Herr König, die ersten hundert Tage als Geschäftsführer sind rum. Wo steht der Sender?

Ich habe den Sender von Jürgen Hörner in einem sehr guten Zustand übernommen - unter seiner Führung hat kabel eins eine wunderbare Entwicklung genommen und neuen Schwung bekommen. Bei meiner Übernahme ist mir allerdings aufgefallen, dass möglicherweise an einigen Stellschrauben noch zu drehen ist.

Welche wären das?

Eine der Stellschrauben, auf die wir uns nun gestürzt haben, ist die Access Prime zwischen 18 Uhr und 20:15 Uhr, in der es in diesem Jahr auch bereits den einen oder anderen Versuch gegeben hat. Bei meiner Übergabe hat mir Jürgen zudem sehr offen gesagt, dass die Sonntags-Primetime ein großes Thema ist. Dort haben wir sehr hart gearbeitet, um Farben zu finden, die für den Zuschauer an diesem Abend interessant sein könnten.

Und herausgekommen sind Wiederholungen von „Two and a half men“. Überreizt man damit nicht die Serie ein wenig?

Wir sind bei unserer Analyse darauf gestoßen, dass die Farbe Humor am Sonntagabend von keinem Sender regelmäßig mit entsprechenden Formaten bedient wird. Weil deutsche Comedy sehr teuer wäre und zudem auch nicht immer garantiert lustig ist, ist schließlich die Idee entstanden, es mit "Two and a half Men" zu probieren.

Und da haben sie keine Sorge, dass das zu viel wird? Und die Comedyschiene in der Daytime lief ja auch schon mal erfolgreicher. Da gräbt Ihnen ja jetzt ProSieben das Wasser ab.

Ich gebe Ihnen recht: Die Sitcom-Schiene war im vergangenen Jahr bei kabel eins stärker als in diesem Jahr. Aus meiner Sicht ist das jedoch völlig in Ordnung, denn kabel eins sollte der Sender sein, der Ideen hat von dem auch die größeren Sender in der Familie profitieren sollen und dürfen. Ich verstehe kabel eins auch ein wenig als Entwicklungs- und Ideenlabor für ProSieben und Sat.1. Aber um auf Ihre Anfangsfrage zurückzukehren: Wir haben es uns sehr gut überlegt, "Two and a half Men" in die Primetime zu nehmen. Wir glauben daran, dass viele heutige Fans der Serie gar nicht wissen, wie alles begann. Also erzählen wir das noch einmal. Aber wir beobachten das natürlich genau. Überreizen darf man es nicht.

Sie sagten, dass die AccessPrime eine Stellschraube ist, an der Sie noch etwas drehen müssen. Ist es Segen oder Fluch noch zwei große Sender in der Gruppe zu haben, mit denen man idealerweise komplementär programmieren muss...

Das ist schon mehr Segen als Fluch - und die Komplementärprogrammierung funktioniert auch recht gut. "Abenteuer Leben - täglich Wissen" ist ein Format mit extrem guter Entwicklung und am Ende des Access Prime haben wir mit "Achtung Kontrolle!" ein Format, das mich sehr fasziniert. Als gebürtiger Preuße, der das gerade hier in Bayern stolz vor der Brust trägt, sind mir Ordnungshüter schon mal grundsätzlich sympathisch - und das scheint in Deutschland wohl flächendeckend so zu sein. "Abenteuer Leben" und "Achtung Kontrolle" sind also zwei Format, die man nicht anfassen sollte - wir müssen nur etwas in der Mitte tun.

Was bietet sich denn für diese Mitte an?

Jürgens Team war im ersten halben Jahr sehr mutig und so sind die "Super-Heimwerker", "Kochen mit Knall" und "Neu für Null"  entstanden. Unsere Erkenntnis bei Service-Formaten ist aber, dass man sie am Mittag oder Nachmittag gerne nebenbei schaut, aber der Vorabend nicht für Service geeignet ist, weil man nicht mit Papier und Bleistift vor dem Fernseher sitzt, um sich Tipps zu notieren. Man will eher unterhaltend informiert werden. Deshalb gilt es, eine möglichst ideale Brücke zu bauen zwischen Magazin und einem Reportage- und Dokusoap-Format. Wir entwickeln also Formate, die "reportagig", aber nicht servicelastig sind, gleichzeitig aber nicht aus dem "Achtung Kontrolle"-Feld kommen. Damit wollen wir jene Zuschauer einsammeln, die echte Menschen sehen möchten.