Brombeer-Violett. Auf diese Farbe fiel die Wahl, nachdem in der Redaktion von "Guten Morgen Deutschland" vor rund zwei Jahren die Köpfe glühten, in welcher Optik die Frühsendung von RTL künftig daherkommen soll. Und so wurde das neue Studio 3, das sich unterhalb der RTL-Cafeteria in der Deutzer Sendezentrale befindet, also kurzerhand tatsächlich in dieser gewöhnungsbedürftigen Farbkombination ausgeleuchtet und die Sofaecke mit Kissen in entsprechender Optik versehen. Gewiss wird auch die berühmt-berüchtigte Marktforschung ihre Finger bei der Farbensuche im Spiel gehabt haben. Es ist nicht überliefert, wie viele große Erfolge durch schlechte Ergebnisse in der Marktforschung verhindert wurden – im Falle von "Guten Morgen Deutschland" hat sie aber zumindest schon mal nicht geholfen.

Guten Morgen Deutschland in Brombeer-Violett© RTL/Frank Hempel
Fakt ist nämlich, dass die Zuschauer ziemlich allergisch auf Brombeer-Violett reagiert haben müssen, weshalb es nur wenige Monate dauerte, ehe "Guten Morgen Deutschland" wieder zu jenem Orange-Ton zurückkehrte, den das Publikum über Jahre hinweg zur Frühstückszeit gewohnt war. Nicht die einzige Stellschraube, an der die Redaktion seither drehte. Überhaupt scheint es, als würden die Zuschauer einfach nicht warm werden mit der Sendung, die zwar boulevardesker ist als die öffentlich-rechtliche Konkurrenz, im Vergleich zum "Frühstücksfernsehen" von Sat.1 aber ungleich verkrampfter daherkommt. An der Farbe alleine kann es jedenfalls nicht liegen, denn seitdem Brombeer-Orange verschwunden ist, sind die Quoten von "Guten Morgen Deutschland" sogar noch weiter gesunken. So weit, dass sie inzwischen dramatische Tiefststände erreicht haben.

Erst am Dienstag lag der Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen bei gerade mal noch 5,7 Prozent. Das ist weniger als die Hälfte des Senderschnitts und sicher ein Ausrutschter – aber einer, der nicht zufällig kommt. Seit Ende Juni hat das Morgenmagazin des Kölner Senders im Wochenschnitt keinen zweistelligen Marktanteil mehr geschafft. Verglichen mit dem Vorjahr ging es somit abermals kräftig nach unten – obwohl die Lage auch damals schon außerordentlich ernst war. "Mit dem Wechsel ins Real-Set, einem neuen Logo, einer veränderten Farbgebung und dem Ausbau verschiedener Sendeelemente haben wir dem Zuschauer vielleicht zu viel auf einmal zugemutet", sagte Redaktionsleiter Uwe Fohrmann vor knapp zehn Monaten gegenüber DWDL.de und kündigte eine Schärfung des Profils an – "ohne an der Grundstruktur der Sendung zu rütteln", wie er damals betonte.

Langzeittrend: Guten Morgen Deutschland
Guten Morgen Deutschland

Geholfen haben seine Bemühungen nicht: Weder die Wiedereinführung eines Green Screens noch der flottere Beginn konnten den Abwärtstrend stoppen. Die Folge: Innerhalb von nur fünf Jahren hat RTL seinen Marktanteil in den Morgenstunden beinahe halbiert und nun, da sich die Lage noch einmal verschärft hat, klingen die Aussagen in Köln schon bedeutend anders als noch vor einem Jahr. "Keine Frage – mit den Quoten von 'Guten Morgen Deutschland' können wir nicht zufrieden sein", räumt RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer auf DWDL.de-Nachfrage ein. "Aus diesem Grund durchläuft das Format derzeit einen intensiven Inhalte- und Qualitäts-Check, bei dem wir von den Inhalten über die Präsentation bis hin zum Studiodesign jeden Stein umdrehen." Dazu gehöre auch, die Zuschauer "intensiv" einzubeziehen und sie nach ihren Erwartungen und Wünschen an die Sendung zu befragen.

Und obwohl die Zeit drängt und insbesondere das im positiven Sinne lockere "Sat.1-Frühstücksfernsehen" unter Führung von Claus Strunz den Abstand auf die Konkurrenz vom Rhein ausbauen konnte, will man bei RTL nicht in Hektik verfallen – zumindest nicht nach außen hin. "Wir werden uns für 'Guten Morgen Deutschland' die gebotene Zeit nehmen und erst dann über konkrete Weiterentwicklungen sprechen", heißt es vom Sender. Dort spricht man sich mit Blick auf "Punkt 12" Mut zu, das nach einem ähnlichen Prozess "eine hocherfreuliche Entwicklung genommen" habe und in diesem Jahr bei durchschnittlich mehr als 20 Prozent in der Zielgruppe liegt. Dort war die Not allerdings zu keinem Zeitpunkt derart groß wie bei "Guten Morgen Deutschland".

Es werden also tiefgreifende Schritte notwendig sein, um "Guten Morgen Deutschland" aus der Quoten-Krise zu führen. Erste sichtbare Änderungen im Studiodesign sind nach DWDL.de-Informationen bereits für den kommenden Monat geplant. Ein Anstrich in Brombeer-Violett kann vermutlich ausgeschlossen werden.

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