NBC Universal und das Ende einer deutschen Fernsehidee

Logo: NBC UniversalEs herrscht trügerische Ruhe nach der Neuorganisation des Free TV-Senders NBC Europe und der Einrichtung des digitalen Spartensenders für die "Giga"-Formate rund um Video- und Computerspiele. Aus NBC Europe wurde der Archivsender Das Vierte, der im Kabel derzeit von drei Stunden "Giga" sowie jeden Morgen vom Wirtschaftsfernsehen CNBC Europe unterbrochen wird.

Für NBC Universal Deutschland nur ein notwendiges Übel; der Umzug der nachmittaglichen "Giga"-Sendung nach Berlin nur eine Sparmaßnahme. Die bisherige Heimat der ehemals fünfstündigen Live-Sendung im Düsseldorfer Medienhafen, das "New Media Center" genannte Gebäude, sollte schon lange verkauft werden - es wurde ohnehin nie vollständig genutzt und bereits mehrfach teilweise vermietet.

Dass das 1998 erfundene TV-Format die Umwandlung von NBC Europe in Das Vierte überhaupt überlebte, hat einen einfachen Hintergrund. Noch ist das Format nötig, um den Kabelplatz von NBC Europe zu behalten, denn: Auch mit einer erteilten Zulassung für Das Vierte, ist unsicher ob der Sender in allen Kabelnetzen einen Platz finden wird. Rein rechtlich existiert im analogen Kabel deshalb weiterhin NBC Europe mit drei Stunden "Giga" am Nachmittag sowie Fensterprogrammen von CNBC Europe am Morgen und Das Vierte am Nachmittag und Abend.

Bis spätestens Frühjahr 2006 sollte der rechtliche Wechsel vollzogen sein. Zu diesem Datum ist das Schicksal des Internetfernsehens "Giga" besiegelt. Bei NBC Universal Deutschland hat man den Mietvertrag für das neue "Giga"-Studio in Berlin daher auch gleich nicht über den März 2006 hinaus verlängert, wie das Medienmagazin DWDL erfuhr. Drastischer noch: Für die Fußball-WM 2006 ist das Studio bereits teilweise anderweitig vermietet.

Neben dem Ende für die nachmittägliche Sendung steht auch die Mehrheit am digitalen Satelliten-Fernsehsender mit den "Giga"-Formaten "Giga Real", "Giga Games", "Giga Play" und "Giga eSports" zum Verkauf. NBC Universal Deutschland will sich weitestgehend aus dem erst im August gestarteten Sender zurückziehen. Erste Gespräche mit interessierten Käufern gab es bereits, wie das Medienmagazin DWDL erfuhr. Eine Anfrage der DWDL-Redaktion zu diesem Thema blieb seitens NBC Universal Deutschland unbeantwortet.

Pikant an dem Verkauf und der Abwicklung der Fernsehsendungen der Marke "Giga" durch NBC Universal Deutschland ist die Tatsache, dass diese Formate erst entstehen konnten, weil sich NBC 1998 von seinem europäischen Sender getrennt hatte und die Düsseldorfer DFA (Deutsche Fernsehnachrichten Agentur) so eine Plattform für diese neue Fernsehidee bekam.

Logo: NBC GIGAIn den ersten Tagen im Dezember 1998 mit scharfer Kritik totgeschrieben, gewann das beim Start 1998 futuristisch anmutende "NBC Giga" als "Internetfernsehen für die Generation @" schnell eine Fangemeinde sowie 2001 den Grimme Online Award. Selbst international fand das Format anerkennende Beachtung: U.a. die "New York Times" widmete dem neuartigen Fernsehformat bei der ehemaligen NBC-Tochter eine Reportage.

2003 dann der entscheidende Einschnitt, der erst jetzt spürbar wird: Die Düsseldorfer Tageszeitung "Rheinische Post" verkaufte ihren Anteil an der DFA, der Deutschen Fernsehnachrichten Agentur, an NBC. Die Amerikaner gewannen so die Kontrolle über die DFA und den sechs Jahre vorher abgestossenen Sender zurück. Vorerst tat sich wenig, doch jetzt wird das "strategische Interesse" klar: Den relativ gut verbreiteten Sender NBC Europe wollte man für eigene, andere Ideen nutzen. Das zwischenzeitlich in Deutschland entwickelte und erfolgreich umgesetzte Internetfernsehen, hatte in der Planung offenbar nie ernsthaft einen Platz.

Dass die "Giga"-Formate bei NBC Universal Deutschland keine Herzensangelegenheit sind, spürten die Journalisten bereits bei der Vorstellung von Das Vierte in Hamburg im August. Obwohl die Zuschauerschaft von NBC Europe in den vergangenen Jahren nur aus Anhängern der "Giga"-Formate bestand, wurde kein einziges Wort über die Zukunft dieser Formate verloren. Die Sichtweise der Macher: Knapp zwanzig Millionen Kabelhaushalte galt es für Das Vierte zu erobern.

Dass gleichzeitig aber in zwanzig Millionen Haushalten ein bisheriger Sender von der Bildfläche verschwindet, fiel unter den Tisch: Für ein Format, dessen baldiges Ende bereits beschlossene Sache ist, wirbt man nicht gern. Bei der Launchparty für Das Vierte Ende September in München waren zwar mehr oder weniger bekannte Moderatoren anderer Sender mit von der Partie - von den hauseigenen "Giga"-Moderatoren war jedoch niemand dabei.