Im Frühjahr vergangenen Jahres nahmen die letzten Intrigen zwischen den Roy-Geschwistern und dem Rest der Führungsetage von Waystar Royco ein letztes Mal epische Ausmaße an, nachdem Medienmogul und Firmen- sowie Familienpatriarch Logan Roy bereits überraschend früh in dieser letzten Staffel endgültig das Zeitliche gesegnet hatte - und zogen damit insbesondere medienaffine Serienfans weltweit nochmal in ihren Bann. Kein Wunder also, dass "Succession" nach Auszeichnungen in den Jahren 2020 und 2022 auch diesmal wieder als Favorit ins Rennen um den Emmy für die beste Drama-Serie geht.

Mit insgesamt 27 Nominierungen ist die HBO-Serie nicht nur bei den Buchmachern Favorit in dieser "Königskategorie", mit alles in allem 27 Nominierungen führt sie auch das Ranking der meistnominierten Produktionen insgesamt in diesem Emmy-Jahrgang an. Und doch herrscht nach dem ersten Emmy-Wochenende mit der Vergabe in Creative Arts-Kategorien schon ein wenig Ernüchterung vor. Denn 13 von den 27 Nominierungen sind schon durch - und bislang sprang kein einziger Emmy dabei heraus.

Diese Art von Abschluss-Schwäche zeigte sich auch schon in den vergangenen Jahren, als "Succession" aus sehr vielen Nominierungen stets nur eine eher übersichtliche Zahl von Preisen gemacht hatte. Die ersten drei Staffeln kamen in Summe nur auf 13 Preise. Diesmal stehen zwar noch 14 Nominierte in nicht vergebenen Kategorien auf dem Zettel - allerdings verteilt auf nur sieben unterschiedliche Kategorien. Das liegt vor allem daran, dass das große Ensemble die männlichen Schauspiel-Kategorien regelrecht geflutet hat.

Drei der sechs nominierten männlichen Hauptdarsteller sind aus "Succession", im Einzelnen Brian Cox alias Logan Roy, Kieran Culkin alias Roman Roy und Jeremy Strong alias Kendall Roy. Obendrein sind noch Nicholas Braun (Gregory Hirsch), Matthew Macfadyen (Tom Wambsgans), Alan Ruck (Connor Roy) und Alexander Skarsgård (Lukas Matsson) für die beste Nebenrolle nominiert. Dass das Ensemble in einer solchen Breite überzeugt bringt allerdings zugleich auch das Poblem mit, das sich die einzelnen Schauspieler gegenseitig Stimmen wegnehmen - was auch dazu geführt hat, dass bislang tatsächlich nur Jeremy Strong (2020) und Matthew Macfadyen (2022) aus der Schauspiel-Riege einen Emmy tatsächlich gewinnen konnten. Bei den Frauen ist das Feld übersichtlicher, Sarah Snook (Shiv Roy) und J. Smith-Cameron (Gerri Kellman) sind hier jeweils ohne Konkurrentin aus der gleichen Serie für Haupt- bzw. Nebenrolle nominiert.

Ein zweiter Titelverteidiger - und ein neuer Mitfavorit

Dass "Succession" den Emmy als beste Drama-Serie auch wirklich mit nach Hause nimmt, ist dabei noch keineswegs ausgemachte Sache, die Konkurrenz ist hart. Tatsächlich geht sogar ein zweiter Titelverteidiger mit ins Rennen: "The White Lotus" hat bei der letzten Emmy-Verleihung 2022 ebenfalls in seiner Format-Kategorie gewonnen - war da allerdings noch als Miniserie einsortiert. Da die neue Staffel die nur auf den allerersten Blick heile Welt in einem anderen Luxusressort genüsslich demontiert und mit Jennifer Coolidge zudem auch immerhin eine der Figuren aus der ersten Staffel weiter mit an Bord war, war nun der Wechsel in die - härter umkämpfte - Drama-Kategorie nötig.

Mit insgesamt 23 Nominierungen ist auch "The White Lotus" stark vertreten, bei den Creative Arts Emmys gingen auch bereits 4 Preise an die Serie (Casting, Music Supervision, Music Composition, Contemporary Hairstyling), elf Nominierungen in fünf Kategorien stehen aber noch aus - allein neun davon aber allein in den beiden Kategorien für die besten Nebenrollen. Sicher ist damit für die Statistiker schonmal: 10 Preise wie im ersten Jahr können es diesmal definitiv nicht mehr werden - aber das ist eben das Los, wenn man in eine Kategorie wechseln muss, in der schlicht deutlich mehr Produktionenim Rennen sind.

