Landesmedienanstalten rügen mehrere Fernsehsender
Die Gemeinsame Stelle Jugendschutz, Programm, Medienkompetenz und Bürgermedien (GSJP) der Landesmedienanstalten prüfte u.a. die von RTL 2 produzierte Animationsserie "D.I.A. Show", die aus einer Reihe von Kurzepisoden von wenigen Minuten Länge besteht. In den Episoden, die im Vorabendprogramm ausgestrahlt wurden, werden politische und gesellschaftliche Missstände wie Ausländerfeindlichkeit, Drogenkonsum oder Gentechnik auf provokative Weise, mit Mitteln der Satire und Ironie, thematisiert.So ist die Hauptfigur Adi in Aussehen und Einstellungen eine Parodie auf Adolf Hitler. Jeweils am Ende der Geschichten erfolgt eine Auflösung durch Bestrafung Adis für sein Fehlverhalten. Ein erklärender Kontext der Kurzepisoden, etwa durch An- oder Abmoderation, fehlt jedoch. Diese Art der unvermittelten Auseinandersetzung mit derartigen Themen erschwert für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren das Verständnis des Geschehens erheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie die extremen Äußerungen der Figuren wörtlich nehmen, sich daran orientieren und die versteckt enthaltene Sozialkritik verkennen.
Die GSJP empfahl der für RTL2 zuständigen Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen), rechtsaufsichtliche Maßnahmen gegenüber dem Veranstalter zu ergreifen. Für alle zukünftigen Ausstrahlungen von Episoden der "D.I.A. Show" wurde außerdem eine Sendezeitbeschränkung für nach 22.00 Uhr ausgesprochen.
Ebenfalls bei RTL2 aufgefallen war die Ausstrahlung einer Programmankündigung im Rahmen der nachmittäglichen Kinderschiene am 15.04.02 zu dem FSK-12-Spielfilm "Enthüllung", der im Hauptabendprogramm gezeigt wurde. Die GSJP kam zu dem Ergebnis, dass der Trailer aufgrund seiner schnellen Schnittfolge und der unzusammenhängenden, bedrohlichen Handlung Kinder, mit denen als Zuschauer im Tagesprogramm zu rechnen ist, verwirren und ängstigen kann. Die Ausstrahlung des Trailers im Nachmittagsprogramm war somit als Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen zu bewerten. Die GSJP empfahl daher der zuständigen LPR Hessen, rechtsaufsichtlich tätig zu werden.
Weiterhin prüfte die GSJP eine Sendung im Programm von Pro Sieben: Der von der FSK nicht geprüfte Trailer zu dem FSK-12 Film "The American Werewolf" wurde am 04.02.2002 im Tagesprogramm ausgestrahlt. Darin wird eine Aneinanderreihung von Gewalt-Szenen mit Schockelementen präsentiert, die - auch aufgrund der schnellen Schnitte - auf jüngere Zuschauer unter 12 Jahren nachhaltig ängstigend wirken können. Entspannungsphasen sind nicht gegeben, zudem wird der Zuschauer unvermittelt mit den horrorfilmartigen Elementen konfrontiert. Da aufgrund der Kürze des Trailers auch keine filmische Einbettung der Gewaltszenen in eine Handlung erfolgen kann, ist eine Beeinträchtigung für Kinder unter 12 Jahren nicht auszuschließen.
Die GSJP empfahl der zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), rechtsaufsichtlich tätig zu werden. In drei Fällen prüfte die GSJP Formalverstöße gegen die Sendezeitbeschränkungen. Dabei handelte es sich durchwegs um Sendungen mit einer FSK-Freigabe ab 16 Jahren, die statt im Spätabendprogramm im Hauptabendprogramm ausgestrahlt wurden: Am 26.03.2002 zeigte Kabel 1 den Historienfilm "1492 - Die Eroberung des Paradieses" in der ungeschnittenen Originalfassung. Am 03.06.2002 strahlte Tele 5 den Thriller "Mord in der Dämmerung" aus. Am 06. bzw. am 09.06.2002 strahlte Premiere insgesamt drei Folgen der amerikanischen Comedy-Serie "Sex and the City" ohne Jugendschutzvorsperre aus.
In sämtlichen Fällen lagen keine Ausnahmegenehmigungen entsprechend den Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag vor. Damit haben die jeweiligen Veranstalter gegen die Jugendschutzbestimmungen verstoßen. Die GSJP empfahl der zuständigen Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), rechtsaufsichtlich tätig zu werden.
Bei zwei weiteren Sendungen kritisierte die GSJP einige Aspekte, die jedoch unterhalb der Grenze zum Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen eingestuft wurden.
In einem Beitrag der Sendung "Clip Mix" im Nachmittagsprogramm von Pro Sieben wurde am 10.05.2002 ein kurzer computeranimierter Film präsentiert, in dem eine Maus sich in eine Computer-Maus verwandelt, nachdem sie in ein Mikrowellen-Gerät gesetzt wurde. Nach Einschätzung der GSJP erkennen Jugendliche, denen der Umgang mit Computer und Internet vertraut ist, den fiktiven und nachgestellten Charakter dieses Clips. Jüngere Kinder könnten dagegen jedoch den Eindruck erhalten, eine lebende Maus werde in die Mikrowelle gesteckt und verbrenne anschließend, wodurch eine kurzfristige Ängstigung nicht auszuschließen ist. Da kurze Zeit später jedoch die Auflösung der Szene erfolgt, sind keine nachhaltigen Beeinträchtigungen für Kinder zu befürchten. Die GSJP empfahl der zuständigen MABB, den Veranstalter auf die spezifische Problematik hinzuweisen.
Beim Pilotfilm zur Serie "Wilde Engel", deren Fortführung bei RTL im nächsten Jahr vorgesehen ist, überprüfte die GSJP zum einen, ob Beleidigungstatbestände des Strafgesetzbuches in Verbindung mit dem Rundfunkstaatsvertrag vorliegen. Die diesbezügliche Beschwerde, der Film verunglimpfe das Ansehen der Bundeswehr, wurde aber als unbegründet angesehen. Der Film siedelt im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen Gut und Böse Soldaten unter anderem auch auf der Seite der Kriminellen an. Dies ist als Ausdruck künstlerischer Freiheit zu sehen und stellt keine üble Nachrede, Verleumdung oder Beleidigung der deutschen Bundeswehr dar. Zum anderen überprüfte die GSJP den Film, der im Hauptabendprogramm ausgestrahlt wurde, hinsichtlich der Jugendschutzbestimmungen. Bei dem action- und temporeichen Pilotfilm fallen einige Gewaltszenen auf, die zwar unterhalb der Grenze zum Verstoß bleiben, mit Blick auf die zukünftige Ausstrahlung der Serie jedoch zu problematisieren sind. Hier empfahl die GSJP der zuständigen Niedersächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk (NLM), den Veranstalter schriftlich auf die Problematik hinzuweisen.
Die GSJP befasste sich außerdem intensiv mit der populären japanischen Zeichentrickserie "Dragon Ball Z" (RTL2), die seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird. "Dragon Ball Z" wurde dabei insofern kritisch bewertet, als Kampfkraft, Kämpfe und Gewalt zentrale Themen sind, Gewalt durchgehend als Konfliktlösungsmittel eingesetzt wird, und eine aggressive Grundstimmung vorherrscht. Bei den verschiedenen Folgen sind jedoch Unterschiede in der Gewaltausprägung festzustellen. So weisen manche Folgen auch ein geringes Gewaltniveau auf. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Sendezeitverlegung des gesamten Formats wurden somit von der GSJP als nicht erfüllt angesehen.