"Standing ovations, weinendes Studiopublikum und schluchzende Geigen als Hintergrundmusik. Sonst merkt der Zuschauer zuhause eventuell gar nicht, dass er jetzt heulen soll." So beschrieb Thomas Gottschalk gerade im DWDL.de-Interview die "neue Welt der Fernsehens", wie er, der erfahrene Live-Gastgeber, die schwer in Mode geratenen Schnitte in aufgezeichneten TV-Shows nennt. Während seiner kurzen Zeit beim "Supertalent" hat Gottschalk einst nicht allzu gute Erfahrungen damit gemacht. "Aber diesmal können sie mich nicht rausschneiden", erklärte er optimistisch mit Blick auf seine neue Sat.1-Sendung.

Das ist aber auch schon das einzige, das für den Schnitt bei "Little Big Stars" spricht – jener Show, in der kleine Talente ganz ohne Jury und Gewinner-Kür zeigen können, was sie drauf haben. Leider wirkt es, als habe man nicht nur auf der Bühne auf den Nachwuchs gesetzt, sondern auch im Schneideraum. Vielleicht muss man dem zuständigen Cutter nicht gerade – wie es Oliver Kalkofe bereits forderte – beide Hände brechen; einen Strauß Blumen als Entschuldigung sollten Sat.1 und die Produktionsfirma Warner Bros. aber gewiss nach Malibu schicken, denn das, was man hier in der Nachbearbeitung fabrizierte, war einer großen Primetime-Show gewiss nicht würdig. 

Keine Frage: Wer bei einer der vielen Aufzeichnungen dabei war, konnte schon ahnen, dass im Nachgang einige Scheren-Einsätze notwendig sein würden, um eine stimmige Show zu kreieren, schließlich bedurfte es mitunter einige Minuten, bis die Kids auf dem großen roten Sofa an der Seite des schillernden Moderators auftauten. Und auch Gottschalk selbst benötigte bisweilen etwas Anlaufzeit. Den abenteuerlichen Schnitt entschuldigt all das aber freilich nicht. Nicht selten wirkte es so, als habe ein Arzt bei der Operation anstelle des feinen Skalpells ein amtliches Fleischermesser verwendet.

Schon in den ersten Minuten wollten kaum ein Applaus oder Lacher zu dem passen, was man da gerade auf der Bühne sah. Das trübte die Freude an der Sendung vor dem Fernseher sehr. Erst recht, weil sich Thomas Gottschalk als idealer Präsentator für die deutsche Adaption des US-Showhits entpuppte. Wie kein Zweiter versteht er es, sich den kleinen Gästen auf Augenhöhe zu nähern. Er scheut nicht davor zurück, jeden Spaß mitzumachen, lässt sich in den Haaren herumwuscheln, packt sich ein goldenes Schleifchen auf den Kopf und lässt sich auf ein Klavier-Terzett ein ("Ich habe schon mit Lang Lang gespielt, aber noch nicht mit Kurz Kurz").

Little Big Stars© Sat.1/Willi Weber

Einer der Höhepunkte ist der Auftritt des 5-jährigen Turners Ali, der zunächst nicht allzu gesprächig ist und jede Frage mit Ja beantwortet – selbst wenn das, wie bei der Frage nach seinem Wohnort, überhaupt gar keinen Sinn ergibt. Erst als Thomas Gottschalk eine Tüte Gummibärchen organisiert, taut er doch noch auf. Dass sich Sat.1 nicht alleine auf deutsche Talente verlässt, sondern zur Sicherheit auch einige "Little Big Stars" aus dem Ausland einfliegen lässt, ist indes nicht weiter schlimm, zumal es sich als schöner Kniff erweist, andere Kinder als Dolmetscher einzusetzen.

Die Zutaten für eine unterhaltsame Show waren also gegeben. Umso ärgerlicher, dass die Premiere von "Little Big Stars" vom Schnitt an vielen Stellen derart verunstaltet wurde, dass man sich regelrecht dazu zwingen musste, nicht umzuschalten. Bei den noch ausstehenden beiden Folgen wäre Sat.1 daher gut beraten, noch einmal Hand anzulegen. So etwas hat Thomas Gottschalk nämlich nicht verdient.

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