Einen Tag, bevor die Wiedervereinigung Deutschlands in Kraft trat, legten Deutschland und Frankreich die Grundlage für einen gemeinsamen Fernsehsender: Am 2. Oktober 1990 wurde mit der Unterzeichnung eines zwischenstaatlichen Vertrags die Gründung eines deutsch-französischer Senders beschlossen, der am 30. Mai 1992 um 19 Uhr schließlich seinen Sendebetrieb aufnahm. Schon damals hieß es, die "Association Relative à la Télévision Européenne" solle nicht nur zwei Länder, sondern ganz Europa im Blick haben. Ein Anspruch, der heute angesichts nationalistischer Bestrebungen in vielen Ländern und eines Krieges in Europa topaktuell erscheint.

"In einem krisenerschütterten Europa ist es wichtiger denn je, unseren Beitrag für die Kultur in Europa, für ihre Strahlkraft und ihr Wirken über nationale Grenzen hinaus, zu leisten", sagt Arte-Präsident Bruno Patino. Vizepräsident Peter Weber ergänzt: "Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig der Zusammenhalt in Europa ist. Arte, das gegründet wurde, um genau diesen Zusammenhalt und dieses Verständnis zu fördern, ist kein bloßes Nice-to-have." Der Sender verstehe sich als "lebendiger Marktplatz der europäischen Öffentlichkeit", so Weber weiter.

Tatsächlich ist der Gedanke eines europäischen Angebots heute dem Internet sei Dank heute leichter umsetzbar als man sich das bei der Gründung vorstellen konnte. Auch aus diesem Grund war Arte digital immer einer der Vorreiter: Seine Mediathek Arte+7 ging schon 2007 an den Start, seit 2015 untertitelt man viele Inhalte in weiteren Sprachen - zunächst Englisch und Spanisch, 2016 kam Polnisch, 2018 Italienisch dazu. 70 Prozent der Europäerinnen und Europäer können Arte-Inhalte dadurch in ihrer Muttersprache konsumieren, rechnet man vor, obendrein gibt's seit kurzem auch ein kleines Angebot auf Ukrainisch und Russisch.Und Arte nutzt nicht nur die eigene Plattform: Inzwischen findet fast die Hälfte der Nutzung von gesellschaftspolitischen und investigativen Arte-Inhalten auf YouTube statt.

Die Strategie zeigt Wirkung: Außerhalb Deutschlands und Frankreichs nahm die Zahl der Video-Abrufe im letzten Jahr um 56 Prozent auf 30 Millionen im Monat zu, das mehrsprachige Angebot auf Arte.tv verzeichnete gar ein Wachstum von 140 Prozent. Vor diesem Hintergrund arbeitet Arte nun auch an einem neuen wöchentlichen Nachrichtenangebot, das es auch in englischer und spanischer Sprache geben und in dem zwei bis drei Themen mit transnationaler Perspektive beleuchtet werden sollen. Mehr Details dazu gab es auf der Pressekonferenz noch nicht, ein Start ist aber im Herbst geplant.

Neben diesem Ansatz, ein länderübergreifendes Publikum zu erreichen, gehörte es schon immer zum Ansatz von Arte, ein länderübergreifendes Koproduktionsnetzwerk zu schaffen. Dem gehören bislang schon neun europäische öffenltich-rechtliche Partnerkanäle an, mit denen pro Jahr mehr als 100 Programme koproduziert werden sollen. Diese Partneschaften sollen auf weitere Länder ausgedeht werden, derzeit laufen schon konstruktive Gespräche mit RTVE aus Spanien, dem litauischen Sender LRT sowie mit weiteren baltischen Staaten.

Die Pläne für die Geburtstagswoche und darüber hinaus

An seinem Jubiläumstag (30.5.) wird Arte den mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm "Flee" um 20:15 Uhr zeigen. Er erzählt die Geschichte von Amin, der vor zwanzig Jahren im Alter von 17 nach Afghanistan flüchtete. Erst jetzt, als anerkannter Akademiker und kurz vor der Hochzeit mit seinem Lebensgefährten, öffnete er sich seinem Schulfreund, dem Filmemacher Jonas Poher Rasmussen, und erzählte seine Geschichte. Das Besondere: Der Film ist im Animations-Stil gehalten, was dem Protagonisten nicht nur ermöglicht, anonym zu bleiben, sondern auch, seine Gedankenwelt einfacher darzustellen als das mit Realaufnahmen im Nachhinein möglich gewesen wäre.

An den beiden darauffolgenden Tagen zeigt Arte dann den Doku-Sechsteiler "Europa. Kontinent im Umbruch" von Andreas Pichler. Es sei Teil des Versuchs, auch Produktionen im Doku-Bereich mit europäischer Strahlkraft zu ermöglichen. Jede der sechs Folgen widmet sich einem bestimmten Thema und zeigt Fragen und Lösungsmöglichkeiten auf. Im Einzelnen geht's um Energie, Ernährung, Mobilität, Digitalisierung, Natur und Migration.

Migration ist auch im Juni nochmal ein großes Thema bei Arte. Bei "Generation Africa" geht es aber explizit darum, einen eurozentrische Sichtweise zu vermeiden. Stattdessen erhielten 25 Filmemacherinnen und -macher aus 16 afrikanischen Ländern die Möglichekeit, ihre Geschichte  zu erzählen, über Vertreibung und Flucht, über heimat und Ankommenin der Fremde. Sieben Filme werden am 14. und 15. Juni im Fernsehen gezeigt, der Rest steht in der Arte-Mediathek schon ab dem 10. Juni zum Abruf bereit.