"Fernsehen ist nicht von sich aus gut, Fernsehen muss man gut machen. Man muss tricksen, man muss kämpfen, damit das Fernsehen gut wird. Goebbels hat gedacht, mit dem Fernsehen hat er das ultimative Propaganda-Instrument in der Hand. Grimme hat gesagt, wir machen etwas ganz anderes damit. Der Grimmepreis ist das Anti-Hakenkreuz- Und das ist auch die Verpflichtung." Mit diesen Worten beschrieb Andreas Christoph Schmidt, der am Freitagabend mit dem Grimme-Preis für die Dokumentation "Schatten des Krieges" geehrt wurde, welche Bedeutung und welchen Anspruch der Grimme-Preis aus seiner Sicht hat.

Und wer die Verleihung am Freitag im Theater der Stadt Marl - das sich mit einem rundum überarbeiteten Bühnenbild ("Bislang gab's Bühnenelemente, die so aussahen, als hätte Adolf Grimme einst noch selbst daran herumgeflext", so Moderator Jörg Thadeusz) präsentierte - verfolgte, der bekam nochmal vor Augen geführt, mit welcher Bandbreite an wichtigen und schweren Themen sich das Fernsehen im vergangenen Jahr auseinandergesetzt hat. Von rechtem Terror bis Ebola, von Cyber-Grooming bis Abschiebung, von Leben im Krieg bis zu den Auswüchsen des Banken-Sektors.

Oder auch mit fragwürdigen TV-Produktionen und dem Vorführen von Menschen, wie es das "Neo Magazin Royale" mit "Verafake" einst vormachte. Nachdem Jan Böhmermann im vergangenen Jahr nicht zur Grimmepreis-Verleihung gefahren war, weil die Diskussion um das Erdogan-Schmähgedicht und die Drohungen gegen ihn gerade einen Höhepunkt erreicht hatten, war er diesmal tatsächlich anwesend. Und sorgte mit seiner Einleitung "Ich bin aufgeregt. Ist ja nicht so, dass man jedes Jahr einen Grimmepreis bekommt" auch für einen netten Lacher.

Vor allem aber nutzte er die Bühne des Grimme-Preises, um noch einmal auf eines seiner Herzensanliegen hinzuweisen. "In meiner Welt gibt es gerade nichts wichtigeres, als Deniz Yücel aus dem Knast zu hauen." Darauf möge Jörg Thadeusz beim Bundespräsidenten doch bitte hinwirken - schließlich sei der quasi mit ihm verheiratet. Thadeusz Frau Anna Engelke ist kürzlich zur Sprecherin von Frank-Walter Steinmeier ernannt worden. Und auf den Einwand, dass der Bundespräsident das in seiner Antrittsrede schon gefordert habe, entgegnete Böhmermann: "Er muss es nicht nur sagen, er muss es auch machen."

Den Abschluss der Verleihung bildete die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) - dem Stifter des Grimmepreises - die in diesem Jahr an Senta Berger ging, die kürzlich auch schon von den Stiftern des Deutschen Fernsehpreises mit dem Ehrenpreis bedacht wurde. DVV-Präsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer würdigte Senta Berger "nicht nur als Charakterdarstellerin, sondern als Frau, die Charakter hat", eine Frau mit Haltung - "nicht nur in den Rollen, die sie Spielt, sondern vor allen Dingen auch in den Momenten, in denen sie in die öffentliche Debatte eingegriffen hat, in denen sie Position bezogen hat und in denen sie nicht nur etwas gesagt, sondern auch gehandelt hat. Zum Beispiel, wenn sie sich international dafür engagiert, dass junge Mädchen und Frauen mehr Chancen bekommen."