Als Andreas Bartl bei seinem Abgang als Sat.1-Geschäftsführer den Ausspruch vom "Bestellten Haus" bemühte, sorgte das angesichts der weiterhin enttäuschenden Quoten noch für Verwunderung. Bei seinem Abschied als TV-Vorstand und Chef der deutschen Free-TV-Sendergruppe könnte er nun tatsächlich von jenem berüchtigten "Bestellten Haus" sprechen. Insgesamt stieg der Konzern-Umsatz 2011 nämlich um 6,0 Prozent auf 2,756 Milliarden Euro, das recurring EBITDA legte um 7,4 Prozent auf 850 Millionen Euro zu. Der bereinigte Jahres-Überschuss aus dem fortgeführten Geschäft stieg sogar um 12,4 Prozent auf 309,4 Millionen Euro.
Bezieht man auch noch die nicht-fortgeführten Aktivitäten mit ein, wurde gar ein bereinigter Konzernüberschuss von 685,3 Millionen Euro erzielt. Dieser Wert beinhaltet noch die Ergebnisbeiträge der verkauften Töchter in den Niederlanden und Belgien sowie den Verkaufsgewinn in Höhe von 335,8 Millionen Euro. Dieser Verkauf war für ProSiebenSat.1 äußerst wichtig: Er trug maßgeblich dazu bei, dass es gelang, die horrende Verschuldung des Konzerns endlich spürbar abzubauen. Zum 31. Dezember stand ProSiebenSat.1 noch mit 1,82 Milliarden Euro in der Kreide - verglichen mit 3,02 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Schon allein das sollte aufgrund niedriger Zinszahlungen die Ergebnisse der kommenden Jahre verbessern.
Ein Blick auf die einzelnen Segmente: Das Free-TV-Geschäft in Deutschland entwickelte sich nicht ganz so dynamisch wie der Gesamtkonzern - was mit Blick auf den Werbemarkt, der sich bereits im Jahr 2010 stark erholt hatte und 2011 daher deutlich an Dynamik verlor, aber auch nicht verwundert. Um 2,7 Prozent konnte hier der Umsatz trotzdem gesteigert werden, mit insgesamt 1,9 Milliarden Euro wurde also rund ein Drittel des Gesamt-Umsatzes im Segment "Broadcasting German-Speaking" erwirtschaftet. Dies gelang, ohne sich aus Kostensicht zu verausgaben: ProSiebenSat.1 vermeldet stolz, dass die operativen Kosten im TV-Geschäft "trotz höherer Umsätze nahezu stabil" geblieben seien.
Die Wachstumstreiber saßen anderswo: Der Umsatz im Segment "Broadcasting International" zog um satte 12,4 Prozent auf 565,2 Millionen Euro an. Vor allem die skandinavischen Sender entwickelten sich angesichts eines dort starken konjunkturellen Umfelds sehr gut. Der Bereich "Digital & Adjacent", in dem das Online-Geschäft aber auch die Einnahmen aus den "Media-for-Revenue- Share"- bzw. "Media-for-Equity"-Modellen, im Rahmen derer ProSiebenSat.1 Start-Up-Unternehmen Werbezeit gegen eine Umsatz- und/oder Unternehmensbeteiligung zur Verfügung stellt, zusammengefasst werden, stieg der Umsatz um 9,8 Prozent auf 254,3 Millionen Euro. Dass das Wachstum nicht stärker ausfiel, liegt an der Einstellung von 9Live. Rechnet man diese heraus, hätte das Wachstum sogar 28,7 Prozent betragen. Noch einen insgesamt eher geringen Beitrag zum Gesamtergebnis steuert der Bereich "Content Production & Global Sales" bei, also im wesentlichen die Red Arrow Entertainment Group. Der Umsatz betrug hier 2011 33,7 Millionen Euro. Doch es ist das derzeit am stärksten wachsende Geschäftsfeld von ProSiebenSat.1. Im Vergleich zum Vorjahr zog der Umsatz um fast 150 Prozent an.
Konzernchef Thomas Ebeling blickt optimistisch in die Zukunft. Das im Oktober letzten Jahres ausgegebene Ziel, zusätzliche Umsatzpotentiale in Höhe von 750 Millionen Euro zu erschließen, hält er weiter für erreichbar. "Schon jetzt haben wir rund 25 Prozent der angestrebten 750 Mio Euro erzielt und sind daher zuversichtlich, das gesamte Wachstumspotenzial bis 2015 zu realisieren. Wir werden die Vernetzung von TV mit unseren Online-, Pay- und mobilen Angeboten vorantreiben. Dank unserer exklusiven Games- Partnerschaft mit Sony Online Entertainment werden wir in der Wachstumssäule "Digital & Adjacent" in diesem Jahr einen deutlichen Schritt im weltweit am stärksten wachsenden Entertainmentsegment machen. In der Säule "Content Production & Global Sales" planen wir, mit der Red Arrow Entertainment Group in den wachstumsstarken asiatischen TV-Markt einzusteigen und werden in den nächsten Wochen eine Dependance in Hong Kong eröffnen. Die Medienindustrie befindet sich in einem Transformationsprozess. Wir sehen das als große Chance, die wir mit Unternehmergeist, Innovationskraft und exzellenter Umsetzung nutzen wollen."