Die von der CDU-Riege verhinderte Vertragsverlängerung für den ehemaligen ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender ist schon wieder etwas aus dem Blick geraten, da wirft das Vorgehen der CDU erneut ein Schlaglicht auf den großen Einfluss, den die Politik nach wie vor beim ZDF hat. Der "Spiegel" hatte am Wochenende berichtet, dass die "schwarze" Mehrheit im Programmausschuss Chefredaktion eine Ermahnung des Politmagazins Frontal 21 durchgesetzt hat. Vorwurf: Die Redaktion habe nicht ausgewogen genug über Schulpolitik berichtet. Schon in den Monaten zuvor habe es zudem "Frontal 21"-Redakteure mehrfach vor den Chefredaktionsausschuss zitiert worden.
Dieses Eingreifen ruft nun scharfe Kritik unter anderem beim politischen Gegner hervor. "Die Union gefährdet erneut die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", erklären Siegmund Ehrmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien, sowie Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. "Während wir in diesen Tagen die freie Berichterstattung einschränkenden Bestimmungen des ungarischen Mediengesetzes von deutscher und europäischer Seite aus zu Recht kritisieren, versucht die Union durch gezielte Einschüchterung eine unabhängige und kritische Berichterstattung zu unterbinden", heißt es weiter.
Daher sieht man sich in der Verfassungsklage, die man gegen den geltenden ZDF-Staatsvertrag eingereicht hat, bestätigt. "Nach unserer Überzeugung ist der ZDF-Staatsvertrag verfassungswidrig, weil die Zusammensetzung der Gremien der gebotenen Staatsferne widerspricht. Die jetzige Einmischung und Einschüchterung von Redaktionen seitens der Union ist nur ein weiterer Beleg dafür. Staatliche Vertreter dürfen keinen dominierenden Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausüben." Die SPD kritisiert damit gewissermaßen auch sich selbst - denn der Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrats ist SPD-Mann Kurt Beck.
In die gleiche Kerbe schlägt auch der Deutsche Journalisten-Verband DJV, der die CDU/CSU-Politiker in den ZDF-Gremien aufgefordert hat, sich nicht in die journalistische Arbeit einzelner ZDF-Sendungen einzumischen. "Das Vorgehen einiger Unionspolitiker gegen Frontal 21 steht leider in der unseligen Tradition, Einfluss auf das ZDF nehmen zu wollen", so der DJV-Bundesvorsitzende Konken. "Der aktuelle Fall unterstreicht die Notwendigkeit, den Einfluss der Politik auf das Zweite Deutsche Fernsehen zurückzudrängen. Das geht nur, wenn es künftig weniger Sitze für Politiker in ZDF-Gremien gibt."