Media for Europe hält inzwischen über 25 Prozent der Anteile an ProSiebenSat.1 und macht keinen Hehl daraus, dass man perspektivisch am liebsten einen pan-europäischen Konzern schmieden würde. Ein Ansinnen, von dem man in Unterföhring wenig hält, wie ProSiebenSat.1-Chef Rainer Beaujean regelmäßig zu Protokoll gibt. Dass der Berlusconi-Konzern lieber jemand anderen an der Konzernspitze wüsste, ist also ein offenes Geheimnis. Insofern war es also schon als klare Ansage in Richtung Rom zu verstehen, dass der Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 Beaujeans Vertrag Ende vergangenen Jahres kurzerhand bis 2027 verlängerte.

Es ist also offensichtlich, dass alles andere als Harmonie herrscht zwischen ProSiebenSat.1 und dem Hauptaktionär im Vorfeld der Hauptversammlung am kommenden Donnerstag. Auf der steht unter anderem die Wahl eines neuen Aufsichtsratsvorsitzenden auf dem Plan. An die Stelle von Werner Brandt soll dann Andreas Wiele treten, der dem Gremium zu diesem Zweck schon seit Mitte Februar als gerichtlich bestelltes Mitglied angehört. Auch diesen Personalie hat ProSiebenSat.1 seinem größten Aktionär ohne Rücksprache vor die Nase gesetzt.

Lange war daher spekuliert worden, ob es auf der Hauptversammlung zum Showdown kommen und Media for Europe eigene Kandidaten ins Rennen schicken könnte. In der vergangenen Woche erklärte der italienische Konzern dann, dass man davon absehe und auch Andreas Wiele als neuen Aufsichtsratschef mittragen werde - allerdings nicht, ohne erneut scharfe Kritik am Gebahren von ProSiebenSat.1 zu üben. Man sehe von eigenen Vorschlägen lediglich ab, weil eine öffentliche Kontroverse nicht im Interesse des Unternehmens und seiner Anteilseigner sei. Der Prozess der Nachfolge-Suche habe aber nicht mal die Mindeststandards an Transparenz erfüllt und widerspreche der Praxis aller anderen europäischen Aktien- Unternehmen. Mit der Wahl Wieles verbinde man überdies die Hoffnung auf einen grundsätzlichen Wandel in der Unternehmensführung und im Umgang mit den eigenen Aktionären.

Bei Media for Europe würde man die Hauptversammlung aber offenbar gerne dazu nutzen, mit einzelnen Vorstandsmitgliedern abzurechnen. Am 12. April teilte man daher bereits mit, dass man beantragt habe, über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung nicht im Paket abstimmen zu lassen, sondern über jedes Mitglied einzeln. So sei es einer modernen und transparenten Unternehmensführung angemessen und überdies auch die übliche Praxis bei anderen DAX-Unternehmen. Bei ProSiebenSat.1 will man diesem Antrag aber nicht nachkommen, wie der "Spiegel" nun berichtet. Dort hält man weiter an einer Gesamt-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat fest und sieht das als gängige Praxis in Deutschland, die auch in der weit überwiegenden Zahl der DAX und MDAX-unternehmen so gehandhabt werde.