Als ich mal einen halbberühmten Fernsehmoderator, der sich gut mit dem Internet auskennt, fragte, was man tun müsse, um möglichst viele Klicks für einen Blogbeitrag zu bekommen, riet er mir, in meinem Text die Worte GangBang, Bukkake und Sex unterzubringen. Das werde sich dann schon auszahlen. Auf meine Nachfrage, was denn Bukkake sei, grinste er nur verschwörerisch und sagte mir, das müsse ich schon googeln. Ich tat das, wurde dabei ob meiner unmittelbar zu Tage tretenden Verklemmtheit für eine Millisekunde rot, fand dann aber nie die Gelegenheit, die drei Zauberworte galant unterzubringen. Bis jetzt.

Zu verdanken habe ich die Gelegenheit dem ZDF, das in seinem Neo-Ableger den Zuschauer mit etwas bedrängt, das dieser eigentlich gar nicht haben wollte, mit einem Sex-Magazin. Das heißt „Heiß & Fettig“, nur korrekt mit dem hippen Kaufmanns-Und, und es schnitt beim von ZDFneo ausgerufenen TVLab eher mittelprächtig ab. Da den Verantwortlichen beim Digitalkanal aber ziemlich wurscht zu sein scheint, was der Zuschauer will, kriegt er nun trotzdem, was er nicht nach ganz vorne gewählt hat.

Kann man machen, muss man aber nicht. Im Falle von „Heiß & Fettig“ würde ich nach Ansicht der ersten Folge, die am Donnerstag lief, eher zu „muss man nicht“ tendieren. Selten noch habe ich einen derartig verklemmten Umgang mit Sexualität erlebt, selten so viel Schwiemeligkeit in so kurzer Zeit ertragen. Ich wette, die Sendung mit der Maus könnte das Thema Sex tausendmal besser erklären und bliebe ernsthafter dabei.

Das geht schon los mit der Kulisse. In einem Club, Achtung, jetzt wird es für ZDF-Verhältnisse versaut, auf St. Pauli („Er hat St. Pauli gesagt.“) sitzt der Moderator, der sich als Thilo Mischke vorstellt und gleich betont, dass er Sex manchmal albern findet. Nun ja, ich bin geneigt, ihm zu glauben, denn wer meint, das Thema Sex unbedingt in solch einer plüschigen Atmosphäre abhandeln zu müssen, der hat ziemlich offensichtlich ein Problem mit der Angelegenheit. Das wird auch gleich offenbar, als Mischke die als Deutschlands coolste Sex-Kolumnistin angekündigte Paula Lambert vorstellt und dabei angeglotzt wird von rundherum an die Wände gelehnten Zuschauern. So stelle ich mir das im Swingerclub vor. Zwei tun etwas, und der Rest sucht seine Erregung übers Dabeisein zu steigern.

Dabei gab es zur Steigerung der Erregung in etwa so viele Möglichkeiten wie im aktuellen Micky-Maus-Heft, wo sich Tick, Trick und Track auf der Titelseite über Onkel Donald im Badeanzug beömmeln. Der Vergleich ist nicht, Achtung, schlechter Wortwitz, an den Schamhaaren, herbeigezogen, weil auch „Heiß & Fettig“ auf Comic setzt, um das Sex-Geheimnis hinter „Shades Of Grey“ zu lüften. Dafür werden zwei Clowns namens Obel und Putin zur Domina geschickt und müssen sich dort in Beavis-und-Butthead-Manier veralbern und verhauen lassen. Hinterher sitzen sie dann mit geröteten Arschbacken auf Eisbeuteln und signalisieren, dass für sie abseits des Berufs so etwas natürlich nie in Frage käme.

Damit scheint dann auch der rote Faden dieses so genannten Sex-Magazins gefunden. Man stellt etwas vor und sucht gleich die größtmögliche Distanz dazu. Dann mischt man das Ganze noch mit möglichst viel Ironie, weil man als Ironiker halt keine Haltung braucht. Das ist eine sehr unanständige Inkonsequenz. Das können selbst Joko und Klaas tausendfach besser.

Statt Konsequenz und Haltung gibt es aber mehr von Sex-Tante Paula Lambert, die ja schon für ZDFkultur mit wechselnden Gesprächspartnern ins Bett musste und gemeinsam mit Mischke eine Dokumentation darüber erstellt hat, was in deutschen Betten so gedacht wird. Mit ihrer Christine-Westermann-Stimme stellt sie einen knackigen Imperativ in den Raum. „Guckt keine Pornos“, sagt sie und liefert dazu einen Spruch fürs große Buch der ewigen Weisheiten. „Mir ist ein richtiger Penis immer lieber als kein Penis.“ Wenn die Zeit bei „Heiß & Fettig“ keine völlig verschwendete Zeit war, dann wegen dieser Erkenntnis.

Aber es geht noch besser. Eine völlig überdrehte Reporterin wird in ein holländisches Institut geschickt, um herauszufinden, was Frauen beim Anschauen von Filmen mit Sex empfinden. Dazu muss sie ein Gerät einführen, das den Blutdruck in ihrer Scheide misst. Daraufhin klinkt sie komplett aus und ruft über den Sender ihre Erzeugerin an. „Mutti, Mensch, die Tochter hat’s geschafft, ‘nen Korken drin. Na wunderbar.“

Ja, auch so kann man das Thema Sex behandeln. Danach muss dann noch Moderator Thilo Mischke in den Transenclub von Olivia Jones und wird dort zu einer Art Jorge Gonzalez mit Bart umgestylt. Eine der Anleiterinnen belobigt ihn dann in ortsüblicher Manier. „Ficker, du bist ein Ficker, Alter“, sagt sie.

Ich habe nun etwas gemeinsam mit dem ZDF. Beide haben wir ganz viele klickträchtige Tags untergebracht. Ich habe beispielsweise nicht nur die vom halbberühmten Moderator empfohlenen Schlagworte untergebracht, sondern auch in jeden Abschnitt das Wort Sex eingebaut. Wenn meine Klicks jetzt nicht durch die Decke gehen, weiß ich auch nicht weiter. Dann werde ich wohl ins ZDF eingewiesen.