"Die ARD hat wieder einmal die Gelegenheit vergeigt, in ihrem Kernbereich Profil zu gewinnen." Die Wortwahl zeigt schon: Der Frust bei der AG Dokumentarfilm über die ARD sitzt offenbar tief. Anlass für die wütende Mitteilung ist die Entscheidung der ARD, nach der Neusortierung der Abende ab 2016 den dann frei werdenden Sendeplatz dienstags um 22:45 Uhr als weiteren Film-Sendeplatz zu nutzen und dort künftig unter anderem Produktionen aus der Reihe "Debüt im Ersten" zu zeigen.

Hoffnung auf mehr Sendefläche gemacht hatten sich aber auch die Dokumentarfilmer. Die ARD hat zwar gelobt, die Anzahl an großen Dokumentarfilmen mit 12 bis 15 pro Jahr stabil zu halten, zu sehen sein sollen sie aber auch vor allem in den eher zuschauerärmeren Sommermonaten. "Mit dieser Programmentscheidung untergräbt die ARD ihre eigenen Bemühungen zur Außendarstellung ihrer Dokumentarfilm-Kompetenz. Ein Genre, das inzwischen fast ein Drittel der deutschen Langfilm-Produktion ausmacht, wird weiterhin mit ein paar Sendeplätzen im Sommerloch abgespeist – dann, wenn Deutschlands Talkmasterinnen Urlaub machen."

Dabei liege der Anteil an fiktionalen Sendungen hingegen in der Hauptsendezeit schon jetzt bei 43 Prozent, während der Anteil dokumentarischer Sendungen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken sei und nun "irgendwo im einstelligen Bereich" herumdümple. Die jetzige Entscheidung füge sich damit "bruchlos in das System der Geringschätzung, mit der der Senderverbund das Dokumentarfilmgenre seit Jahren in die dritte Reihe verweist." "Dauernd wird in vollmundigen Sonntagsreden das Engagement der ARD für den Dokumentarfilm schöngeredet, aber die Praxis sieht leider ganz anders aus", ärgert sich der AG DOK-Vorsitzende Thomas Frickel, der den ARD-Verantwortlichen in diesem Zusammenhang Wortbruch vorwirft.

So hätten sowohl die damalige ARD-Vorsitzende Monika Piel als auch Programmdirektor Volker Herres in mehreren Interviews anlässlich der Ausweitung der Talk-Runden im Jahr 2010 beteuert, das es "nicht eine einzige Doku im Mengengerüst weniger" geben werde. Der Programmbericht der Landesmedienanstalten - der allerdings nur auf der Auswertung einer zufälligen Woche beruht - weist hingegen einen Rückgang des Reportage/Doku-Anteils von 7,3 auf 2,9 Prozent von 2009 bis 2014 aus. Auch die ARD-eigene Programm-Statistik aus der Zeitschrift "Media Perspektiven" ergebe einen Rückgang der Sendeminuten für Dokus/Reportagen.

Auch mit den Sendeplätzen am späten Abend zeigt sich die AG Dok alles andere als zufrieden. "Ein öffentlich finanziertes Medium, das einen klar definierten Informations-, Bildungs-, Beratung- und Kulturauftrag zu erfüllen hat, darf deshalb gesellschaftlich wichtige Inhalte nicht immer nur in die späten Nachtstunden abschieben und die Hauptsendzeit allein der Unterhaltung widmen, obwohl sie auch ein Bestandteil des Funktionsauftrags ist. Aber eben nur ein Bestandteil unter vielen – und keineswegs der Wichtigste." Eine Stellungnahme der ARD zu den Vorwürfen der AG Dok steht aktuell noch aus.