Der Relotius-Skandal hat nicht nur beim "Spiegel" für Wirbel gesorgt, in der gesamten Branche ist eine Diskussion rund um verdichtete Texte, Reportagen und Fälschungen entstanden. Dass der Fall überhaupt ans Licht kam, ist Juan Moreno zu verdanken. Er war es, der mit Claas Relotius zusammenarbeitete und irgendwann stutzig wurde, weshalb er gegen Widerstände im eigenen Haus Nachforschungen anstellte. Moreno hat Mitte September im Rowohlt Verlag das Buch "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus" veröffentlicht und sich noch einmal ausführlich mit dem Fall beschäftigt. 

Nun geht Claas Relotius gegen eben dieses Buch seines ehemaligen Kollegen vor, das berichtet die "Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe. Der ehemalige "Spiegel"-Journalist wirft Moreno vor, Tatsachen in dem Buch verdreht oder unzulässig arrangiert zu haben. Vertreten wird Relotius durch den bekannten Medienanwalt Christian Schertz. Dieser listet in der "Zeit" 22 Textstellen mit angeblich "erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen" auf und fordert Moreno und Rowohlt auf, diese nicht weiter zu behaupten oder zu verbreiten. 

Die "Zeit" recherchierte daraufhin selbst eine im Buch beschriebene Szene. So behauptet Moreno am Schluss, dass Relotius auch nach seiner Entlarvung weiterhin gelogen habe. "Für diese Szene gibt es aber keine hinreichenden Belege", so die "Zeit". Moreno selbst widerspricht in der Zeitung dem Verdacht, unsauber gearbeitet zu haben.

Auch Claas Relotius selbst äußert sich gegenüber der "Zeit" zum Vorgehen gegen seinen ehemaligen Kollegen. Er sagt: "Ich bin mir meiner eigenen großen Schuld heute sehr bewusst und will durch die Auseinandersetzung mit diesem Buch nicht davon ablenken. Ich stelle mich allem, wofür ich verantwortlich bin, aber ich muss keine unwahren Interpretationen und Falschbehauptungen von Juan Moreno hinnehmen. Ohne mich persönlich zu kennen oder mit Menschen aus meinem näheren Umfeld gesprochen zu haben, konstruiert Moreno eine Figur."

Beim Rowohlt Verlag ist man der Meinung, es handele sich bei der Aktion Relotius' um einen "Versuch, mit Randfragen und Nebenschauplätzen den Reporter Moreno zu diskreditieren". Man habe dem Vorgang seiner Anwältin übergeben.