? Zweitens: Welche Quellen gibt es, um auf die absolut sehenswerten Webserien aufmerksam zu werden? Damit meine ich nicht unbedingt solche Projekte, die von bekannten Schauspielern gemacht werden - denn die bekomme ich meistens mit -, sondern kleinere Projekte, die richtig gut sind.

Dementsprechend habe ich es natürlich mitbekommen, als Louis C.K. vor ein paar Wochen überraschend seine Webserie "Horace and Pete" veröffentlicht hat. Aber weil ich mit Louis C.K.s Werk bisher nicht wirklich etwas anfangen kann und mich das Thema der Serie auch nicht reizt, habe ich noch nicht reingeschaut. Eine großartige Webserie ist übrigens "Dr. Horrible's Sing-Along Blog". Ist ein paar Jährchen alt, für mich aber immer noch das beste, was ich an Webserien bisher gesehen habe: Neil Patrick Harris spielt einen wahnsinnigen Wissenschaftler, der an einem Welt-Eroberungsplan bastelt, total schüchtern ist, einen Erzfeind hat und ziemlich viel singt. Joss Whedon hat sich diesen wunderbaren Quatsch gemeinsam mit seinen Brüdern Zack und Jed ausgedacht, als 2008 die Drehbuchautoren gestreikt haben. Einen Trailer gibt's hier.
Also, wenn Sie eine tolle Webserie kennen und/oder mir einen Quellentipp geben können, tun Sie das doch in den Kommentaren - ich freue mich!

Kommen wir zu den Schuhen, den Schuhen einer First Lady: Claire Underwood (Robin Wright) trägt in Staffel 4 von "House of Cards" fast ununterbrochen sehr hohe Absätze. Warum das relevant ist, fragen Sie jetzt vermutlich. Nun ja, es ist mir aufgefallen - weil sie in den Staffeln davor regelmäßig auch mit bequemeren Schuhen zu sehen war. Und da ich davon ausgehe, dass es eine Bedeutung hat, wenn sich das Schuhtrage-Verhalten der weiblichen Hauptfigur verändert und regelmäßig prominent im Bild zu sehen ist, habe ich mir das gemerkt. Denn anders als in Produktionen wie "Jurassic World" (über die unpassenden High Heels dort hatte ich im Juli geschrieben), unterstelle ich den Machern von "House of Cards", dass das Schuhwerk mit Bedacht ausgewählt wurde. Da mir aber immer noch die drei letzten Folgen fehlten, hatte ich noch gar nicht angefangen, mir über die Bedeutung Gedanken zu machen.

Doch dann habe ich am Donnerstag im Abstand von nur wenigen Stunden von zwei Männern einen Text darüber zugeschickt bekommen, der sehr lesenswert ist. Megan Carber hat für "The Atlantic" einen Essay geschrieben, der sich tatsächlich nur mit den Schuhen von Claire Underwood in Staffel 4 beschäftigt. Die Schuhe sind sehr hoch, in jedem Fall sehr unbequem, aber für die First Lady offenbar zwingend notwendig. Selbst in privaten Situationen mit ihrem Mann, in denen sie in den vorigen Staffeln die Schuhe ausgezogen oder bequemere angezogen hätte, trägt sie High Heels. Carbers These: Die hochhackigen Schuhe sind Claire Underwoods Rüstung und ihr Leben hat sich so stark verändert, dass sie die Rüstung nie ablegt (außer im Bett, aber selbst beim Nickerchen auf dem Sofa bleiben die Schuhe an). Sie ist immer bereit für den Kampf, wähnt die Gefahr überall - selbst in der Zweisamkeit mit ihrem Mann oder wenn sie alleine im Haus ihrer Mutter in Texas ist. Die Schuhe machen sie größer, stärker und unnahbar. Es gibt nur eine einzige Nähe, die sie zulässt - doch ich würde zu sehr spoilern, wenn ich das jetzt konkretisiere. Meiner Meinung nach sind die hohen Absätze für uns Zuschauer auch ein Hinweis darauf, dass wir noch mit einigen dramatischen Ereignissen zu rechnen haben. Und in Folge 11 passiert sogar das:


Die High Heels werden thematisiert. Indem eine Szene zu sehen ist, in der Claire - während sie telefoniert - einen Schuh auszieht und sich ein Blasenpflaster an die Ferse klebt. Spätestens da hätte ich vermutlich angefangen, mir über die Bedeutung der High Heels Gedanken zu machen. Aber: Zu dem Zeitpunkt hatte ich den Text von Megan Carber schon gelesen. 

