In den vergangenen Jahren galt bei den Emmys häufig so etwas wie das Prinzip der kleinstmöglichen Bewegung: Serien oder Darsteller, die einmal die Gunst der Academy-Mitglieder gewonnen hatten, mussten schon viel falsch machen, um nicht im darauffolgenden Jahr wieder auf der Nominierungsliste zu stehen, was es für Neulinge schwer machte. In diesem Jahr war die Bekanntgabe der Emmy-Nominierungen aber insbesondere im Drama-Bereich spannend – denn gleich zwei Dauer-Gäste konnten gar nicht nominiert werden.

Und dazu gehört „Game of Thrones“, dessen neue Staffel bekanntlich erst in Kürze an den Start geht und das daher in diesem Jahr eine Emmy-Pause macht. Zudem ist auch „Downton Abbey“ inzwischen zu Ende. Die britische Lücke füllt gewissermaßen die Netflix-Produktion „The Crown“, die das Leben von Queen Elisabeth II. nachzeichnet und es auf Anhieb auf 13 Nominierungen bringt, darunter eben für die beste Serie. Zudem ist auch Queen-Darstellerin Claire Foy als beste Hauptdarstellerin nominiert.

Es ist nicht der einzige große Erfolg für Netflix: Während „House of Cards“ ebenso wie die Haupdarsteller Kevin Spacey und Robin Wright weiterhin auf den Nominierungslisten zu finden sind, schaffte es auch die Horror-Serie „Stranger Things“ unter die Nominierten in der Königskategorie. Überhaupt war es ein herausragend gutes Jahr für Netflix, das die Gesamtzahl der Nominierungen über alle Kategorien hinweg auf sagenhafte 91 hochschraubt. Im vergangenen Jahr waren es noch 54 an der Zahl. In solchen Sphären schwebte auch in der jüngeren Vergangenheit ansonsten nur HBO.

Doch HBO konnte die Spitzenposition mit 110 Nominierungen – und damit sogar 16 mehr als im vergangenen Jahr – verteidigen, obwohl „Game of Thrones“ fehlte. Möglich machte es unter anderem „Westworld“, das mit insgesamt 22 Nominierungen gemeinsam mit dem NBC-Klassiker „Saturday Night Live“ das meistnominierte Format überhaupt ist. „Westworld“ ist nicht nur als beste Drama-Serie nominiert, auch die Darsteller Evan Rachel Wood und Anthony Hopkins erhielten persönliche Nominierungen für ihre schauspielerische Leistung.

Und dann gibt es neben HBO und Netflix noch einen dritten Gewinner: NBC. Dass „Saturday Night Live“, das vor allem mit Alec Baldwins Trump-Parodien und Melissa McCarthys Sean-Spicer-Imitationen von sich reden machte, auf Platz 1 der meist nominierten Formate liegt, wurde hier schon erwähnt. Und dann gelang es NBC auch noch als erstem Broadcast-Network seit 2011 (!!), mal wieder in der Königskategorie „Beste Drama-Serie“ zu punkten, die zuletzt ausschließlich Bezahl-Diensten vorbehalten war. Geschafft hat dieses Kunststück „This Is Us“. 11 Nominierungen sind es insgesamt für die Serie, auch Sterling K. Brown und Milo Ventimiglia können sich persönlich Emmy-Hoffnungen machen. Wermutstropfen für NBC allerdings: Jimmy Fallon musste Stephen Colbert nicht nur aus Quotensicht ziehen lassen, sondern wurde von ihm auch noch aus dem Emmy-Rennen gekegelt.

Außerdem gibt es noch einen weiteren Neuling in der Drama-Kategorie: „The Handmaid's Tale“ - was bedeutet, dass mit Hulu noch ein weiterer Streaming-Dienst bei den Emmys aufgeschlagen ist. Mit dieser Serie kehrte zudem auch Hauptdarstellerin Elisabeth Moss unter die Emmy-Aspiranten zurück. Sie war für ihre Rolle in „Mad Men“ schon fünf Mal nominiert, durfte die goldene Statue aber nie mit nach Hause nehmen – vielleicht klappt's ja diesmal. Ansonsten blieb neben dem schon erwähnten „House of Cards“ nur „Better Call Saul“ als alter Emmy-Bekannter im Drama-Bereich übrig. Nicht mehr nominiert sind „Homeland“, „Mr. Robot“ und „The Americans“. Bei letzterer Serie bleiben aber die Hauptdarsteller Keri Russell und Matthew Rhys unter den Emmy-Aspiranten. Die anderen beiden sind in den Schlüssel-Kategorien hingegen komplett raus.

Und damit zum Comedy-Bereich. In dem ist deutlich weniger Bewegung drin als bei den Drama-Serien. Mit „Black-ish“, „Master of None“, „Modern Family“, „Silicon Valley“, „Unbreakable Kimmy Schmidt“ und „Veep“ finden sich unter den sieben nominierten Comedy-Serien gleich sechs aus dem Vorjahr. Neu ist nur „Atlanta“ von FX, das Anfang des Jahres schon bei den „Golden Globes“ ausgezeichnet wurde und nun die Amazon-Serie „Transparent“ verdrängt hat. 

Kleiner Trost: Jeffrey Tambor gehört weiterhin zu den nominierten Hauptdarstellern in einer Comedyserie. Er bekommt es mit Donald Glover („Atlanta“), Zach Galifianakis („Baskets“) und den schon im Vorjahr nominierten Anthony Anderson („Black-ish“), William H. Macy („Shameless“) und Aziz Ansari („Master of None“) zu tun. Bei den Frauen heißt die Frage einmal mehr: Gibt es irgendwann mal eine andere Gewinnerin als Julia Louis-Dreyfus? Sie hat seit 2012 immer den Emmy mit nach Hause nehmen dürfen und ist auch in diesem Jahr für „Veep“ nominiert. Ihre Konkurrentinnen heißen Pamela Adlon („Better Things“), Jane Fonda und Lily Tomlin („Grace  and Frankie“), Allison Janney („Mom“), Ellie Kemper („Unbreakable Kimmy Schmidt“) und Tracee Ellis Ross („Black-ish“).

Bei den Limited Series dominierte im vergangenen Jahr noch die FX-Produktion „American Crime Story“ - weil Staffel 2 hier aber noch auf sich warten lässt, ist sie diesmal nicht dabei. Dafür findet sich mit „FEUD: Bette and Joan“ die nächste Anthologie-Serie von FX unter den Nominierten, auch „Fargo“ ist wieder mit an Bord. HBO steuert „Big Little Lies“ und „The Night Of“ bei. Und dann gibt’s noch eine große Ehre für den National Geographic Channel, dessen Miniserie „Genius“ ebenfalls zu den Emmy-Anwärtern gehört.

Bei den Darsteller-Kategorien finden sich zudem wieder viele ganz große Namen. Nicole Kidman und Reese Witherspoon („Big Little Lies“), Jessica Lange und Susan Sarandon („FEUD“), Felicity Huffman („American Crime“) und Carrie Coon („Fargo“) treten bei den Damen an, bei den Männern können sich Sherlock-Darsteller Benedict Cumberbatch, Robert DeNiro („The Wizard of Lies“), Ewan McGregor („Fargo“), John Turturro („The Night Of“), Geoffrey Rush („Genius“) und Riz Ahmed („The Night Of“) Hoffnungen auf einen Emmy machen.

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