Das ZDF war auch in der zurückliegenden Fernsehsaison wieder unangefochtener Marktführer beim Gesamtpublikum, weiterhin mit einem klaren Vorsprung vor dem Ersten. Zu verdanken ist das den älteren Zuschauern, die das ZDF vor allem mit seinem Krimi-Überangebot fest für sich gebucht hat. Es ist gewissermaßen ein süßes Gift: Herausragenden Quoten beim älteren Publikum steht hier nämlich meist Desinteresse bei den Jüngeren gegenüber. Ein süßes Gift, das übrigens auch ZDFneo infiziert hat: Der Sender, der doch ein jüngeres Publikum ansprechen soll, fuhr mit Krimis nämlich zuletzt auch bei den Älteren immer besser - um den Preis einer zunehmend älteren Zuschauerstruktur.

Doch zurück zum ZDF: Die starke Performance bei den Älteren ist erfreulich, aber zugleich auch eine Bürde bei dem Bestreben, das Programm zu modernisieren, ohne das Stammpublikum allzu nachhaltig zu verprellen. Versuche in dieser Hinsicht gab es in den zurückliegenden Monaten beispielsweise im fiktionalen Bereich. „Blochin“ mit Jürgen Vogel etwa lief im vergangenen Herbst an drei aufeinanderfolgenden Abenden an einem Wochenende. Die Quoten waren beim Gesamtpublikum solide, bei den 14- bis 49-Jährigen sogar überdurchschnittlich. Doch mit im Schnitt 3,3 Millionen Zuschauern konnte „Blochin“ nicht ansatzweise mit einem weiteren klassischen Krimi mithalten. „Morgen hör ich auf“ mit Bastian Pastewka legte zwar Anfang des Jahres einen guten Einstand hin, fiel dann aber rapide ab. Die unglückliche Programmierung in den letzten Wochen gegen das Dschungelcamp tat ihr übriges.

Auch am Vorabend versucht das ZDF sich durchaus in Erneuerung. Das geht schon beim Klassiker „SOKO 5113“ an, die man nicht nur in „SOKO München“ umbenannte, sondern ihr auch mehr fortlaufende Handlung gab. Auffällig ist aber: Die vielen in der jüngeren Vergangenheit neu gestarteten Serien wie „Dr. Klein“, „Bettys Diagnose“, „Sibel & Max“, „Herzensbrecher“ oder „Die Spezialisten“ taugen allesamt nicht gerade als Jungbrunnen: Tendenziell tun sie sich häufig beim Gesamtpublikum etwas schwerer als ihre Vorgänger, ohne aber zugleich mehr Jüngere anzulocken.

Wenn man über die Fiktion im ZDF schreibt, dann darf man vor allem eine Produktion nicht vergessen: Den „Bergdoktor“. Die Serie mit Hans Sigl in der Hauptrolle konnte in den vergangenen Jahren immer weiter zulegen und ist längst die erfolgreichste Serie Deutschlands. Zum Abschluss der letzten Staffel gab’s mit knapp 7,2 Millionen Zuschauern einen neuen Rekord. Und: Sogar bei den 14- bis 49-Jährigen kratzte das ZDF an der 10-Prozent-Marke. Die „Bergretter“ liefen ebenfalls wieder gut, können da aber trotzdem nicht mithalten. Und auch „Lena Lorenz“ als neueste der Heimatserien hat eine deutlich geringere Quoten-Flughöhe. Die neuere, moderner gemeinte Serie tut sich auch beim jungen Publikum deutlich schwerer als der Klassiker „Bergdoktor“.

