Mr. Lorre, wird “Young Sheldon” die Erfolgsformel von “The Big Bang Theory” übernehmen? 

Wie sieht diese denn aus? 

In ihren Sitcoms, sei es in “The Big Bang Theory”, “Mom” oder “Two and a Half Men”, stehen immer Charaktere im Mittelpunkt, mit denen man sich leicht identifizieren kann und die sich irgendwie durch den Alltag kämpfen. 

Davon wird man sicherlich auch etwas in “Young Sheldon” zu sehen bekommen. Mir ist es wichtig, dass sich meine Zuschauer nach Feierabend auf die Couch legen und über Situationen lachen können, die sie aus ihrem eigenen Leben nur zu gut kennen. Selbstironie wird stets ein wichtiges Stilmittel in meinen Projekten bleiben. “Young Sheldon” wird sich aber vor allem deswegen von “The Big Bang Theory” unterscheiden, weil wir nicht mehr vor Live-Publikum aufzeichnen. Die Multi-Camera ist der Single-Camera gewichen. Dazu kommt Iain Armitage, der den jungen Sheldon verkörpert. Einen Kinderschauspieler in der Hauptrolle hatte ich auch noch nicht vor der Kamera. 

Sind das nicht einige riskante Faktoren? Wieso sind Sie nicht einfach den sicheren Sitcom-Weg gegangen, der sich für Sie bereits bewährt hat? 

Auch ich bin jemand, der sich entwickeln und ausprobieren möchte. Wird “Young Sheldon” überleben, obwohl es kein bloßer Klon von “The Big Bang Theory” ist? Wir werden es abwarten müssen. Mein Wunsch war es, bei “Young Sheldon” einschalten zu können und das Ganze zu verstehen, auch ohne den Vorgänger gesehen zu haben. Diese Serie muss auf eigenen Beinen stehen. Entweder wird sie so erfolgreich, oder eben nicht. Außerdem bin ich der Meinung, dass der Mensch nicht dazu gemacht ist, immer nur auf Sicherheit zu setzen. Er muss auch mal Risiken eingehen, um seine möglichen Talente zu entdecken.

Und wie leicht konnten Sie diese Idee bei CBS, einem Sender, der sonst auf das klassische Gerüst vertraut, durchboxen?

Ich bin zu CEO Leslie Moonves gegangen und sagte: “Sheldon. East Texas. 9 Jahre alt.” Seine Antwort: “Erledigt!”. Es war der einfachste Pitch meiner Karriere. 

Die Zuschauer werden bei “Young Sheldon” also 28 Jahre in die Vergangenheit reisen. Was kann man inhaltlich noch erwarten? 

Sheldon Cooper ist, wie wir alle wissen, ein unfassbar komplexer Charakter. Doch wie wurde er zu diesem verschrobenen Physiker? Wurde er bereits so geboren? Waren es familiäre Umstände? Kinder sind leicht zu beeinflussen, ob sie nun einen hohen IQ haben oder eben nicht. Wir begleiten den jungen Sheldon also auf seinem Weg in die schwierigen High School Jahre, in die Auseinandersetzungen mit seinen beiden, gänzlich anders gestrickten Geschwistern, seiner streng gläubigen Mutter und den ganz typischen Kindheitsproblemen.

Viele Fans dürften dennoch hoffen, etwas altbekanntes aus “The Big Bang Theory” geliefert zu bekommen.

Das bekommen sie mit der Stimme des wunderbaren Jim Parsons. Er tritt in die Rolle des Erzählers und verhilft seiner jungen Figur somit, noch einmal bedeutend mehr Tiefe zu bekommen.

Jim Parsons ist als Sheldon ein Meister darin, die Balance zwischen nervig und sympathisch zu halten. Wie schnell hat Iain Armitage in diese Rolle gefunden?

Genau das war auch eines meiner größten Bedenken. Iain hat zwar ein außerordentliches Talent, was mir vor allem in “Big Little Lies” aufgefallen ist, doch ist Sheldon eine Figur, die so ikonisch wurde, weil sie bisher noch nicht erreicht wurde. Nun kann ich jedoch aufgreifen, warum mir die Single-Camera-Entscheidung, die ohne Publikum stattfindet, so wichtig war. Wir haben mehr Zeit und weniger Druck. Für manche Szenen haben wir stundenlang gefilmt. In der Zeit hätten wir teilweise zwei Folgen “The Big Bang Theory” abdrehen können. Es war oft einfach nicht witzig genug, manchmal sogar anstrengend, so dass wir stets an den verschiedensten Stellschrauben werkeln mussten. Und auch hier spielt Jim Parsons Teilnahme eine wichtige Rolle: Seine Stimme aus dem Off sorgt dafür, dass Iain nicht immer zu 100 Prozent im Fokus steht.

Wie viel Gefallen haben Sie an dieser, für sie neuen Form gefunden?

Dieser Gedankengang ist für mich kniffliger, als ich gedacht hätte. Was mich nämlich morgens aus dem Bett holt, ist es zu wissen, dass ich stets neue Herausforderungen zu bestreiten habe. Bei “Young Sheldon” gab es diese zu genüge. Doch war die Produktion einfach höllisch langsam. Wenn du vor Live-Publikum aufzeichnest, bist du in einem Rausch, der so schnell aufhört, wie er begonnen hat. Doch hier drehst und drehst und drehst du. Und dann muss noch einmal etwas nachgedreht werden. Aber doch, mir gefällt es. “Young Sheldon” ist eine Serie, die man binge-watchen möchte, weil nicht nur die Gags, sondern auch die Story stimmt. Für jemanden wie mich, der Fernsehen liebt, stand das noch auf der Agenda. 

Mr. Lorre, vielen Dank für das Gespräch.

ProSieben zeigt "Young Sheldon" ab Montag immer um 20:45 Uhr im Anschluss an "The Big Bang Theory"