Was RTL für das neue "Deutschland sucht den Superstar" ankündigt, hat Grundy Light Entertainment für "X Factor" bei Vox schon umgesetzt: Die Castingshow kommt deutlich dokumentarischer rüber. Leider gibt es in der ersten Ausgabe immer noch vereinzelte Einspieler, die die Kandidaten ausführlicher vorstellen. Doch das lässt sich angesichts der sehr erwachsenen Weiterentwicklung des Formats verschmerzen. Kombiniert mit der gut harmonierenden Jury, in der Sarah Connor sich endlich spürbar wohl fühlt in der Rolle als Jurychefin, ohne es raushängen zu lassen, macht das die dritte Staffel von "X Factor" mindestens so sehenswert wie "The Voice of Germany".
Beide Formate zeigen, dass das Genre zwar oft totgeredet wird, aber noch nicht tot sein muss, wenn man Leistung in den Mittelpunkt stellt und keinen Klamauk veranstaltet. So werden Castingshows - auch zehn Jahre nach dem Start der ersten "DSDS"-Staffel bei RTL - weiterhin ein dominierendes Genre in der Primetime-Unterhaltung deutscher Privatsender bleiben. Nur die Wahrnehmung dieser Formate durch das Publikum und somit letztlich auch die Formate selbst haben sich geändert. So ist längst der Weg zum Ziel geworden.
Weil die Heldenreisen mancher Castingshow-Gewinner dann doch schnell nach dem Sieg vor einem Millionenpublikum endete, wird die Geschichte des Nobody, der zum Star wird, längst innerhalb der Formate erzählt. Mal nerviger wie bei "DSDS", mal subtiler wie bei "X Factor" oder "The Voice". So wird versucht schon Kandidaten und nicht erst die Gewinner zu Stars zu machen - und Zuschauer zu Fans. Deren Treue zu diesen Formaten und die langen Strecken, die Castingshows in den Programmen der Privatsender füllen, machen die Sendungen weiterhin so attraktiv für Sender und Werbekunden. Geändert hat sich auch die Optik: Hier sind deutsche Adaptionen internationaler Formathits führend in der Inszenierung.
Auch wenn man bei "Supertalent" und "DSDS" noch nicht sicher weiß, in welche Richtung die Sendungen sich entwickeln wollen bzw. sollen, so zeigen bis dahin "X Factor" und "The Voice" aber bereits, dass zwölf Jahre nach der ersten "Popstars"-Staffel und genau zehn Jahre nach dem Start der ersten Castingshow mit Studioperformances ("DSDS") so etwas wie ein zweiter Frühling der Formate einsetzt. Geändert hat sich seit den Anfangstagen des Genres viel. Die Show ist inzwischen der Star und der Sieg nur eine Chance und kein Versprechen mehr. Denn trotz all des Lobes für "X Factor" und "The Voice": Auch aus den netten Shows ist noch kein echter Superstar entstanden.