Alle Jahre wieder holt der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma zum Rundumschlag gegen die Medienbranche aus. In einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Mittwoch war es nun wieder einmal so weit. Vorgeknöpft hat er sich vor allem Bertelsmann, den Mutterkonzern der RTL Group, mit dem er allerdings auch noch eine Rechnung offen hat. Er sei schon "überrascht über das Ausmaß an Undankbarkeit, die in keinem Verhältnis zu den erwiesenen Wohltaten und Leistungen, die ich für Bertelsmann erbracht habe, steht", gab er in Anspielung an ein Karl Kraus-Zitat zu Protokoll.
Er erwarte von Bertelsmann ein größeres Verständnis für RTL. Bertelsmann sehe seine TV-Tochter ausschließlich als "Geldablieferungsmaschine". Thoma: "Derzeit versucht man, aus der RTL Gruppe auch den letzten Euro heraus zu holen; ich bin mir nicht sicher, ob dieses buchhalterische Verhalten dem Sender Nutzen bringt." Am besten wäre es seiner Meinung nach gewesen, wenn Bertelsmann RTL nach dem Börsengang vor zehn Jahren verkauft hätte. Die 13 Milliarden Euro Börsenwert hätte man dann in Firmen stecken können, die besser zu Bertelsmann passen, so der Ex-RTL-Chef.
Dass RTL trotzdem so gut dasteht liege - neben den mal wieder erwähnten, noch unter seiner Leitung gestarteten Dauerbrennern wie "GZSZ" - auch an der Schwäche der Konkurrenz. ProSiebenSat.1 wolle schließlich auch "nur Geld rausholen" und verstehe "überhaupt nichts vom Fernsehgeschäft". Insgesamt sei die deutsche Fernsehlandschaft "wirklich enorm verarmt". Privates und öffentlich-rechtliches Fernsehen würden um völlig unterschiedliche Zuschauergruppen kämpfen und im Bereich der 14- bis 49-Jährigen bestehe ein Duopol durch die beiden großen Sendergruppen.
"Es besteht ja gar kein Konkurrenzinteresse mehr. Unter zweien kann man sich herrlich einigen." Um das wieder zu ändern, regt er an, die gesetzliche Grenze beim Zuschauermarktanteil von derzeit 30 schrittweise auf 20 Prozent zu senken. "Dann wären die beiden Konzerne gezwungen, sich einzuschränken. Es würde ein dritter oder vierter Anbieter entstehen, und es würde wieder Leben in die Fernsehlandschaft kommen", ist Thoma überzeugt.