Deniz Yücel, der über seinen Anwalt eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen seine Behandlung durch die türkische Justiz eingereicht hat, erhält Unterstützung durch die Bundesregierung. Das Bundesjustizministerium bestätigte nach Zustimmung aus Kanzleramt und Auswärtigem Amt gegenüber der "Welt", dass sich die Regierung mit einer Stellungnahme zu Wort melden wird. Das ist kein alltäglicher Vorgang: Zuletzt gab eine deutsche Regierung 1986 eine solche Stellungnahme ab.

Yücel sitzt mittlerweile seit 155 Tagen in Haft, davon 140 Tage in Isolationshaft - ohne dass ihm bislang eine Anklageschrift vorgelegt wurden. Kanzleramts-Chef Peter Altmaier sagt gegenüber der "Welt": "Dieses Vorgehen entspricht in keiner Weise einem rechtstaatlichen Verfahren. (...) Es ist nicht hinnehmbar, dass Deniz Yücel weiterhin in Isolationshaft sitzt, ohne dass er seine Rechte als Beschuldigter wahrnehmen kann." Auch Justizminister Maas forderte die türkische Jusiz auf, die Anklageschrift zu präsentieren und somit die Vorwürfe überhaupt erstmal konkret zu benennen. "Bislang haben wir nur Vorverurteilungen gehört, die versuchen, Deniz Yücel pauschal als Terroristen zu diffamieren", so Maas. Zudem forderte Maas die Aufhebung der Einzelhaft.

Der DJV begrüßt die Unterstützung der Bundesregierung für Yücel: "Deniz Yücels einziges ,Vergehen‘ ist kritischer Journalismus", so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. "Die Ausübung seines Berufs brachte ihm bis jetzt fünf Monate Haft ein ohne Anklage. Das ist Willkür in Reinform!" Es sei bedauerlich, dass die diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung zur Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten bisher erfolglos geblieben seien. Überall: "Jetzt hilft offenbar nur noch der Rechtsweg."