Das Verhältnis zwischen ProSiebenSat.1 und seinem größten Aktionär, Berlusconis Konzern Media for Europe, der inzwischen mehr als 25 Prozent der Anteile hält, ist im Vorfeld der Hauptversammlung am kommenden Donnerstag weiterhin alles andere als gut. Zwar dürfte der befürchtete große Showdown voraussichtlich ausbleiben, nachdem die Italiener angekündigt haben, auf eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat zu verzichten und den vorgeschlagenen Andreas Wiele als neuen Aufsichtsratsvorsitzenden zu unterstützen, Media for Europe verband diese Ansage aber mit deutlicher Kritik an ProSiebenSat.1, dem man eine nicht zeitgemäße und intransparente Unternehmensführung vorwarf, obendrein fehlende Transparenz und überhaupt mangelnde Gesprächsbereitschaft mit dem Großaktionär.

In der Montagsausgabe der "Süddeutschen Zeitung" meldet sich nun Rainer Beaujean, Vorstandsvorsitzender bei ProSiebenSat.1 zu Wort, und wirft im Gegenzug Berlusconis Leuten mangelnde Kommunikation vor. Zwar sei man mit dem Unternehmen wie mit allen Investoren "regelmäßig im Austausch" - doch Kritik an ihm oder der gegenwärtigen Strategie von ProSiebenSat.1 sei dort nie geäußert worden. Um so häufiger konnte man von diesen dafür in verschiedenen, häufig italienischen Medien lesen. Dass Media for Europe ein Zusammengehen anstrebt, um daraus einen pan-europäischen Konzern zu bilden, ist jedenfalls kein Geheimnis.

Beaujean sagt nun: "Wir würden uns einen engeren Dialog wünschen. Wir würden gerne von Media for Europe erfahren, wie ihre Pläne für einen paneuropäischen Medienkonzern konkret aussehen und welchen Mehrwert das für alle unsere Stakeholder hätte, für Zuschauer, Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre, die Öffentlichkeit." Dafür müsste Media for Europe allerdings schon einiges an Überzeugungsarbeit leisten, wenn es keine feindliche Übernahmen werden soll, denn ProSiebenSat.1 ist ein gebranntes Kind.

Beaujean: "ProSiebenSat.1 hat vor vielen Jahren schon einmal versucht, einen europäischen TV-Konzern zu schaffen, das ist damals gescheitert. Man kann europaweit nicht gemeinsam Inhalte zu günstigeren Preisen einkaufen oder gemeinsam produzieren, es gibt keine europäischen Deals mit den US-Studios, dafür sind die einzelnen Märkte zu unterschiedlich. Auch Kostenersparnisse sind gemeinsam kaum möglich, ich erkenne kein großes Potenzial für Synergien."

Gleichzeitig verschließe er sich einer Zusammenarbeit aber nicht grundsätzlich, sieht diese aber nur zwischen zwei voneinander unabhängigen Unternehmen. Dies könne etwa bei technischen Fragen, Beteiligungen oder der Lobbyarbeit in Europa geschehen. Doch auch hier hapert es offenbar grundsätzlich an der Kommunikation: "Aber es ist auch klar: Wenn man über solche Fragen nicht miteinander spricht, ist eine Zusammenarbeit schwierig", so Beaujean - der die gleiche Botschaft übrigens in Richtung RTL schickt, wo Thomas Rabe ebenfalls in schöner Regelmäßigkeit Fusions-Phantasien in Interviews ausspricht - offenbar aber immer nur in der Öffentlichkeit, nie im Dialog mit ProSiebenSat.1. "Wer mit mir spricht, dem kann geholfen werden", sagt Beaujean, der ein solches Ansinnen aus Köln aber nicht nur aus kartellrechtlichen Gründen zurückweist, sondern auch wegen der sehr unterschiedlichen Strategien.

Doch während man bei RTL ohnehin erstmal alle Hände voll zu tun hat mit der Integration von Gruner + Jahr, muss man sich mit Media for Europe in Unterföhring wohl oder übel auseinandersetzen - immerhin gehört dem italienischen Konzern inzwischen mehr als ein Viertel der Anteil an ProSiebenSat.1. Trotzdem stehen die Zeichen einstweilen weiter auf beiden Seiten eher auf Konfrontation denn auf Zusammenarbeit. Dass Media for Europe kürzlich gefordert hat, bei der Entlastung des Vorstands einzeln über jedes Mitglied abstimmen zu wollen, war der offensichtliche Versuch, mit einzelnen Vorstandsmitgliedern - wie etwa dem von den Italienern ungeliebten Beaujean - abrechnen zu können. Bei ProSiebenSat.1 denkt man aber gar nicht daran, dieser Forderung nachzukommen. "Wir im Vorstand haben alle Entscheidungen immer gemeinsam und einstimmig getroffen, als Team. Wenn jemand mit dem Vorstand unzufrieden ist, muss er dem gesamten Gremium das Misstrauen aussprechen", so Beaujean. Davor dürfte man dann aber vermutlich doch zurückschrecken. Zumindest diesmal.