Ist das der Grund, weshalb Sie sich Ihre Haare blond gefärbt haben?

Genau. Privat finde ich die blonden Haare ganz schlimm. Aus freien Stücken hätte ich das niemals gemacht, aber ich brauchte diese Typveränderung für die Serie, die in Köln von der btf produziert wird. Auf das Projekt hatte ich so große Lust, dass es mir wert war, die Haare so schrecklich zu färben.

Was macht die Serie so besonders? 

Die Geschichte von Jugendlichen, die übers Internet Drogen verkaufen, finde ich als Setting schon mal spannend und dann ist es hoffentlich die Umsetzung von den Regisseuren Lars Montag und Arne Feldhusen, die "Don't try this at home" besonders macht.


Gehen deutsche Fernsehmacher in Ihren Augen zu oft auf Nummer sicher?

Absolut. Und ich frage mich auch, warum so ungern Risiken eingegangen werden? Zum Beispiel  bei der Besetzung. Wenn Rollen nicht klischeebehaftet vergeben werden, entstehen doch die spannenderen Projekte, die gerade in diesem Serienhype auf sich aufmerksam machen können. Schauspieler, die man aus bestimmten Zusammenhängen kennt, mit den selben Aufgaben erneut zu versehen, ist immer der einfachere Weg.

"Es macht meinen Job deutlich einfacher, dass ich ehrlich sagen kann, hinter jedem Projekt stehen zu können"

Den Luxus, sich das nächste Projekt selbst aussuchen zu können, kann sich allerdings nicht jeder Schauspieler erlauben. 

Das ist mir bewusst und das hat natürlich ganz viel mit Glück zu tun, aber es ist auch eine Form der künstlerischen Konsequenz. Wenn mir etwas nicht gefällt, mache ich es nicht. Eigentlich ist das aber nur eine Form von Eigenschutz, weil ich weiss, dass ich es dann nicht gut machen kann. Dass ich jetzt in dieser Position bin, so arbeiten zu können, bedeutet mir unfassbar viel. Die meisten meiner Schauspielkollegen in Deutschland haben diesen Luxus nicht und müssen auch Projekte machen, die sie vor allem wegen des Geldes annehmen. Jeder hat Mieten zu zahlen und Familien zu ernähren. Allerdings macht es meinen Job deutlich einfacher, dass ich ehrlich sagen kann, hinter jedem Projekt stehen zu können, für das ich drehe. 

Wann sind Sie heutzutage noch unzufrieden mit ihrer eigenen Arbeit?

Bei einem "Tatortreiniger"-Dreh hat mal eine Kollegin mitgemacht, die vorher noch nie professionell vor der Kamera stand. Nach ein paar Anläufen meinte sie dann zu mir, dass sie richtig froh ist, wenn die Szene gleich im Kasten ist, weil sie das gerade alles nervt. Da habe ich unterbrochen und ihr gesagt, dass wir so nicht drehen und wir nicht wollen, dass sie etwas spielt, was sie nicht möchte. Dann haben wir uns mit Arne zusammengesetzt und die Szene noch einmal neu überdacht, damit es auch für sie gepasst hat. Oft ist der Zeitdruck beim Drehen enorm, so dass man sich nicht traut, den Laden aufzuhalten.

Was schließen Sie daraus? 

Mit laufendem Arbeitsleben habe ich gelernt, dass man sich diese Zeit nehmen sollte. Wenn ich nach einem "Tatortreiniger"-Dreh auf dem Weg ins Hotel war, konnte ich vollkommen überzeugt zu mir sagen, dass heute wirklich nicht mehr ging. Damit meine ich nicht, dass es perfekt war, oder dass ich weiss, ob mich das Ergebnis zufriedenstellen wird, sondern nur die Gewissheit, alles was möglich war an Energie und Konzentration, an dem Tag aus mir rausgeholt zu haben. Zu wissen, dass man all sein Können ausschöpfen konnte, ist ein tolles Gefühl. Das habe ich auch oft beim Theater spielen – wenn du von der Bühne gehst und vollkommen verschwitzt in der Umkleide sitzt und für fünf Minuten den Moment genießt, weißt du, dass Du alles rausgehauen hast, was ging. Das macht mich total glücklich.