Eigentlich wollte ich "Miss Fishers mysteriöse Mordfälle" hier nur knapp als Gucktipp anpreisen. Weswegen ich kurz reingucken wollte. Wollte, wollte ... Was daraus geworden ist: Während ich diesen Text schreibe, gucke ich das Finale der ersten Staffel. Und bin hin und weg. Eine wohlhabende Femme Fatale in den 20ern in Australien, die in jeder Folge einen Mordfall löst. Hört sich nicht faszinierend an? Ist es aber. Das Schema ist zwar altbekannt: Ein Verbrechen vor dem Vorspann, Miss Fisher kommt irgendwie damit in Verbindung, sie ermittelt zum Missfallen des zuständigen Polizeikommisars - und am Ende der Folge hat sie den Fall gelöst.


Phryne Fisher (Essie Davis) auf dem Weg zum nächsten Mordfall, der Pelz wird kurz darauf blutverschmiert sein.

Doch die Geschichten sind wunderbar umgesetzt: Es ist die Leichtigkeit zu spüren, die klassischen Whodunits innewohnt. Und gleichzeitig werden in jeder Folge gesellschaftliche Probleme dieser Zeit thematisiert, fast immer geht es um die Benachteiligung von Frauen. Andere Themen sind zum Beispiel das Tabu gleichgeschlechtlicher Liebe, die mangelnden Rechte von Arbeitern, schlechte soziale Absicherung und die psychischen Folgen des Ersten Weltkriegs. Zugegeben, hin und wieder sind die Charaktere nicht so ausgefeilt, wie man sich das wünschen würde. Aber das macht die bezaubernde Phryne Fisher (Essie Davis) und die passende Ausstattung wett. Wie ich gerade feststelle: "Miss Fishers mysteriöse Mordfälle" ist erst die zweite australische Serie, die ich geguckt habe. Die erste war - es ist mir ein bisschen peinlich - "McLeods Töchter". Ich muss zu meiner Verteidigung sagen, dass ich dieses Cowgirls-schlagen-sich-durch-Romanzen-Drama allerdings nur hin und wieder geschaut habe, damals, als ich noch lineares Fernsehen geguckt habe, und auch nur, wenn gar nichts anderes lief. Ähem.

Und zum Schluss habe ich noch zwei Gucktipps:

Jessica Jones und Supergirl sind zwar Kolleginnen, doch sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Die eine mürrisch und zweifelnd im Schlabber-Hoodie, die andere gut gelaunt und optimistisch im knappen Kostümchen. Reingucken in "Supergirl" lohnt sich, mir haben die paar Folgen, die ich bisher gesehen habe, gut gefallen. Obwohl "Jessica Jones" für mich natürlich in einer anderen Liga kämpft. "Supergirl" ist ab 15. März dienstags um 22.15 Uhr bei ProSieben zu sehen, gibt's aber auch bei Amazon Video, iTunes, Maxdome, Videoload.

"Peaky Blinders" spielt zwar genau wie "Miss Fishers mysteriöse Mordfälle" in den 20ern, ist aber düsterer und brutaler: Es geht um einen Gangsterboss in den Armenvierteln in Birmingham, der nach Ruhm und Reichtum strebt. Ich habe bisher nur ganz kurz reingeschaut, fand's gut, musste die Serie aber vertagen, seitdem steht sie auf meiner To-Watch-Liste. Am 17. März startet bei Arte die zweite Staffel. Die Serie gibt's auch bei Netflix, Sky Go/Sky Online und Watchever.

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das alles gucken, über das ich schreibe?

"Dr. Horrible's Sing-Along Blog": Gibt's bei iTunes. Und auf DVD. Alle Infos auf der Website drhorrible.com

"House of Cards", Staffel 4: Ist aus Rechtegründen in Deutschland NICHT bei Netflix zu finden, sondern bei Sky. Alle Folgen auf einen Schlag gibt's bei Sky Go/Sky Online, wöchentlich freitags werden die Folgen bei Sky Atlantic ausgestrahlt (synchronisiert und im Original). Bei Amazon Video werden die Folgen einen Tag nach Ausstrahlung im Pay-TV zu sehen sein.

"Miss Fishers mysteriöse Mordfälle": Läuft ab 15. März dienstags um 20.15 Uhr bei Einsfestival, außerdem beim Pay-Sender Sony Entertainment TV, da läuft derzeit noch die erste Staffel, ab 30. März startet die zweite Staffel. Die erste der drei Staffeln gibt's bei Amazon Video, Maxdome und Netflix. 

"McLeods Töchter": Läuft derzeit bei Servus TV, gibt's bei keinem deutschsprachigen Streaminganbieter. 

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