„Sensationell!“ meint Ludwig Heer. „Superlustig!“ meint Meta Hiltebrand. „Absolut irre!“ meint Ronny Loll. „Extrem toll!“ meint Andrea Schirmaier-Huber. Der sprachliche Überschwang, den die vier vergleichsweise unverbrauchten Fernsehköche durchs gediegen rustikale Küchenstudio peitschen, wird eigentlich nur noch vom RTLplus-Chef gesteigert. „Nach einem tollen Start in die Saison“, frohlockt Jan-Peter Lacher „wird das hier unser wichtigstes eigenproduziertes Format“. Ja mehr noch: Köche, Partner, Teams, Produzenten – sie alle findet der Geschäftsführer von RTLplus nicht weniger als „fantastisch“. Der wiederum spricht dem Hausherren in der „Bullerei“, Tim Mälzer, Gleiches zu.

Den Tonfall bei der gestrigen Präsentation des anstehenden Programmangebots vom jungen alten RTL-Ableger im Hamburger Schanzenviertel euphorisch zu nennen, wäre mindestens untertrieben. Andererseits klänge Understatement angesichts des großen Namens hinter „essen & trinken. Für jeden Tag“ auch irgendwie unangebracht. Der fantastische Hausherr ist schließlich kein geringerer als Tim Mälzer. Und sein wichtiges neues eigenproduziertes Format soll das entrückte Boom-Genre unterhaltsamer Spitzenköche auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Oder wie es der Gründer des Kochbooms am Bildschirm im eigenen Restaurant gegenüber DWDL.de ausdrückt: „Wir wollen nicht bloß Show, wir wollen wirklich kochen.“

Dafür lädt seine Produktionsfirma tibool Media die vier jubelnden Küchenkünstler ab 28. Januar ins Nachmittagsprogramm von RTLplus: Ludwig, Meta, Ronny und Andrea, wie sie bei der Verköstigung ihrer Spezereien heißen: alle um die 40, alle bildschirmerfahren, keiner abgedroschen, keine wie die andere. Der Beau aus Schwaben und die Schrille aus Zürich, der Kantinenwirt aus dem Osten und die Konditorin aus dem Süden – unter Titeln von „Alles tolle von der Knolle“ bis „Türkisch für Einsteiger“ kredenzen sie zunächst einmal 80 Folgen lang im alltäglichen Wechsel paarweise Alltagskost mit Niveau.

„Ich hab überhaupt nichts gegen Sterne-Küche“, beugt Tim Mälzer Kritik am bodenständigen Konzept mit abschließender Kostenaufstellung vom Olymp der Haute Cuisine vor. „Aber seit ein paar Jahren wird kaum noch ohne Show und Chichi gekocht im Fernsehen.“ Die Lücke will der Macher vor dem Hintergrund nun füllen - und soll damit ganz nebenbei das Profil von RTLplus schärfen. Seit die Neuproduktion von wieder aufgelegten Spielshow-Klassikern eingedampft wurde, fehlten dem Sender schließlich spürbar Alleinstellungsmerkmale. Mit Mälzers Kochformat könnte sich das ändern.

Nach dem Vorbild des gleichnamigen Print-Magazins, das seit Anfang des Jahrhunderts unter Mälzers Regie bei Gruner + Jahr erscheint, passe „essen & trinken. Für jeden Tag“ aus Sicht von Jan Peter Lacher „perfekt zu unserer Zielgruppe“. Er nennt sie „weibliche Best-Ager“: 40 bis 64 Jahre alt, interessieren sie sich neben Schlager und Show für Bewährtes und Küche. Am 5. Dezember präsentiert Inka Bause daher die vierstündige „Schlagernacht des Jahres“. Ab Januar arbeitet die verblüffend erfolgreiche „Stunde danach“ wieder das Geschehen im Dschungelcamp auf. Und am 1. Februar feiert „Der große Kultabend“ den 35. Geburtstag des Mutterschiffs RTL, einst als RTLplus gestartet.

„Auffindbarkeit durch Leuchttürme“, beschreibt der Hauptverantwortliche die Aufgabe, im Meer der Sender und Formate sichtbar zu bleiben. Dank solcher Events soll das Publikum dann für die Kernkompetenz Nostalgie empfänglich werden: Klassiker wie „Dr. Stefan Frank“, Wiederholungen wie „Nikola“, Gameshow-Legenden wie „Der Preis ist heiß“ oder Mälzers Kollege Christian Rach beim Restauranttesten – mit alldem konnte RTLplus seine Quoten relativ konstant steigern. Was dafür weiterhin nicht infrage kommt, sind fiktionale Eigenproduktionen.

„Ich will das nicht generell ausschließen“, sagt Jan Peter Lacher. „Unsere Stärke liegt allerdings ganz eindeutig im nonfiktionalen Bereich.“ Ob es für den nicht förderlich wäre, wenn Tim Mälzer selbst ab und zu mal am Bildschirm seiner eigenen Kochsendung auftauchen würde? „Auf jeden Fall!“, sagt der Erfinder des Fernsehkochbooms fast genau 15 Jahre nach „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“ und zeigt sein unverwechselbares Kiezgrinsen. Irgendwann. Mal sehen. Bislang ist ja erst etwa die Hälfte der Folgen abgedreht. „Und ich hab immer noch Bock auf Fernsehen.“ Also auch über seinen Dauerbrenner „Kitchen Impossible“ auf Vox hinaus.

Der TV-Koch mit dem lockeren Mundwerk dürfte dann bestimmt was Bodenständiges kochen. „Ohne so Knusperzeugs“, sagt er lachend. Einfach, aber lecker. Der Sender dürfte dafür dennoch ein paar überschwängliche Superlative finden. Unter superwahnsinnsfantastischtoll läuft bei RTLplus wenig.