Erst attackierten Anhänger von Borussia Dortmund und Schalke sein Auto, nun wurde Marcel Reif beim DFB-Pokalspiel zwischen Dresden und Dortmund mit Bechern beworfen. "Ich bin zu meinem Kommentatorenplatz gegangen. Plötzlich flogen Bierbecher an mir vorbei, und ich sah Leute über mir hinter der Glaswand. Die Gesichter waren hasserfüllte Fratzen, spuckend und geifernd. Solchen Hass habe ich ehrlich gesagt zuvor noch nicht erlebt", sagte Reif jetzt in einem Interview mit der "Welt". "Da ist mir wirklich angst und bange geworden, und ich musste mich beherrschen, dass mir nicht eine Reaktion herausrutscht, die niemandem hilft und die Situation noch mehr eskalieren lässt. Das war ein Erlebnis, nach dem ich sage: Jetzt ist Schluss, jetzt muss dagegen etwas getan werden!"


Wie Reif der dpa sagte, seien die Attacken und Drohungen aus der Dortmunder Ecke gekommen. Er forderte die Verantwortlichen des Klubs dazu auf, sich zu positionieren. "Stattdessen höre ich von Jürgen Klopp Sätze wie 'Der Reif findet in seinem Leben sowieso nichts mehr witzig', weil ich diesem Batman-und-Robin-Jubel von Aubameyang und Reus nicht toll fand. Das befeuert Entwicklungen, die ohnehin in die falsche Richtung gehen." Von Krawallmachern wolle er sich nicht diktieren lassen, wann er "diesen wunderbaren Beruf an den Nagel" hänge, so Reif in der "Welt". Den Grund für die jüngsten Entwicklungen sieht er in den sozialen Netzwerken. "Dort kann kann jeder anonym agieren, und so erlangen Dinge eine Wucht, die sie vorher nicht hatten."

Wenn Fans früher mal pöbelten, seien sie schnell wieder friedlich gewesen. "Jetzt spucken und pöbeln die Leute und machen dabei noch Fotos für Facebook. Da ist einiges ganz schön verrutscht", erklärte der Kommentator. Menschen würden so zu Unmenschen, weil es keine Hemmschwelle gebe. Zwar habe er sich schon vor vielen Jahren ein dickes Fell zugelegt. "Aber als ich nach dem Bierbecherwurf in die Gesichter geblickt habe, kroch ein Gedanke in mir hoch: Was ist, wenn mal einer dieser Verwirrten glaubt, er tut seinem Verein etwas Gutes, wenn er das Ganze noch ein bisschen mehr eskalieren lässt und einen meiner Kollegen oder mich körperlich attackiert. Wenn in Dresden nicht die Glasscheibe zwischen mir und diesen Typen gewesen wäre, hätte ich Angst um Leib und Leben gehabt"

Dass die wahre Ursache für die Angriffe, in seiner Art zu kommentieren liegen, glaubt Marcel Reif indes nicht. "Es sind ja nicht Tausende, die mich attackieren. In Dresden waren es einige Dutzend. Aber wenn denen nicht gesagt wird, dass es zu weit geht, was sie da treiben, wird es kritisch." Mit seinen beiden Söhnen würde er aktuell jedenfalls nicht ins Stadion gehen. "Wenn ich dort erkannt werde. Nein, das kann ich den beiden nicht antun." Derzeit frage er sich zudem, wie er in zwei Wochen beim Spiel zwischen Dortmund und Köln ins Stadion kommen werde. "Es gibt keinen anderen Weg zu meinem Arbeitsplatz als den, den ich am vergangenen Samstag genommen habe, als die Idioten an meinem Auto gerüttelt und mir gedroht haben", sagte der Kommentator im Interview mit der "Welt" und betonte, momentan "mit einem sehr unguten Gefühlt zur Arbeit" zu gehen.

Reif: "Da muss sich der Sicherheitsdienst etwas einfallen lassen. Vielleicht lasse ich mich irgendwo abholen und durch die Zuschauer geleiten. Bei dem freien Spiel der Kräfte, das derzeit herrscht, mag ich mir sonst nicht vorstellen, was geschehen könnte."

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