Die neue Ausgabe von "Entertainment Weekly" verrät schon auf dem Titel dick und fett ein wichtiges Ereignis in der neuen Staffel "Game of Thrones". Veröffentlicht wurde das Magazin nur Stunden, nachdem die entscheidende Folge am Sonntag auf HBO in den USA zu sehen war. Das Titelbild bekamen nicht nur die Kunden von Zeitschriftenläden in den USA und die Abonnenten zu sehen - nein, die ganze Welt konnte es sehen. Auf Facebook. Und selbst wer das Cover beim Scrollen durch den eigenen Facebook-Stream nur Sekundenbruchteile aus den Augenwinkeln gesehen und dann schnell die Augen geschlossen hatte, wusste sofort, worum es geht und was passieren würde.

Ich habe es ein bisschen umständlich formuliert, weil es ja gemein wäre, in einem Text übers Spoilern direkt mit einem riesigen Spoiler einzusteigen. Allerdings ist es eigentlich unmöglich, in einem solchen Text komplett ohne Spoiler zu arbeiten und trotzdem möglichst anschaulich zu schreiben. Aber ich werde mich bemühen, Beispiele abseits von "Game of Thrones" zu suchen. 

Zwei Fragen treiben mich um: Ist es überhaupt noch möglich, dass eine Information nicht verbreitet wird beziehungsweise man nichts davon mitbekommt? Und: Ist es denn schlimm, wenn man vorher schon ein bisschen darüber weiß, was in einer der nächsten Folgen passieren wird? 

Zur ersten Frage: Die Welt ist medial geschrumpft. Wir Seriengucker sind alle nah aneinander gerückt, sitzen quasi auf einem gemeinsamen, riesigen Sofa. Wenn am einen Ende des riesigen Sofas die neuen Folgen "Game of Thrones" laufen, bekommen die Leute am anderen Ende - die die Folge vielleicht erst morgen gucken können - mit, wenn die "GoT"-Gucker "Oh, wie grausam! Das geschieht ihm aber recht!" rufen. Dadurch wissen die anderen zwar nicht im Detail, was passiert ist, aber sie haben eine Vorahnung und einige werden sich daraus eine Theorie zurechtzimmern, ob sie wollen oder nicht. Will sagen: Natürlich bekomme ich durch die Bericherstattung der US-Seiten und durch Tweets und Posts mit, dass etwas passiert ist. Wenn es gut läuft, nur ein vages Bild. Wenn es schlecht läuft, sogar ganz konkrete Details. 

Spoilerwarnung - im folgenden Absatz geht es um ein wichtiges Ereignis in "The Good Wife", Staffel 5.

Hinzu kommt das Problem, dass sich die meisten Seriengucker vom linearen Gucken gelöst haben: Wir schauen, wann es uns passt und wann wir Lust darauf haben. Klar, "GoT"-Fans wollen so schnell wie möglich die neuen Folgen sehen. Aber es gibt ja so viele spannende Serien, dass man nicht alles gleichzeitig schafft. Und manchmal kommen Spoiler ja auch völlig unverhofft: Ich steckte vergangenes Jahr mitten in Staffel 3 von "The Good Wife" (Späteinsteigerin, ich weiß), als ich in einem Podcast, in dem es um die Arbeit von Drehbuchautoren geht, plötzlich von Wills Tod in Staffel 5 erfuhr. Die fragliche Folge war 2014 gesendet worden, natürlich sind die Gesprächspartner im Podcast davon ausgegangen, dass die Zahl derjeniger, die man mit dieser Information ein Jahr später spoilern kann, gering ist. Doch ich gehörte zu dieser kleinen Zahl. Ich war zwar nicht begeistert davon, aber richtig geärgert hat mich das auch nicht. Denn: Ich wusste weder, welche Umstände zu seinem Tod geführt haben noch in welcher Beziehung zu Alicia er zu dem Zeitpunkt stehen würde noch wie Alicia darauf reagieren würde. Drei Aspekte, die dieses Ereignis für mich immer noch sehr spannend machten. 

