Sind die Deutschen zu dumm für die "Tagesschau"?
Nur noch jeder zehnte Deutsche versteht jedes Wort in den Abendnachrichten: 88 Prozent begreifen die Inhalte in der täglichen Tagesschau nicht mehr. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Hamburger GEWIS-Instituts im Auftrag von tv Hören und Sehen, an der 1.061 Frauen und Männer teilnahmen.Den Grund sehen Experten in der Sprache der Nachrichten: "Die Sprache ist zu kompliziert", kritisiert das Monheimer-Institut für Sprachforschung und Prof. Jo Groebel, Leiter des Europäischen Medieninstituts in Düsseldorf, ergänzt: "Weil der Zeitdruck bei der Tagesschau extrem hoch ist, wird das Agentur-Deutsch nicht immer verständlich übersetzt." Laut Umfrage wissen so zum Beispiel 75 Prozent der Befragten mit dem Begriff Scud-Rakete nichts anzufangen. Ebenfalls ahnungslos zeigen sich die Deutschen bei der Bedeutung des Schlüsselzinses (73 Prozent). Die wenigsten Schwierigkeiten bereitet dagegen die Frage nach dem Vermittlungsausschuss: 41 Prozent können diesen Begriff in den richtigen Zusammenhang bringen. Auch mit der ökologischen Steuerreform kennen sich 39 Prozent aus.
Dabei fragt sich jedoch, welchen Ansprüche die Tagesschau gerecht werden soll. Es wird auf der einen Seite ausführliche Information verlangt, die dann jedoch bitte nicht länger als die traditionellen 15 Minuten sein sollen. Man will natürlich auch seriös informiert werden, aber bitteschön möglichst verständlich.
Muss man diese Umfrage nicht ganz anders interpretieren? Sind es nicht eher die Deutschen, die sich durch Infotaiment, bunte Bilder und kurze Schlagzeilen kaum noch für Hintergrundinformationen interessieren? Es erscheint auch einfach zu unwahrscheinlich, dass die Tagesschau nach fünfzig Jahren auf einmal zu anspruchsvoll sein soll.