Die WAZ-Gruppe eilt weiter von einer Sparrrunde zur nächsten. Schon im Herbst hatte WAZ-Chef Christian Nienhaus angekündigt, bis 2014 die Kosten um 20 Prozent senken zu wollen, im Dezember machten dann bereits Gerüchte die Runde, dass die "Westfälische Rundschau" womöglich komplett dran glauben muss. Nun hat sich dieses Szenario bewahrheitet: Am Dienstag verkündeten die Geschäftsführer Manfred Braun und Christian Nienhaus, dass die komplette bisherige Redaktion der "Westfälischen Rundschau" geschlossen wird. Betroffen sind von diesem radikalen Schritt 120 Mitarbeiter.

Die "Westfälische Rundschau" wird zwar auch weiter bestehen bleiben, allerdings ohne eigene Mitarbeiter. Die Mantelthemen werden vom zentralen Content-Desk der WAZ-Gruppe geliefert. In den Regionen, in denen auch die "Westfalenpost" vertreten ist, übernimmt sie künftig die lokale Berichterstattung, in Wetter und Schwelm wird eine zusätzliche Lokalredaktion aufgebaut. In anderen Regionen bezieht man die lokalen Inhalte von den "Ruhr Nachrichten", dem "Hellweger Anzeiger" und dem Märkischen Zeitungsverlag. Die "Westfälische Rundschau" ist damit nur noch eine Hülle mit fremden Inhalten.

Manfred Braun verteidigte den Schritt so: "Wir wissen, dass das für die Betroffenen und ihre Familien sehr hart ist, aber wir sehen im Interesse des gesamten Unternehmens leider keine andere Möglichkeit." Angesichts des anhaltenden Anzeigen- und Auflagenrückgangs habe man nun handeln müssen. Nienhaus fügt hinzu, dass man alles daran setzen werde, den Arbeitsplatzabbau "so sozialverträglich wie möglich zu gestalten". So sollen unter anderem innerhalb der WAZ-Gruppe frei werdende Stellen bevorzugt mit bisherigen "WR"-Mitarbeitern besetzt werden.

Die SPD, die über ihre Medienbeteiligungsgesellschaft ddvg mit 13,1 Prozent an der "Westfälischen Rundschau" beteiligt ist, äußerte sich unterdessen empört. "Die vom WAZ-Konzern verkündeten Maßnahmen haben uns überrascht und sind nicht mit uns als Mitgesellschafter abgestimmt", teilt man per Pressemitteilung mit. Ende November sei man erstmals "sehr rudimentär" über geplante Einschnitte informiert und habe trotz mehrfacher Nachfragen keine näheren Informationen erhalten. Auf einer daraufhin einberufenen Gesellschafterversammlung habe man "ausdrücklich gegen einen Beschlussvorschlag der WAZ gestimmt, der der Geschäftsführung der WAZ freie Hand gegen geben sollte".

Da die nun ergriffenen Maßnahmen den Kern der "WR" berühren würden, hätten sie aus Sicht der ddvg aber der Zustimmung des Minderheitsgesellschafters bedurft. "Durch das einseitige Vorpreschen der WAZ ist jetzt eine gesellschaftsrechtlich äußerst schwierige Situation entstanden. Wir werden rechtlich prüfen, wie wir damit umgehen. Klar ist schon jetzt, dass das Vertrauensverhältnis zum Mehrheitsgesellschafter zerrüttet ist." SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks erklärt persönlich: "Die Entscheidung der WAZ ist nicht plausibel nachvollziehbar und erweckt den Eindruck einer seelenlosen Redaktionsklempnerei. Auch ich als Generaltreuhänderin des Beteiligungsbesitzes der SPD erkläre hiermit, dass die Entscheidungen der WAZ gegen und ohne uns gefallen sind."