Im Show-Bereich hieß der Hoffnungsträger der zurückliegenden Monate Steven Gätjen. Er moderierte immerhin bei ProSieben mit „Schlag den Raab“ eine der erfolgreichsten Shows beim jungen Publikum und hätte junge Zuschauer zum ZDF mitbringen sollen. Doch wie zuvor schon bei Christian Rach ging diese Rechnung auch bei Steven Gätjen nicht auf: Viele Jüngere kamen nicht und die Älteren blieben weg. Dass ZDF tat mit ungeschickten Sendeplätzen - „I can do that“ lief gegen den ESC-Vorentscheid, auch die erste Folge des neuen „Superhirns“ platzierte man an einem der wenigen Donnerstage, an denen auch Das Erste eine Show zeigte - sein übriges. Die „Versteckte Kamera“ lief aus Quotensicht noch ganz solide - war aber inhaltlich alles andere als glorreich. Gätjen wirkt so derzeit noch als Fremdkörper im Programm. Kerner darf zwar nur noch selten ran, fuhr mit Shows wie „Das Spiel beginnt“, „Quiz-Champion“ oder zuletzt gerade „Unsere größten Hits“ aber zumindest solide, mehr kann man auch der Show „Mich täuscht keiner“ nicht attestieren, Carmen Nebel hingegen erreichte wieder mehr Zuschauer als zuletzt. Doch von einem neuen Show-Hit ist das ZDF also auch im Jahr 2 nach „Wetten, dass..?“ weit entfernt.

Ein Quotenhit ist hingegen die „heute-show“ - und die vergangenen Jahre mit immer noch weiter steigender Tendenz. Die letzte Staffel hatte im Schnitt wieder 300.000 Zuschauer mehr, selbst bei den 14- bis 49-Jährigen wurden Marktanteile von in der Spitze über 15 Prozent erzielt. Das sind Werte, von denen das ZDF sonst kaum zu träumen wagt, sieht man mal von der Champions League oder dem Dauerbrenner „Aktenzeichen XY… ungelöst“ ab. In diesem Jahr ist es dem ZDF dann sogar auch mal gelungen, aus dem „heute-show“-Vorlauf Kapital zu schlagen und ein weiteres Format im Schlepptau erfolgreich an den Start zu bringen: „Sketch History“ erhielt nicht nur gute Kritiken, sondern stieß auch bei den Zuschauern auf Gegenliebe. Jan Böhmermann fristet sein Dasein hingegen weiterhin im Hauptprogramm noch hinter „Aspekte“ und „heute+“ und bleibt damit so unsichtbar wie möglich für den klassischen ZDF-Zuschauer. Noch ein Neuzugang in Sachen Lachen: „Mann, Sieber!“, das sich bislang ziemlich durchwachsen schlägt - allerdings auch auf dem seltsamen Dienstags-Sendeplatz ran muss, auf dem zwar auch die „Anstalt“ beheimatet ist, aber auf dem trotzdem wöchentlich die Programmfarbe wechselt.

Während im Programmschema des ZDF allgemein wenig Bewegung war, gab’s zuletzt vor allem am Wochenende größere Änderungen. So läuft der „Fernsehgarten“ nun 50 Minuten später. Es war das Eingeständnis, dass diesem alteingesessenen Flaggschiff die Konkurrenz durch das verlängerte „Immer wieder sonntags“ im letzten Jahr mehr schadete als man das für möglich gehalten hätte. Es ist dem ZDF hoch anzurechnen, dass man sich uneitel gab, die weitere Konfrontation vermied und der Mross-Konkurrenz einfach auswich. Den Quoten des „Fernsehgartens“ hat das sehr gut getan - und einen der beiden eher mau laufenden Dokusoap-Sendeplätze am Sonntagnachmittag konnte man so auch elegant entsorgen. Dort war einst übrigens der vielleicht größte Erfolg des ZDF entstanden: „Bares für Rares“ hat den ZDF-Nachmittag mit einer Wucht in Schwung gebracht, wie man das wohl selbst kaum erwartet hatte. Die von Horst Lichter präsentierte Show eilte zuletzt von Rekord zu Rekord, konnte schon mehrfach das einst uneinholbar scheinende „Sturm der Liebe“ auf die Plätze verweisen und zog sogar die „Küchenschlacht“ mit nach oben. Und mehr noch: Auch bei den jüngeren Zuschauern kann die Trödelshow punkten, zuletzt häufig mit zweistelligen Marktanteilen bei den 14- bis 49-Jährigen. Und das ist fürs ZDF ja wie beschrieben die schwierigste aller Aufgaben.