Beim ZDF kann man dieser Tage äußerst zufrieden sein. Der WM-Auftakt bescherte dem Mainzer Sender Traum-Quoten - nur wenige Tage, nachdem man die gerade zu Ende gegangene Saison als Marktführer erfolgreich über die Bühne brachte. In sieben von neun Monaten war das ZDF der meistgesehene Sender. Also alles eitel Sonnenschein auf dem Lerchenberg? Mitnichten. Denn auch wenn das ZDF auf den ersten Blick betrachtet sicherlich gut da steht, so ziehen doch aus der Ferne einige Wolken auf, deren Ausläufer sich auch zuletzt schon bemerkbar machten. Mit einem Marktanteil von zwölf Prozent schnitt das ZDF im Mai so schwach ab wie seit fast einem Jahr nicht mehr und vor allem bei den 14- bis 49-Jährigen musste der Sender in den zurückliegenden Monaten mehrere Rückschläge hinnehmen.

Gleich mehrfach bewegte sich das ZDF in dieser jungen Zuschergruppe teils deutlich unter den Vorjahreswerten - da machte nur der Olympia-Monat Februar eine echte Ausnahme. In diesem Jahr verfehlte das Zweite bereits zwei Mal die ohnehin schon niedrige Marke von sechs Prozent. Und das hat einen guten Grund: Insbesondere tagsüber gelingt es dem Sender immer seltener, Akzente zu setzen. Mit seinen Krimis, die längst nicht mehr nur in Erstausstrahlung am Vorabend laufen, sondern mehr und mehr mit kostengünstigen Wiederholungen auch auf andere Sendeplätze übergreifen, spricht das ZDF vor allem ältere Semester an. Daneben mussten auch die nachmittäglichen Kochshows Federn lassen. Hinzu kommen die Magazine "Hallo Deutschland" und "Leute heute", die sich ebenfalls nicht als Jungbrunnen erweisen. "Hallo Deutschland" holt etwa seit Jahresbeginn im Schnitt nur knapp mehr als vier Prozent Marktanteil beim jungen Publikum.

Dabei kann man dem ZDF noch nicht mal vorwerfen, nichts probiert zu haben. Bloß: Die Versuche, frischen Wind ins Nachmittagsprogramm zu bringen, haben allesamt nicht funktioniert. Vor allem der spektakuläre "Inka"-Flop musste in Mainz erst mal verdaut werden. Kein Wunder, dass man demnächst mit einer neuen Backshow einen vermeintlich sichereren Pfad betreten wird. Es ist also vor allem die Daytime, die das ZDF in den Griff bekommen muss - hier gilt es, eine sanfte Verjünung hinzubekommen, ohne auf einen Schlag alle bisherigen Zuschauer zu vergraulen. Die geringsten Schwierigkeiten, junge Zuschauer zu erreichen, taten sich in der vergangenen Saison am Abend auf. Hier war unter anderem auf Champions League, "Aktenzeichen XY... ungelöst" oder die "heute-show" Verlass. Letztere war sogar so gefragt wie nie und schafft inzwischen regelmäßig sogar zweistellige Marktanteile bei den 14- bis 49-Jährigen.

Umso ärgerlicher, dass das ZDF diese Stärke aktuell kaum für sich zu nutzen weiß, was auch daran liegt, dass man die mühsam gewonnenen jungen Zuschauer durch "Aspekte" schnell wieder an die Konkurrenz verliert. Die Panelshow "Vier sind das Volk" zeigte aber schon mal, dass mit einem passenden Nachlauf deutlich mehr drin ist. Luft nach oben besteht auch bei den großen Shows, insbesondere durch das bevorstehende Aus von "Wetten, dass..?". Doch auch wenn kaum davon auszugehen ist, dass die geplanten neuen Samstagabend-Formate mit Johannes B. Kerner ähnlich viele Zuschauer erreichen werden wie der Wett-Klassiker, der noch zuletzt immer noch rund sieben Millionen Fans fand, so bietet sich zumindest die Chance, frischen Wind ins Programm zu bringen.

Dass das ZDF am Samstagabend nicht unbedingt auf Shows angewiesen ist, bewiesen zuletzt allerdings gleich mehrere erfolgreiche Krimi-Neustarts, allen voran "Helen Dorn" mit über acht Millionen Zuschauern. Der Erfolg von "Herzensbrecher" und erst recht dem "Bergdoktor", der mit fast sieben Millionen Zuschauern neue Rekorde markierte, zeigte aber, dass das ZDF in seinem Programm auch abseits der Krimi-Pfade punkten kann. Entsprechend sinnvoll erscheint es, eher unspektakuläre Krimi-Produktionen wie die "Garmisch-Cops" durch andere Farben ersetzen zu wollen. Und angesichts einer neuen Serie mit Bastian Pastewka sowie der Ausstrahlung von "Schuld" und der Ankündigung mehrerer Sitcoms stellt das ZDF unter Beweis, dass man in der kommenden Saison im fiktionalen Bereich tatsächlich mehr sein möchte als ein Krimikanal.

Zu den Herausforderungen von Programmdirektor Norbert Himmler und Unterhaltungschef Oliver Fuchs wird es aber auch gehören, für RTL-Abgänger Christian Rach ein passendes Format zu finden. Dessen erste Einsätze in "Rach tischt auf" wirkten zuletzt noch recht unausgegoren und waren auch aus Quotensicht noch ein gutes Stück von dem entfernt, was Rach als Restauranttester für die Konkurrenz aus Köln erzielte. Einen Schritt weiter ist das ZDF hingegen bei Horst Lichter, der mit seiner Trödelshow "Bares für Rares" gerade erst nach dem "Fernsehgarten" neue Rekorde verbuchte. Nach längerer Suche mit diversen Flops ist aus den sonntäglichen Experimenten also zumindest ein Erfolg hervorgegangen. Selbst beim jungen Publikum gelang hier zuletzt ein zweistelliger Marktanteil.

Doch das ist allenfalls ein kleiner Baustein bei den Bemühungen, das ZDF zu verjüngen. Die in den vergangenen Wochen und Monaten häufig schwachen Quoten des Senders beim jungen Publikum zeigen, dass Himmler & Co. noch einen langen Weg vor sich haben werden. Marktführerschaft hin oder her.

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