Gute Technik muss nicht zwangsläufig teuer sein: Wer gute Bilder produzieren will, muss also nicht unbedingt auf externe Dienstleister zurückgreifen. Keine einfache Situation für die professionelle Produktion, die in Zukunft unter einem zunehmenden Kostendruck stehen könnte. Doch schon jetzt machen sich die Veränderungen in der Branche bemerkbar. "Es ist weniger ein Preisdruck, als die Tatsache, dass gewisse Aufträge gar nicht mehr bei renommierten Dienstleistern angefragt, sondern in Eigenregie mit eigenen Mitteln umgesetzt werden. Da sind wir dann leider auch schon mal außen vor", gibt Stefan Hoff, Geschäftsführer des Studiobetreibers Nobeo, unumwunden zu. Dementsprechend gilt es, nach Alternativen Ausschau zu halten. "Wir arrangieren uns damit in zweierlei Hinsicht: Zum Einen sehen wir auch einen dazu parallel anlaufenden Trend hin zu 4K-Produktionen. Eine Investition, die sicherlich im ersten Schritt nur technische Dienstleister unserer Größe tätigen können und werden", sagt Hoff.

"Zum Anderen haben auch wir unsere Produktionspalette und Vorgehensweise konsequent den sich verändernden Marktbedingungen angepasst." Ein Beispiel ist die Produktion von Web-TV-Formaten, die in den vergangenen Jahren zunehmend professionellere Wege eingeschlagen haben. Bei Plazamedia sieht man das beschriebene Problem hingegen nicht. Weil die Anforderungen für Sender mit diversifizierten Verbreitungswegen, Standards und Formaten immer komplexer werden, werde "ein Outsourcing dieser Services an dafür qualifizierte Unternehmen für sie immer sinnvoller", betont Jens Friedrichs, Managing Director von Plazamedia. "Die damit verbundenen technischen, personellen und nicht zuletzt auch finanziellen Herausforderungen sind für einzelne Unternehmen oft nur schwer oder gar nicht mehr darstellbar. Die wachsende Komplexität erfordert anspruchsvolle und verlässliche Lösungen sowohl für die Produktion, aber auch die Archivierung und Verwaltung sowie die Distribution von Inhalten."

Den Unterschied transparent machen

Mit Produktionslösungen, die etwa Grafik- und Augmented-Reality-Lösungen integrieren, will sich das Unternehmen positionieren. Friedrichs: "Zudem ermöglicht Plazamedia den Kunden über ihre Media Services, den komplexen Anforderungen an das Content Management immer auf dem neusten technologischen Stand gerecht zu werden." Hierzu halte man Serverkapazitäten vor, auf die ihre Kunden selbstständig zugreifen und so über ihre hier abgelegten Inhalte verfügen können. "Als voll integrierte Lösung bieten die Media Services dabei die Möglichkeit, sämtliche relevanten Arbeitsschritte von der Signalannahme über die Verarbeitung, Veredelung und Archivierung bis hin zur Distribution an alle medialen Plattformen durchzuführen", erklärt Friedrichs. Für die Zukunft rechnet Stefan Hoff von der Nobeo derweil damit, dass die Schere insbesondere technologisch noch weiter auseinandergehen wird - auf der einen Seite Smartphones oder GoPros, auf der anderen Seite 4K/8K-Broadcast-Technik. "Unsere Aufgabe wird es sein, den Unterschied transparent zu machen", sagt der Nobeo-Geschäftsführer.

So sei eine 4K-Smartphone-Produktion nicht vergleichbar mit einer 4K-Broadcast-Produktion. "Dazwischen liegt dann gerne mal der Faktor x150 bei den Anschaffungskosten", weiß Hoff. "Den Wunsch 'Hollywood-Standard' zu 'Hürth-Preisen' anbieten zu können, werden auch wir wohl nicht erfüllen können. Aber wir werden alle Standards auch in der Zukunft kompetent bereitstellen." Doch was, wenn viele Produktionsfirmen gar kein Studio mehr benötigen? Filmpool etwa ist nach dem Ende der Gerichtsshow-Ära dazu übergegangen, on location zu drehen. Und doch geht es auch für Filmpool nicht ohne Dienstleister, wie Sprecher Felix Wesseler erklärt. "Während wir etwa im Bereich Casting von Beginn an ausschließlich selbst aktiv geworden sind und deswegen heute unter anderem die größte Castingdatenbank in der Branche unser Eigen nennen dürfen, setzen wir beispielsweise im Bereich Kamera vor allem auf starke Dienstleister."

