Der Produzenten-Mark ist in diesem Jahr kräftig in Bewegung gewesen: Im DWDL.de-Produzenten-Ranking hat sich Talpa Germany  an die Spitze geschoben und UFA Show & Factual und Endemol Shine Germany auf die Plätze zwei und drei verdrängt. Aber auch dahinter hat sich einiges getan: Brainpool kämpft im ersten Jahr nach Stefan Raab um neue Aufträge und Netflix und Amazon haben den Markt betreten. Wiedemann & Berg produziert "Dark" für Netflix und Matthias Schweighöfer steht mit seiner Company Pantaleon Entertainment AG, Warner Bros. Entertainment und Warner Bros. International Television Production Deutschland hinter "You Are Wanted", der ersten deutschen Eigenproduktion von Amazon.

Wie sich die Serien beim Publikum und den Kritikern schlagen werden, wird sich im kommenden Jahr zeigen. Der Trend geht aber ganz klar hin zu mehr neuen Anbietern, die auf originäre Inhalte setzen. Und so spricht Johannes Züll, Geschäftsführer von Studio Hamburg, von einem "fantastischen Jahr". Züll: "Fernsehen begeistert alle Zielgruppen mehr denn je, nicht mehr nur linear, sondern eben auch auf SVoD-Plattformen und in den Mediatheken. Die Nachfrage nach deutscher Fiktion steigt." Gillad Osterer, Managing Partner bei SEO Entertainment, sagt, 2016 war ein Jahr, das von Mut geprägt war. "Bei vielen Sendern sind Menschen noch stärker "an die Macht" gekommen, die außergewöhnliche Ideen und Sendungen gewollt und dann auch umgesetzt haben." Außerdem spüre er eine "außergewöhnliche Innovationsbereitschaft" bei den Sendern.


Nico Hofmann, Co-CEO der UFA, sagt, 2016 sei das Jahr des internationalen Durchbruchs für die UFA gewesen. Das hat nicht zuletzt auch mit der Auszeichnung für "Deutschland 83" mit dem iEmmy als beste Serie zu tun. Hofmanns Geschäftsführer-Kollege Wolf Bauer spricht von einem "Paradigmenwechsel". Bauer: "Deutsche Programme wurden sehr viel stärker als bisher in der Welt wahrgenommen." Das erzeuge nun aber auch hohe Erwartungen an das, was als Nächstes kommt. Bauer verweist aber auch auf die vielen langlebigen Marken, die die UFA im Portfolio hat und sie sich in diesem Jahr gut am Markt halten konnten. "Wir haben in den vergangenen Jahren 25 langlebige Marken und Formate aufgebaut. Sie bilden eine solide Basis für zukünftiges Wachstum." Hofmann glaubt an eine gute Entwicklung im kommenden Jahr: "Es herrscht derzeit eine große Aufbruchstimmung in der Branche. Die Stimmung ist sehr gut."

Kritische Worte kommen von Regina Ziegler, Geschäftsführerin von Ziegler Film. 2016 sei sicher kein schlechtes Jahr gewesen, so die Produzentin. Gerade auch wenn man sich anschaut, wie gut Deutschland in diesem Jahr bei den iEmmys abgeschnitten hat. "Aber man wird auch sagen müssen: die Neuigkeiten haben gefehlt. Es gibt noch immer zu viele Krimis, die sich gegenseitig auf den Füßen stehen und die Entwicklung anderer Genres behindern", sagt Ziegler. Auch an langlaufenden Familienserien würde es fehlen und die großen politischen Fragen dieser Zeit, etwa Rechtsextremismus, Populismus und Digitalisierung würden nicht genug vorkommen. Es werde zunehmend schwieriger, für die verfügbaren Budgets Qualität zu liefern. "Ich will damit sagen: die Luft ist nicht schlecht, aber es bleibt noch Luft genug nach oben."

Jobst Benthues, Geschäftsführer Red Seven Entertainment, ergänzt: "In Sportjahren ist es meist ein wenig schwieriger, neue Entertainment-Formate zu etablieren." RedSeven hat in diesem Jahr dennoch unter anderem mit "Superkids" und "Kiss Bang Love" neue Shows gestartet und viele weitere, bereits bestehende Formate um eine neue Staffel verlängert. Aber auch auf Corporate-Media-Seite gab es Neues in diesem Jahr: "Wir haben erstmals mit McDonalds zusammengearbeitet und mit der Live-Produktion "Big Mac TV" über 6 Mio Zuschauer erreicht", sagt Benthues. Endemol-Shine-Chef Marcus Wolter spricht von einem "kreativen und lebendigem" Fernsehjahr "ohne bahnbrechende neue Impulse". 

Deutsche Programme wurden sehr viel stärker als bisher in der Welt wahrgenommen.

Wolf Bauer

Christian Franckenstein, Geschäftsführer der Bavaria Film, verweist in seinem Rückblick auf das Jahr nicht nur auf den intensiver werdenden Wettbewerbs zwischen den Free-TV-Sendeanstalten und den neu hinzu kommenden Plattformen wie Amazon und Netflix. "Aus Sicht eines Studiobetreibers haben wir eine erfreuliche Entwicklung bei der Nachfrage unserer Infrastruktur-Kapazitäten zu verzeichnen." Im Unterhaltungsbereich sei eine "Back-to-Studio"-Tendenz zu erkennen. "Das stimmt uns auch für die nähere Zukunft durchaus optimistisch." Befeuert wurde dieser Branchen-Trend unter anderem auch durch die Wiederauflage einiger Gameshows bei RTLplus, die im kommenden Jahr fortgeführt werden. Die Bavaria-Studios selbst werden vor allem durch ProSiebenSat.1 und RTL II ausgelastet.

Welche Hausaufgaben stehen an?

Doch trotz des überwiegend positiven Resümees, die Branche steht auch vor großen Herausforderungen. "Wir müssen weiter ‘diversifizieren’, also Produktionsbudgets so organisieren, dass das Produkt auf den verschiedenen Plattformen abgespielt werden kann", sagt etwa Regina Ziegler. Dass ein Produzent nur ein Produkt für lediglich einen Sender anbietet, wird es in Zukunft so wohl nicht mehr geben. "Der Produzent von (über)morgen wird ein Produktbündel anbieten, dessen Teile sich gegenseitig stützen."