Im Vergleich zu seinen Kollegen ist der ehemalige “Saturday Night Live”-Komiker Bill Hader mit seiner neuen Comedy "Barry" mit etwas Verzug im Genre aufgeschlagen. 2010 startete die Dramedy "Louie" von Stand-Up-Comedian Louis C.K., 2015 folgte die Netflix-Serie "Master of None" von Aziz Ansari und 2016 erschienen Zach Galifianakis "Baskets" und Donald Glovers "Atlanta". Allesamt wurden nicht nur in weitere Staffeln geschickt, sondern auch von der Kritik gefeiert. Damit wurde der Druck für Hader nicht gerade kleiner. Die größte Schwierigkeit für die HBO-Comedy liegt jedoch nicht darin, witzig zu sein. Hader und Co-Autor Alec Berg ("Seinfeld") mussten ein ebenso einzigartiges Grundgerüst schaffen, wie es bereits Louis C.K. und Co. taten. Heraus kam ein depressiver Killer, der nichts mehr möchte, als Schauspieler zu werden.

"Wenn du ein neues Hobby brauchst, dann fang doch an zu malen!", wird Barry (Bill Hader, “Superbad”) von seinem wohl einzigen Freund Fuches (Stephen Root, “Get Out”) geraten. "Hitler hat gemalt. John Wayne Gacy hat gemalt!" Während ein Ratschlag mit solch einer Formulierung bei den meisten Menschen etwas seltsam ankommen würde, passt sie bei Barry wie die Faust aufs Auge. Der auf den ersten Blick wie ein Durchschnittstyp daherkommende Amerikaner hat als Marine nämlich nicht nur ausreichend Erfahrung in Afghanistan gesammelt, seine Brötchen verdient er mittlerweile als Auftragskiller, der sich für nichts zu schade ist. Fuches ist ein Freund seines Vaters, der sich um seine Auftragsbeschaffung kümmert, sowie die Buchhaltung führt. Durchgehend scheint es so, als es ob es ihm auch persönlich Spaß machen würde, ihn zum Morden anzustiften. 

Als die tschechische Mafia Barry und seine Fähigkeiten nach Los Angeles bringt, stellt der Killer jedoch fest, dass mehr in ihm steckt als Gewalt. Seine neue Zielperson ist eine Schauspielschülerin, die unter den Fuchteln des strengen Gene Cousienau (Henry Winkler, "Royal Pains") Monologe aus Kinofilmen einstudiert, um besser zu werden. Durch eine Verknüpfung mehrerer Zufälle landet Barry plötzlich selbst auf der Bühne und merkt schließlich, dass er so etwas wie Freude empfindet. Etwas, dass er in seinem alten Job schon lange nicht mehr hatte. 

Dies ist eine Geschichte, die auf den ersten Blick auch das Potenzial gehabt hätte, von einem wie dem "Fight-Club"-Regisseur David Fincher inszeniert zu werden. "Barry" wird von einer tiefen Traurigkeit bestimmt, die eine menschliche Mischung aus witzig und deprimierend in sich trägt. In Zeiten von "Seinfeld" und "Curb Your Enthusiasm" ging es bei Comedy-Serien noch hauptsächlich darum, den Zuschauer gefälligst zum Lachen zu bringen. Bei "Barry" wird einmal mehr deutlich, dass die heutigen Produktionen in eine etwas andere Richtung steuern. Es geht nicht nur darum, Lacher zu ernten, sondern vor allem darum, zum Nachdenken anzuregen.

Dafür überspringen Bill Hader und Alec Berg jegliche Sentimentalität und kommen immer direkt zur trockenen Pointe: Barry ist ein Mann ohne Persönlichkeit, der nie Anstalten macht, dem Zuschauer gefallen zu wollen. Ein deutsches Beispiel für dieses Vorgehen wäre die von Talpa Germany produzierte Comedy "jerks”. Fahri Yardim und Christian Ulmen spielen wahrlich keine Sympathieträger und noch weniger achten sie darauf, Witze feinfühlig zu verpacken. Doch durch genau diese Antiheld-Haltung, wirkt das Ganze auf eine verschrobene Art schon wieder sympathisch.

Während bei "jerks” jedoch klar ist, dass der Witz aus dem skrupellosen Fäkal-Humor kommt, fällt die Spurensuche bei "Barry" schwerer. Die Erzählung des unbehandelten PTSD-Kriegsveteranen, der emotionslos Menschen für Geld tötet und nun endlich wieder Hoffnung in seinem alptraumhaften Leben findet, ist mancherorts zutiefst komisch. Nicht zum Brüllen witzig, sondern skurril lustig. Hader erzählt in einem Podcast mit Marc Maron, dass er so viel Zeit damit verbrachte, "Barry" zu produzieren und zu koordinieren, dass er beinahe vergessen hätte, seinen Protagonisten komplett auszuformulieren. Womöglich ist es diese bizarre Schablone eines Killers, mit dem sich die Zuschauer identifizieren können. Nicht, weil wir alle von Beruf aus Menschen umbringen. Jedoch standen wir schon alle mal an dem Punkt, an dem wir nicht wussten, wie es im Leben weitergehen soll.

Barry findet seinen Sinn des Lebens schließlich in der Schauspielerei, wird jedoch von seiner Umgebung davon zurückgehalten, einfach glücklich zu sein. "Wir alle schauspielern in unserem täglichen Leben”, steht in Cousienaus Ratgeber, den Barry selbst dann liest, während er gerade sein nächstes Opfer außer Gefecht setzt. Und so muss Barry in jeder Facette seines Lebens schauspielern, um seinem Ziel näher zu kommen. Ob der Zuschauer am Ende den richtigen Barry zu sehen bekommt, oder nur eine seiner Darstellungen, muss er für sich selbst entscheiden. Genauso wie die Frage, ob das Ganze nun mehr Comedy war, oder Lebenshilfe.

Die acht Folgen der ersten Staffel der HBO-Comedy "Barry" sind immer dienstags um 23 Uhr auf Sky Atlantic HD zu sehen. Anschließend stehen die Episoden dann auch zum Abruf bei den diversen Streaming-Angeboten von Sky zur Verfügung.