Sie können nach diesem ersten Absatz auch gerne aufhören diesen Artikel zu lesen - und erst einmal die Sendung anschauen. Es ist ja schließlich Sonntag und der Sinn dieser neuen DWDL-Reihe „One to watch“ ist schließlich, auf vielleicht noch nicht sehr bekannte TV-Formate aus dem Ausland hinzuweisen. Es liegt also bei Ihnen, ob Sie exemplarisch eine Folge von „Russell Howard’s Good News“ schauen möchten - oder zuerst erfahren wollen, welche schlechte ZDFneo-Sendung der traurige Versuch war, diesen britischen Erfolg zu adaptieren und was den 34-jährigen Russell Howard abhebt von großen Namen der aktuellen Nachrichten-Satire.
Wöchentlich nimmt sich Howard in seiner halbstündigen Sendung Schlagzeilen der Presse sowie Ausschnitte aus TV-Berichterstattung über mehr oder weniger wichtige Nachrichtenereignisse vor. Das geschieht beinahe durchgehend in Form eines StandUps - unterbrochen von Original-Ausschnitten, eigens gedrehten Sketchen und einem Plausch mit dem Gast der Woche. Weder klingt das revolutionär, noch ist es revolutionär - dafür aber verdammt gut umgesetzt. „Russell Howard’s Good News“ ist der Beweis dafür, dass der Kern einer guten Comedy nun einmal Witz und Timing sind. Die Verpackung ist zweitrangig und macht die BBC-Sendung so angenehm unaufgeregt (vom Hampelmann Howard mal abgesehen).
Russell Howard ist übrigens niemand, den Sie kennen konnten. Weder ist er einer dieser „Der hat übrigens X gespielt in Serie Y“-Promis, noch wird er bislang in einem Atemzug mit Namen wie den US-Kollegen Jon Stewart, Stephen Colbert oder John Oliver genannt. Ob im Radio, auf der Bühne oder im Fernsehen: Russell Howard, Jahrgang 1980, ist einfach ein Spaßvogel und war als solcher in den zahlreichen Comedy-Panelshows des britischen Fernsehen lange Zeit ein oft gesehener Gast. Sein Profil geschärft hat erst der Erfolg von „Good News“. Das hat man auch bei der BBC gemerkt: Die aktuelle Staffel ist außerhalb Großbritanniens erstmals offiziell in voller Länge bei YouTube abrufbar - und Highlights werden zudem als Einzelclips zur Verbreitung via Social Media angeboten.
So wie TV-Satire aus den USA auf diesem Weg mal offiziell, mal inoffiziell um den Globus geht, findet Howard inzwischen auch in den USA Fans - etwa mit einem Vergleich der Ebola-Berichterstattung in Großbritannien und den Staaten. Dabei wird auch deutlich, was ihn abhebt: Wo sich andere oft und gerne in Zynismus steigern oder in ihren satirischen Abhandlungen aktueller Nachrichtenereignisse beinahe so etwas wie einen Lehrauftrag sehen, bleibt Russell Howard einfach amüsiert und lässt andere sprechen. Viele seiner Gags lösen sich auf durch Einspieler aus realen Nachrichten-Sendungen oder Zeitungs-Zitaten, die für sich stehen.
Für die Zuschauer ist „Russell Howard’s Good News“ ein großer Spaß, für die Kreativen im TV-Geschäft wiederum ein eigentlich erfreuliches Signal: Formate sind nicht alles. Schließlich dachte man bei Eyeworks und ZDFneo, das Konzept für Deutschland adaptieren zu können. Doch „Nate Light“ floppte. Der Unterschied zwischen den beiden Sendungen könnte größer kaum sein - weil Philip Simon kein Russell Howard war, dessen ausgeprägte Dynamik und Mimik ein wenig an den frühen Michael Mittermeier erinnern. Und das minimalistische Bühnenbild braucht jemanden, der extrovertiert genug ist, alle Aufmerksamkeit auf sich zu bündeln - ohne sie einzufordern wie ein Mario Barth.
Derzeit läuft bei BBC Two die 9. Staffel der Sendung in Großbritannien, die einen kleinen Neuanfang darstellt. Seit dem Start im Herbst 2009 lief „Russell Howard’s Good News“ beim jungen Sender BBC Three, der in der Vergangenheit u.a. auch Heimat der Serien „Little Britain“ oder „Torchwood“ war. Im Rahmen von Sparmaßnahmen hatte die BBC jedoch im März diesen Jahres angekündigt, den Sender Ende 2015 einstellen zu wollen. Die junge Zielgruppe will die BBC künftig zunehmend im Netz erreichen - mit 30 statt 80 Millionen Pfund dafür jedoch weit weniger ausgeben als bisher für BBC Three. Für Russell Howard war das ein Glücksfall. Er rückte auf zu BBC Two - und ist online jetzt auch für uns abrufbar.