Deswegen nun zur zweiten Frage: Ist es wirklich so schlimm, gespoilert zu werden? Da wir ja erstens nicht erwarten können, dass die Seriengucker am einen Ende des Sofas schweigend und emotionslos zuschauen und zweitens wir Seriengucker am anderen Ende das Sofa auch nicht ständig verlassen können, müssen wir irgendwie damit umgehen lernen. Außerdem macht die ständige Angst vor Spoilern eine Auseinandersetzung mit relevanten Themen, die von Serien angestoßen werden, schwierig. Denn, und das ist ja sehr gut, Serien erfüllen oft mehr Zwecke als nur den der Unterhaltung: Sie spiegeln unsere gesellschaftlichen oder auch persönlichen Themen. Durch "Jessica Jones" wurde das Thema sexuelle Gewalt und damit verbundene Traumata in den Mittelpunkt gerückt und diskutiert. Aber das ging natürlich nur, indem das Hauptmotiv der Serie und die Handlungen der Hauptfiguren beleuchtet wurden - Spoiler inklusive. 

Für mich persönlich habe ich beschlossen: Mir ist es egal, ob mir jemand etwas verrät. Denn es ist ohnehin eine Art Berufsrisiko bei mir: Da ich nicht alles gleichzeitig gucken kann, aber trotzdem wissen muss, welche Serie sich wie entwickelt oder relevant wird, muss ich mich auf dem Laufenden halten. Und da werde ich unweigerlich gespoilert. Und manchmal bringt es mich sogar dazu, wieder in eine Serie einzusteigen, die ich längst aufgegeben hatte. Nach dem Motto: Ah, diese Entwicklung ist interessant, vielleicht nimmt die Serie jetzt wieder Fahrt auf. 

Langer Rede kurzer Sinn: In einem gewissen Maße können wir Rücksicht erwarten, etwa dass im persönlichen Gespräch nichts verraten wird oder dass vor detaillierte Schilderungen eine Spoilerwarnung gesetzt wird. Doch in vielen Fällen bleibt uns nichts anderes übrig: Wir müssen eben mit Spoilern leben lernen.

Und noch drei Gucktipps zum Schluss:

Der Abschied ist sehr nah: Die allerletzte Folge "The Good Wife" läuft am Sonntag in den USA. Schnüff.

Wer die Fantasy-Serie "The Shannara Chronicles" noch nicht gesehen hat, kann das ab 10. Mai, 20.15 Uhr, ganz linear bei RTL II nachholen. Oder bei Amazon Video (Prime), iTunes, Maxdome und Videoload.

Ich muss gestehen, ich habe in die erste französische Netflix-Produktion noch nicht reingeschaut. Weil ich Gérard Depardieu absolut nicht mag. Aber der Politthriller "Marseille" soll eigentlich ganz gut sein, habe ich mehrfach gelesen. Dann werde ich meine Abneigung wohl überwinden müssen und mal reinschauen.

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?

"Game of Thrones", Staffel 6: Die Folgen der sechsten Staffel laufen am Tag nach der US-Ausstrahlung bei Sky Atlantic HD. Außerdem gibt's die neuen Folgen nach Ausstrahlung bei Amazon Video, Google Play, iTunes, Maxdome, Sky Go/Sky Online/Sky On Demand, Videoload, Wuaki.

"The Good Wife": Auf Sixx hat die sechste Staffel gerade anfangen, ganze Folgen gibt auch auf der Sixx-Website zu sehen. Bei folgenden Streaminganbietern sind die ersten fünf Staffeln komplett verfügbar und die bereits auf Sixx gezeigten Folgen der Staffel 6: Amazon Video, iTunes, Maxdome. Die in den USA bereits gesendeten Folgen der siebten Staffel gibt es zum Beispiel bei iTunes US.

"Jessica Jones": Nur bei Netflix.

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