Bertelsmann hält derzeit 92,3 Prozent der Anteile an der RTL Group, die seit vielen Jahren den Löwenanteil des Gewinns des gesamten Bertelsmannkonzerns beisteuert. Jahrelang gab es daher den Plan, auch die restlichen Anteile aufzukaufen und die RTL Group komplett zu übernehmen. Doch nun die Kehrtwende: Am Donnerstagabend kündigte Bertelsmann überraschend an, einen Teilverkauf seiner Anteile zu erwägen.

In jedem Fall wolle Bertelsmann aber weiter eine qualifizierte Mehrheitsbeteiligung an der RTL Group in Höhe von ungefähr 75 Prozent der Anteile behalten, da man "von der langfristigen Attraktivität des Fernseh- und TV-Produktionsgeschäfts überzeugt" sei. Doch warum will man sich dann teilweise von seinem mit Abstand profitabelsten Unternehmensbereich trennen? Offenbar braucht man bei Bertelsmann Geld, um die ehrgeizigen Wachstumsziele des Vorstandsvorsitzenden Thomas Rabe zu finanzieren.

Rabe erklärt per Pressemitteilung: "Falls es zu einem Anteilsverkauf kommt, sollen die Mittel zur Umsetzung der Konzernstrategie von Bertelsmann verwendet werden mit den vier strategischen Stoßrichtungen Stärkung des Kerngeschäfts, digitale Transformation, Auf- und Ausbau von Wachstumsplattformen und regionales Wachstum in aufstrebenden Märkten. Dadurch soll Bertelsmann in den nächsten Jahren wachstumsstärker, digitaler und internationaler werden."

Der Aufsichtsrat hat einem möglichen Anteilsverkauf, den Bertelsmann nur als eine von verschiedenen Optionen zur Finanzierung seiner Wachstumspläne bezeichnet, bereits grundsätzlich zugestimmt und den Vorstand ermächtigt, entsprechende Maßnahmen zu prüfen und unter bestimmten Bedingungen einzuleiten. Bislang gebe es aber keine finale Entscheidung, ob es zu diesem Anteilsverkauf kommt.

Bertelsmann möchte aber offenbar nicht nur durch einen Anteilsverkauf Geld einnehmen: Hinter dem schönen Satz "Die RTL Group wird darüber hinaus Möglichkeiten prüfen, die Effizienz der Kapitalstruktur der RTL Group weiter zu erhöhen" verbirgt sich nicht weniger als die Ankündigung, dass die RTL Group die Zahlung einer "außerordentlichen Dividende" prüfen werde - sprich eine zusätzliche Ausschüttung an die Aktionäre, allen voran also an Bertelsmann.

Unterdessen legte Bertelsmann auch vorläufige Geschäftszahlen für 2012 vor. Demnach konnte der Konzernumsatz 2012 von 15,4 auf 16 Milliarden Euro gesteigert werden. Der operative Gewinn (Operating EBIT) lag mit 1,7 Milliarden Euro in etwa auf Vorjahresniveau. Gleichzeitig konnten die Nettofinanzschulden von 1,8 auf 1,2 Milliarden Euro verringert werden.