Foto: PixelquelleDie derzeitige Finanzierungssituation bringt ein weiteres Problem mit sich: "Um als Produzent nachhaltig arbeiten zu können, benötigen wir eine gewisse Infrastruktur. Dazu ist die Umsatzrendite, die sich mit Auftragsproduktionen erwirtschaften lässt mit unter einem Prozent, zu gering", erklärt Uli Veith. Er ist Geschäftsführer der Taglicht Film- und Fernsehproduktion, die sich auf die Herstellung hochwertiger Reportagen, Dokumentationen und Wissensinhalte für vornehmlich öffentlich-rechtliche Sender konzentriert.

Die Konsequenz für Taglicht: Das Unternehmen will sich perspektivisch von Auftragsproduktionen verabschieden. "Die Alternative zur Auftragsproduktion liegt für uns in internationalen Ko-Produktionen, bei denen wir aufgrund des höheren Produktionswertes und der Verfügung über Verwertungsrechte einen größeren Vorteil in der Verwertungskette haben", so Veith. Drastischer drückt es RTL-Produktionschef Graf aus: "Es gibt eine unausgesprochene Wahrheit, und die lautet: Deutschland hat zu viele Produzenten".
 

 
Graf sieht auch die Ebene der Hersteller in der Verantwortung, ihre eigenen Strukturen zu überprüfen. "Das betrifft nicht nur die Overhead Strukturen, sondern auch die Flexibilität und Gewinnerwartung". Auch wenn die Sender zuweilen von Konkurrenz und Preisdruck profitieren, so birgt die Situation auch für sie Nachteile. "Für einen Produzenten, der ums Überleben kämpft, ist es schwer sich auf Inhalte zu konzentrieren und gute Filme zu machen", sagt Graf.

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So oder so: es besteht offenbar die Notwendigkeit, umzudenken. So hat sich in der Fernsehindustrie - bei Produzenten und Sendern gleichermaßen - über viele Jahre die Haltung durchgesetzt, dass lediglich die Kosten zählen und nicht der Wert eines Produkts. Bei manchen Programmfüllern mag das gerechtfertigt sein. Allerdings ist das Denken im Zusammenspiel zwischen Sender und Produzent seit jeher von der Frage geleitet, wie teuer die Herstellung ist und wie groß die Marge, die aufgeschlagen wird. Eine Praxis aus analogen Zeiten, in denen niemand Wertschöpungsketten kannte, weil es sie hier noch nicht gab. Erst allmählich ändert sich das Bewusstsein. Doch eine Musterlösung für einen sich immer stärker fragmentierenden Markt hat noch niemand parat.

Nicht nur das ungleiche Kräfteverhältnis zwischen Sendern und ihren Programmlieferanten lässt die Marktteilnehmer ächzen. Durch das rasante Wachstum ab den neunziger Jahren und dem allmählichen Absturz seit 2001 mangelt es nicht an kreativen und technischen Arbeitskräften und Unternehmen. Die Kompetenzen sind - wie in vielen anderen Branchen auch - recht unterschiedlich verteilt.

Ein Überangebot an Arbeitskräften und Anbietern macht es den Sendern leicht, sich aus der Vielzahl der Angebote das günstigste auszuwählen - vor allem dann, wenn es nicht um Qualität, sondern um Quantität geht, wie es häufig in der Daytime der Fall ist. Für die Produzenten, die einen größeren Apparat zu bewegen haben, stellt sich zuweilen die Frage, ob ihr Geld auf dem Sparbuch nicht besser aufgehoben wäre, da hier eine höhere Rendite zu erwarten sei, wird in der Branche gescherzt.

Finster werden auch die Mienen beim Blick nach vorn. Selbst wenn sich der Markt tatsächlich ausdünnen sollte - das wird nicht immer ein gutes Ergebnis für die Landschaft haben, denn die Fernsehbranche verliert auch an Attraktivität für den Nachwuchs. Die finanziellen Entwicklungschancen sind eher dürftig und längst übt das Medium nicht mehr dieselbe Faszination aus, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Wer sich mit bewegten Bildern selbst verwirklichen will, der kann das mittlerweile auch am heimischen Computer per Videokamera und Blog tun.

Für die Berufswahl müssen Leidenschaft und Leidensfähigkeit schon größer sein. Auch der Nachwuchs über Praktikanten, die zuweilen die Arbeit voll ausgebildeteter Kollegen übernehmen, dünnt allmählich aus. Hört man sich um, so berichten Produzenten von einem Rückgang an Bewerbungen. Vorkenntnisse und Motivation seien auch schon mal besser gewesen. "Mittlerweile wird diese Branche talentfrei", lautet eine düstere Prognose.
 
Lesen Sie am Freitag im dritten und letzten Teil der Reihe, wie sich die derzeitige Situation auf freiberufliche Dienstleister - wie zum Beispiel Kameraleute und Assistenten - auswirkt.