Liebes Vox,
Du hast Dich verdammt gut gehalten – und das nach einem Vierteljahrhundert! In einem gesättigt-rückläufigen Markt bist Du noch immer auf Wachstum programmiert. Bis heute sagen etliche Zuschauer in Umfragen, irgendwie seist Du das öffentlich-rechtlichste unter den kommerziellen TV-Programmen. Obwohl Du einst Daniela Katzenberger auf die Menschheit losgelassen hast. Mag sein, dass das auf Deinen Gründungsmythos als Informationssender zurückgeht. Freilich hast Du mit dem Vox von vor 25 Jahren kaum noch etwas gemein.
Wenn ich an Vox denke, kommen mir sofort drei Bilder in den Kopf: Dieter (so hieß er damals noch) Moor, der vor einer Testbild-Kulisse steht und eine Art verfilmtes DWDL moderiert. Senderchefin Anke Schäferkordt, die im roten Kleid auf der Telemesse mit Vermarktungschef Walter Neuhauser „Somethin‘ Stupid“ schmachtet. Und fünf Jugendliche, die am Krankenhausbett den guten Geist Hugo mit „Heroes“ zurück ins Leben singen. Aber alles der Reihe nach.
Gegen das Scheitern und die Krisen Deiner Anfangsjahre wirken selbst die schlimmsten „Goodbye Deutschland“-Auswanderer-Schicksale harmlos. Die Ambitionen waren hoch, die Konstellation der Gründer nicht ganz unkompliziert, als Du unter dem Arbeitstitel „Westschienenkanal“ geplant wurdest. Größter Gesellschafter war eine Beteiligungsfirma von WestLB, Stadt- und Kreissparkasse Köln sowie den Kölner Stadtwerken. Hinzu kamen Bertelsmann, der Süddeutsche Verlag, der Holtzbrinck-Verlag und die dctp. Ausführliche Nachrichten, anspruchsvolle Magazine und Talks bildeten das Ursprungskonzept. Bei den Öffentlich-Rechtlichen wurden Köpfe wie Ruprecht Eser als Programmdirektor oder Wibke Bruhns als Anchorwoman abgeworben.

Rupert Murdoch als Retter in der Not
Also wurden viele Eigenproduktionen durch US-Uraltserien ersetzt. Es nutzte alles nichts. Im Frühjahr 1994 waren nahezu alle Geldgeber mit Ausnahme von Bertelsmann abgesprungen. Du standest zur Liquidation, wir bekamen nur noch ein Notprogramm zu sehen. Um ein Haar wäre aus Dir RTL3 geworden, als die damals noch nicht zu Bertelsmann gehörende RTL-Mutter CLT einsteigen wollte. Doch es kam anders. Rupert Murdoch erschien als Retter in der Not, übernahm die Mehrheit und brachte frische Serienware wie „Ally McBeal“ mit. Auch der französische Pay-TV-Konzern Canal+ hielt fünf Jahre lang ein Viertel Deiner Anteile. Es starteten jede Menge Reise-, Natur- und Tier-Dokus, die Dein Image über lange Zeit prägen sollten.

Todkranke Jugendliche als Popkultur-Helden
In der Logik des Privatfernsehens gehörst Du zur sogenannten zweiten Sendergeneration, zusammen mit RTL II und kabel eins. Die hast Du nachhaltig abgehängt – qualitativ wie quantitativ. Selbst Sat.1 und ProSieben bist Du tendenziell immer gefährlicher geworden. Unter Frank Hoffmann, inzwischen Chef Deines großen Bruders RTL, wurden Spielfilme und US-Serien ein bisschen unwichtiger, der Siegeszug der Eigenproduktionen begann.
Seit Bernd Reichart vor fünf Jahren das Vox-Zepter übernommen hat, gilt das umso mehr. „Sing meinen Song“ bewies, dass Musik im Fernsehen auch ohne Casting-Dramen klappen kann; „Die Höhle der Löwen“, dass Start-up-Ideen als Entertainment-Inhalt taugen; „Club der roten Bänder“, dass todkranke Jugendliche Popkultur-Helden werden können.

Also: herzliche Glückwünsche und auf die nächsten 25!