Die meisten Preise am ersten Wochenende hat übrigens eine andere Dramaserie eingeheimst: "The Last of us", insgesamt acht an der Zahl für Prosthetic Makeup, Special Visual Effects, Main Title Design, Sound Editing, Sound Mixing, Picture Editing sowie für die Gastauftritte von Storm Reid und Nick Offerman. Wie sich Pedro Pascal und Bella Ramsey alias Joel Miller und Ellie Williams ihren Weg durch eine postapokalyptische, von einer Pilzepidemie heimgesuchten Welt bahnen - und nebenbei auch rührende menschliche Geschichten erzählt werden - macht die überaus gelungene Videospiel-Adaption damit längst zu mehr als einem Geheimfavorit. Nicht nur für die 20-jährige Bella Ramsey ist es übrigens die erste Emmy-Nominierung in ihrem Leben, auch Pedro Pascal ist ein Emmy-Neuling.

Der ewige Nominierte

Das kann man von Bob Odenkirk nun wirklich nicht behaupten. Er hat sogar schon zwei Emmys gewonnen, 1989 und 1993 - also in einer Zeit, in der er noch aus Autor zunächst für "Saturday Night Live" und dann für "The Ben Stiller Show" tätig war. Doch für seine Rolle des Jimmy McGill bzw. Saul Goodman ging es nie über eine Nominierung hinaus. Und nicht nur für ihn persönlich: Die Serie "Better Call Saul", ein Spin-Off des zwei Mal als beste Drama-Serie geehrten "Breaking Bad", droht insgesamt gänzlich ohne Emmy-Ehren abzutreten. Über die Jahre sammelte die Serie über das Leben des Anwalts Jimmy McGill, der sich über die Jahre zu Saul Goodman entwickelt, zwar 53 Nominierungen - bislang aber noch keinen einzigen Preis. Ob es diesmal reicht? Dass die Serie überhaupt noch im Rennen ist, liegt daran, dass man die letzte Staffel in zwei Teilen veröffentlicht hatte und die letzten Folgen damit erst im Sommer 2022 liefen. Allerdings gelten sie für viele nicht unbedingt als der beste Teil der Serie - und für Farewell-Auszeichnungen sind die Emmys nicht unbedingt bekannt, zumal das Finale auch zum Zeitpunkt der Abstimmung recht weit zurücklag.

Mit "House of the Dragon" ist auch noch ein weiteres Spin-Off einer einst prägenden Serie im Rennen: Nachdem sich "Game of Thrones" über die Jahre von einer anfänglich eher in einer begrenzten Fantasy-Fangemeinde gefeierten Serie zu einem Hit beim breiten Publikum entwickelt hatte, war natürlich klar, dass HBO den Erfolg auch nach dem Ende der Mutterserie weiter auskosten möchte, "House of the Dragon" ist nun das erste von mehreren angedachten Spin-Offs. Das Interesse war riesig, die Kritiken durchaus wohlwollend. Den gleichen Status wie "Game of Thrones" hat der Ableger aber bei weitem noch nicht. Eine Auszeichnung als beste Drama-Serie käme schon überraschend, das gleiche Schicksal, das "Better Call Saul" droht, wird "House of the Dragon" aber in jedem Fall erspart bleiben: Für die Kostüme gab's vergangene Woche immerhin schonmal einen Emmy.

Außenseiterchancen

Eher Außenseiterchancen werden unterdessen "The Crown" zugerechnet. Die Serie ist schon zum fünften Mal im Rennen um einen Emmy als beste Drama-Serie, durchgesetzt hat sie sich noch nie - und zuletzt schwoll die Kritik wegen historisch nicht korrekter Geschichten eher etwas an. Wichtig zu erwähnen ist hier, dass aufgrund der zeitlichen Verschiebung der Emmys nicht die zuletzt ausgestrahlte Staffel zu bewerten war, sondern Staffel 5. Die Szenen rund um den Tod von Prinzessin Diana und die Zeit danach werden also erst im kommenden Jahr bei den Emmys bedacht werden - oder eben auch nicht. Elizabeth Debicki ist für ihre Rolle der Prinzessin Diana in Staffel 5 übrigens diesmal im Rennen um einen Preis für die beste weibliche Nebenrolle.

Komplettiert wird das Feld zum Einen von "Andor", das vor allem allen Star-Wars-Fans ein Begriff sein dürfte. Die Serie erzählt nämlich die Vorgeschichte des Films "Rogue One" und zeigt Diego Luna als Cassian Andor, der sich vom Gesetzlosen hin zum loyalen Kämpfer der Rebellion entwickelt. Die Serie wurde von Kritikern begeistert aufgenommen und zählt zu den besten Serien aus dem in letzter Zeit stetig expandierenden Star-Wars-Kosmos. Zum Anderen ist "Yellowjackets" im Rennen. Die Serie war schon mit Staffel 1 als Beste Drama-Serie im Rennen und ist es nun auch mit der zweiten Staffel. Bislang ist sie in allen nominierten Kategorien aber preislos geblieben. "Yellowjackets" spielt in zwei Zeitebenen und erzählt vom Überlebenskampf einer Gruppe Jugendlicher nach einem Flugzeugabsturz im Jahr 1996 und blickt ins Leben der Überlebenden 25 Jahre später.