Technischer Wandel für Journalisten und Daytime-Produzenten

Auch im Bereich der Postproduktion sind es bei Filmpool in erster Linie externe Firmen, die man zur Unterstützung heranzieht - so werden häufig bei Studiobetreibern Büros angemietet. Die Studios selbst habe man dagegen seit 2009 - dem Start der beiden RTL-Formate "Familien im Brennpunkt" und "Verdachtsfälle" - immer seltener genutzt. Es sei jedoch ein Irrglaube, dass die Produktionskosten dadurch pauschal niedriger ausfallen würden. "Vielmehr lässt sich im Studio unter gleichbleibenden Bedingungen sehr viel Material in kürzester Zeit produzieren, ohne dass man sich um Motivsuche und Locationmiete, Drehgenehmigungen, Wetter, Tageszeit, Fahrtzeiten von Motiv zu Motiv und derartige Dinge zu kümmern hätte", gibt Wesseler zu bedenken. "Der Grund, unsere Sendung on location zu produzieren, ist daher nicht eine erhoffte Kostenersparnis, sondern unser Wunsch nach Authentizität."

Ein weiterer Berufszweig, der den technischen Wandel zu spüren bekommt, ist der Journalismus. Dabei kann journalistische Arbeit heute auch das Drehen, Schneiden und Vertonen bedeuten. "Die veränderten technischen Möglichkeiten machen den Journalismus präziser und in Teilen auch deutlich schneller", sagt WeltN24-Sprecherin Kristina Faßler. "Die Beiträge sind viel klarer, wenn derjenige, der direkt am Thema dran ist, auch schneidet und vertont." Diese Arbeitsweise sei jedoch situationsabhängig. Wenn ein Kollege etwa aus zeitlichen Gründen nicht selbst drehen kann, sei er für den Nachrichtensender nach wie vor mit einem Team unterwegs. Doch auch wenn die Übertragungstechnik heute deutlich günstiger geworden ist, sei es die "absolute Ausnahme", dass nur ein Reporter vor Ort ist, heißt es von Seiten des Springer-Unternehmens.

N24-Reporter Steffen Schwarzkopf© Stefan Reck / reck.tv

N24-Reporter Steffen Schwarzkopf im Einsatz

Faßler: "Schon wegen der klaren Trennung zwischen der journalistischen Arbeit und dem Organisieren und dem Sicherstellen der Übertragungswege. Bei Produktionen für andere Kanäle wie Facebook live oder Periscope kann das natürlich anders sein. Für eine TV-Nachrichtenproduktion ist es schon deshalb anders, weil der Reporter vor Ort nur einen Teil der Geschichte liefert und die Redaktion im Newsroom parallel einordnet und recherchiert um die Geschichte ganzheitlich zu erzählen." Auch bei den Kölner Kollegen infoNetwork ist die Arbeit in den letzten Jahren von der rasanten Entwicklung in der Produktions-und Übertragungstechnik geprägt. Als Beispiel werden die mobileren, schnelleren Produktions- und Übertragungseinheiten, Übertragung per LiveU mit Mobilfunktechnik oder der Schnitt auf dem Laptop angeführt.

"Wir wollen dabei stets Vorreiter beim Test und Weiterentwicklung neuer Techniken sein, wenn es unseren Informationssendungen dient und wir dadurch die Qualität der Berichterstattung für unsere Zuschauer verbessern können", sagt RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer. "Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht für uns immer der Inhalt. So haben wir durch eine neue, gemeinsame Planung und Koordination aller Nachrichteninhalte seit diesem Jahr auch das Ziel, unsere Reporter vor Ort zu entlasten und ihnen mehr Zeit für Recherche zu geben." Ähnlich äußert sich auch Kristina Faßler von WeltN24: Der Journalismus stehe an erster Stelle - auch bei neuen Konzepten, die man für digitale Kanäle entwickle. Klar ist jedoch, dass der technische Fortschritt auch vor dem Journalismus nicht Halt macht.