Nachdem bekannt wurde, dass dem Saarländische Rundfunk die Vorwürfen gegen Regisseur Dieter Wedel bei den Dreharbeiten zur in den 80er Jahren entstandenen Serie "Bretter, die die Welt bedeuten" bekannt gewesen sein sollen, hat SR-Intendant Thomas Kleist Aufklärung versprochen. "Wir wussten von den Vorwürfen gar nichts. Aber dann haben wir größtmögliche Transparenz hergestellt und im Archiv zunächst einmal 13 Ordner gefunden. Dem Kollegen der 'Zeit' haben wir daraufhin Einsicht gewährt und gleichzeitig eine Taskforce eingerichtet, um zu prüfen, wie sich das Unternehmen SR damals verhalten hat", sagte Kleist in einem Interview mit "Spiegel Online".

Gleichzeitig soll ein Rechercheteam das, was damals passiert sei, auch journalistisch aufarbeiten. Die beiden Schauspielerinnen, die sich nun in der "Zeit" zu Wort gemeldet haben, wurden außerdem ins Funkhaus eingeladen. Es gehe ihm dabei nicht so sehr um Schuld und Sühne, betont der Intendant. "Wegen Verjährung würde es nicht zur Strafverfolgung kommen. Doch das macht ja die Geschehnisse nicht ungeschehen. Deshalb müssen wir fragen: Welche Verantwortung hat man damals gesehen? War das Verhalten in Ordnung? Und was können wir für heute daraus lernen?"

Zudem will der Saarländische Rundfunk herausfinden, warum es nicht zur Anzeige kam und weshalb keine Konsequenzen gezogen wurden. Kleist: "Da gibt es für uns eigentlich nur die Überlegung: Entweder die beiden Betroffenen haben ausdrücklich darum gebeten - nur bitte keine Öffentlichkeit, nur bitte keine Polizei oder Staatsanwaltschaft, sonst ist unsere Karriere kaputt. Wäre ja schlimm genug, wenn es so war. Oder aber es herrschte ein Klima damals, vor fast 40 Jahren, das man sagte: Okay, das ist ja deren Privatsache, da gucken wir als SR oder als Produktionstochter Telefilm Saar mal schnell weg."

Inzwischen, fast 40 Jahre später, hält Kleist ein derartiges Schweigen nicht mehr für möglich. "Mein Bauch sagt mir: Das ist heute nicht mehr so", sagte er zu "Spiegel Online". "Wir haben heute in allen Häusern Frauenbeauftragte, Ombudsstellen. Ich glaube, wir haben jetzt ein anderes Klima, das nicht mehr erlaubt, wegzuschauen, zu bagatellisieren, zu sagen: Das ist Privatsache." Mit Blick auf den vorliegenden Fall betont der SR-Intendant, dass Wedel nicht nur Regisseur, sondern auch Produzent, Drehbuchautor und Caster gewesen sei. "Casting macht heute nicht mehr der Regisseur alleine, das ist ein Team. Man muss in diese Richtung weiterdenken, was man organisatorisch tun kann."

Auch der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm hat sich inzwischen zur aktuellen Debatte um Missbrauchsvorwürfe geäußert. "Die ARD nimmt die Diskussion um Missbrauchsvorwürfe sehr ernst", sagte Wilhelm. "Unsere Mitarbeitenden müssen vor Übergriffen und Sexismus geschützt sein, sexuelle Belästigung und Ausnutzung von Machtpositionen können wir nicht dulden. Nur eine Kultur des Vertrauens führt dazu, dass Betroffene sich öffnen und uns Erlebtes ohne Sorge vor Nachteilen anvertrauen." Das Thema soll auch auf der nächsten Intendanten-Sitzung im Februar diskutiert werden.

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