Und wenn es im Endprodukt dann trotzdem nicht gut ist?

Dann liegt es nicht an mir. (lacht) Es ist natürlich ein bisschen Selbstschutz, dass man dann sagen kann, ein Projekt sei an den Möglichkeiten der Produktion gescheitert. Vielleicht wurde die Rolle mit mir auch falsch besetzt, ich habe aber alles gegeben und nichts besser machen können, das meine ich. 

Vor 14 Jahren lief "Stromberg" an – und seither ging es mit Ihrem Bekanntheitsgrad steil nach oben. Was haben Sie seither über sich selbst gelernt?

Es war damals ja keine bewusste Entscheidung, berühmt zu werden. Ich hatte schlicht Bock drauf, bei diesem verrückten Projekt mitzumachen. Ich habe mich charakterlich hoffentlich seither nicht groß verändert. Vielmehr habe ich aber etwas über andere Menschen gelernt. In den ersten zehn Jahren, in denen ich Theater gespielt habe, wurde ich gerade mal von einer Zuschauerin im Supermarkt angesprochen. Die war dann aber auch sehr nett und wollte lediglich sagen, wie toll sie das Stück fand. Leute, die mich aus dem Fernsehen kennen, sind da oft komplett anders. Bei denen bin ich im Wohnzimmer zu Hause, weshalb sie auch distanzloser in der Ansprache sind. Da wirst du dann auch mal ungefragt in den Arm genommen und gedrückt. Wenn ich das aber gar nicht abkönnte, dürfte ich auch nicht weiter im Fernsehen auftreten. Dann hätte ich nach "Stromberg" sagen müssen, dass ich wieder zum Theater zurück gehe. 

"Ich bin jetzt 50 und fühle mich wie mit Ende 20, da ist kein großer Unterschied"

Stattdessen kam der "Tatortreiniger". Gehen Sie inzwischen, da die letzten Folgen gedreht wurden, mit dem Thema Tod anders um?

Nein, nicht wirklich. Ich habe Christian Heistermann, also das Vorbild für meine Rolle in der Serie, damals gefragt, ob ich nicht mal mitkommen sollte. Er hat mir dringend davon abgeraten, weil du bei solchen Tatorten Bilder siehst, die du für immer im Kopf hast. Auch die Gerüche hast du dann ein Leben lang in der Nase. Er meinte, das willst du gar nicht und es sei Gott sei dank auch nicht nötig, um die Rolle zu spielen. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass dich dieser Job im echten Leben über die Jahre hinweg verändert. So kalt ist niemand, dass er davon nicht berührt wird. Womöglich ist es aber auch wie bei einem Herz-Chirurgen, der einfach seine Arbeit macht und nicht weiter drüber nachdenkt, welcher Mensch da gerade vor ihm liegt. Ich glaube aber nicht, dass man sich dadurch besser auf den eigenen Tod vorbereiten kann. Der ist und bleibt erschreckend.

Also keine zweite Karriere als echter Tatortreiniger? 

Auf keinen Fall würde ich diesen Job gern machen. Man sieht mich in der Serie ja auch nur ab und zu mal ein bisschen rumschrubben, in der Realität ist das aber ein verdammt harter Knochenjob. Du putzt dir die Seele aus dem Leib, musst Böden abschleifen, Wände kaputt machen. Dazu die psychische Belastung. Nein, danke. Dafür hab' ich persönlich auch viel zu viel Schiss vor dem Tod.

Hätten Sie die Wahl zwischen einer normalen Lebensspanne und einem ewigen Leben – Sie würden sich also für Letzteres entscheiden?

Spontan würde ich sagen: Ja...hm...Wenn man aber "für immer" leben könnte, würde alles an Wertigkeit verlieren. Es ist nichts mehr besonders, weil du genau weißt, dass du es ohnehin noch hundertausende Male erleben wirst. Deswegen passt das wohl schon so. Mir ist - wie jedem anderen - wichtig, dass ich nicht irgendwann „verende“, sondern so gesund wie möglich durchs Leben komme. Ich bin jetzt 50 und fühle mich, psychisch zumindest, wie mit Ende 20, da ist kein großer Unterschied. So kann es erstmal bleiben.

Herr Mädel, vielen Dank für das Gespräch.