Die Geschichte von "Wetten, dass..?" ist hinlänglich bekannt. Doch als Frank Elstner vor mehr als 30 Jahren die Idee zu der Sendung kam, dürfte wohl auch er nicht im Traum damit gerechnet haben, dass sie so viele Jahrzehnte lang das Fernsehen prägen sollte. Für diese Prägung war allerdings nicht zuletzt Thomas Gottschalk verantwortlich, heute hauptamtlicher Co-Juror im bösen Privatfernsehen. Wie kein anderer drückte er "Wetten, dass..?" seinen Stempel auf - kein Wunder, war er doch mehr als 20 Jahre lang das Gesicht des Samstagabends. Freche Sprüche, weite Handbewegungen und auch so manch fahrige Moderation gingen in dieser Zeit auf Gottschalks Kappe.
Aber auch sein meisterhafter Umgang in jenen dramatischen Minuten im Dezember 2010, als ein Wettkandidat vor laufenden Kameras verunglückte. Es war ein Schicksalstag in der Geschichte von "Wetten, dass..?" und zugleich im Leben von Thomas Gottschalk, der wenige Wochen später seinen Abschied ankündigte und damit eine quälend lange Nachfolger-Suche in Gang setzte. Dass mit Markus Lanz nun der völlige Gegenentwurf zu Gottschalk die Bühne betreten wird, verspricht spannend zu werden - doch zwei Fehler sollte der neue Mann besser nicht begehen. Gottschalk zu kopieren wäre ebenso verkehrt wie eine Verlagerung seines Spättalks in die Primetime.
So sehr die Redaktion auch Wert auf spannende Gäste-Kombinationen legt: Tiefschürfende Interviews erwartet das Publikum bei "Wetten, dass..?" ganz sicher nicht, obgleich die eine oder andere gut vorbereitete Frage dem Format nicht schaden könnte. Hier hat Thomas Gottschalk in all den Jahren reichlich Luft nach oben gelassen. Auffällig: Große Hollywood-Stars werden am Samstag beim Lanz-Auftakt in Düsseldorf fehlen. Stattdessen reicht die Bandbreite der Gäste von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bis hin zu Karl Lagerfeld, der kurioserweise erst im Dezember bei Gottschalks letzter Show anwesend war. Doch er ist ein Garant für viele Zuschauer, wie Lanz auch schon mehrfach in seiner Talkshow feststellen konnte.
Ob Stars und Kandidaten, wie erhofft, mehr ins Gespräch miteinander kommen werden, bleibt abzuwarten. Immerhin ist es allerdings eine der größten Neuerungen, dass die Wettkandidaten fortan dauerhaft in einer Lounge auf der Bühne sitzen werden. Und auch sonst sollen die verrückten Ideen der Kandidaten stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Mindestens eine zusätzliche Wette wird fortan gespielt, hinzu kommt die sogenannte Lanz-Challenge, in der der Moderator gegen einen Zuschauer in der Halle antreten wird - ein Hauch von "Schlag den Raab" im Zweiten.
Bei Bedarf wird es noch dazu immer mal wieder eine Stadtwette geben. Gleich beim Einstand von Markus Lanz setzt das ZDF hier übrigens auf nackte Tatsachen: Vor wenigen Tagen war bereits durchgesickert, dass unbekleidete Menschen vor dem Düsseldorfer Rathaus das Logo von Bundesliga-Aufsteiger Fortuna darstellen sollen. Unklar, ob man nach Bekanntwerden der Pläne an dieser Idee weiter festhalten möchte. Doch wie auch immer man es dreht - das Ziel der Macher ist klar: "Wetten, dass..?" soll schneller werden, möglicherweise gar ein Stück weit unberechenbarer - etwa durch den Wegfall des fast schon in Stein gemeißelten Ablaufs, dass nach jeder Wette zwangsläufig ein Sänger folgen muss.
Und was macht Markus Lanz? Der zeigt sich kurz vor seinem ersten Auftritt als "Wetten, dass..?"-Moderator demütig und gibt fleißig zu Protokoll, wie viel Respekt er doch vor der neuen Aufgabe habe. "Ich habe mächtig Schiss in der Bux", sagte er am Tag vor der Show zur "Bild"-Zeitung. "Es ist eine seltsame Mischung aus Aufregung, Angst und Freude. Ich werde aber versuchen, das zu genießen." Ob das auch für die Zuschauer gilt, wird man bereits am frühen Sonntagvormittag sehen können, wenn die Quoten vorliegen - und die Vergleiche mit Thomas Gottschalk dann doch unausweichlich werden. Wetten, dass?