Foto: Photocase/derfabseVielleicht aber ist das Thema auch ein schönes Beispiel dafür, wie die abendlichen TV-Nachrichten die Deutungshoheit eines Nachrichtenthemas längst verloren haben. Waren sie es einst, die den Tageszeitungen am nächsten Tag zuvor kamen, müssen Sie jetzt damit leben, dass etwa "Spiegel Online" und "Bild.de" schon über den Tag hinweg im Internet das entscheidende Tagesthema setzen können, dem sich die Öffentlich-Rechtlichen dann an diesem Montag ganz und gar hingegeben haben.
 
Verstörend ist in diesem Zusammenhang das bescheidene Selbstverständnis des neuen ZDF-Chefredakteurs Peter Frey. Auf den ZDF-eigenen Mainzer Tagen der Fernsehkritik wurde er von Moderatorin Corinna Emundts, Redakteurin bei tagesschau.de, am 22. März gefragt: "Herr Frey, ist es eigentlich auch so, dass 'heute' beeinflusst ist von dem Tagesschäft, d.h. wenn 'Spiegel Online' eine Meldung aufbläst über den Tag, dann hat sie mehr Chancen abends in ihrer Hauptnachrichtensendung zu landen?"
 

 
Und dann die Antwort des neuen ZDF-Chefredakteurs, die für erstaunte Gesichter im Fachpublikum sorgte: "Absolut. Da sind wir keine Ausnahme. Und zwar weder auf der Seite derjenigen, die Sendungsinhalte bestimmen, also der Redaktion hier in Mainz. Und natürlich beeinflusst das auch die Wahrnehmung des politischen Tages bei den Korrespondenten in Berlin." Das dem so ist verwundert dabei weniger als die Tatsache, dass es offen ausgesprochen wird.

Auch an diesem Montag schien man sich weniger Gedanken um eine eigene Deutung der Nachrichtenlage zu machen als sich einfach nach "Spiegel Online" und "Bild.de" zu richten. Dabei sollte man meinen, dass der Anspruch an die Themengestaltung beim ZDF höher liegt. Vielleicht aber herrscht im Umfeld der Fußball-Weltmeisterschaft einfach auch nur wieder der Ausnahmezustand, wie während der Fußball-EM 2008  als die ARD bekanntlich mit ihren Grafik-Pannen für Schlagzeilen sorgte.

Bemerkenswerter war damals allerdings noch die Erklärung, wie es dazu kommen konnte. "Der CvD hätte es sofort gesehen, wenn ja wenn nicht genau zu diesem Zeitpunkt auf einem der vielen Bildschirme in der Regie die Russen das erste Tor gegen die Niederlande geschossen hätten. Da gingen kurz die Blicke hin", erklärte ARD Aktuell-Chefredakteur Thomas Hinrichs damals im Tagesschau-Blog. Bei Fußball-Events geht die Leidenschaft für den Sport offenbar also auch mal mit den öffentlich-rechtlichen Journalisten durch.

Am Ende dieser Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob das Thema wirklich Sondersendungen wert war, steht vielleicht keine wirkliche Erkenntnis. Nur die leichte Sorge, dass sich ARD und ZDF beim Nachrichtengeschäft inzwischen fremdsteuern lassen und nicht über dem aufgeregten Nachrichtengeschäft stehen - sondern mitspielen und zwar so wie es die sonst kritisierten Privatsender auch tun. Irgendwie habe ich immer etwas mehr erwartet, wenn es von ARD und ZDF kommt.