Quelle der Daten für diesen Artikel: AGF Videoforschung

Während die TV-Reichweiten vieler Sender täglich von jedermann nachlesbar sind, bleiben die immer wichtiger werdenden Streaming-Reichweiten in den meisten Fällen ein Geheimnis. Einmal monatlich blicken wir bei DWDL nun auf die wenigen belastbar erscheinenden Daten, die zur Verfügung stehen. So weist die AGF etwa für Sendungen in den Mediatheken der TV-Sender einmal monatlich eine Hitliste aus, die wir im Folgenden analysieren. (Wobei hier nur Sendungen auftauchen, die auch im linearen TV liefen). Dabei ist allerdings folgender Beipackzettel zu beachten: Bei den Zahlen handelt es sich um eine Netto-Reichweite, die nicht mit der "durchschnittlichen Sehbeteiligung", die man landläufig als TV-Quote kennt, vergleichbar ist. Kurz gesagt: In den Online-Zahlen wird jeder mitgezählt, der auch nur eine Sekunde lang den Stream laufen ließ, was natürlich deutlich höhere Zahlen ergibt als wenn man die durchschnittliche Reichweite über die gesamte Laufzeit betrachtet. Also nochmal: Die Zahlen sind nicht mit den TV-Werten, die man aus der sonstigen Berichterstattung kennt, vergleichbar.

Angeführt wird das Mediatheken-Ranking im Juli vom Film "Der Vorname", der im Rahmen des Sommerkinos im Ersten lief und der auch online noch immerhin eine Nettoreichweite von 611.000 Personen generierte - so viele haben also zumindest den Film mal gestartet, wieviele den kompletten Film angesehen haben, geht aus diesen Zahlen nicht hervor. Auf eine Netto-Reichweite von mehr als einer halben Million kommen ansonsten nur die ARD-Filme "Enkel für Anfänger" und "Eine Frau mit berauschenden Talenten" sowie das "Bachelorette"-Finale von RTL.

Auf viel Resonanz stieß online auch der dänische Film "Eine total normale Familie", der linear nur im BR Fernsehen zu sehen war. Darin geht es um eine Familie, bei der sich die Eltern trennen und der Vater sich einer Geschlechtsumwandlung unterzieht - und die Auswirkungen auf das Verhältnis zu seiner Tochter, die damit kaum klar kommt. Über 370.000 Personen haben in der ARD-Mediathek zumindest mal in diesen Film reingeschaut. Noch ein paar mehr waren es bei "Wer ist Ghislaine Maxwell" - allerdings konnte die mehrteilige Dokuserie ihr Publikum offenbar nicht besonders gut halten, denn schon Folge 2 taucht gar nicht mehr in den Top20 der AGF-Mediatheken-Charts für den Juli auf. Nicht nur im Linearen, sondern auch online ein voller Erfolg für den MDR wra unterdessen die "Kaisermania": Fast 360.000 Leute schauten zumindest Mal in den Stream rein.

Mediatheken-Charts Juli 2022 / Gesamtpublikum

  Sender EA im TV Netto-Rw. (ab3)
Online in Mio.
Der Vorname Das Erste 25.7. 0,611
Die Bachelorette RTL 28.7. 0,598
Enkel für Anfänger Das Erste 4.7. 0,567
Eine Frau mit berauschenden Talenten Das Erste 19.7. 0,557
Die Bachelorette RTL 13.7. 0,492
Polizeiruf 110: Black Box Das Erste 3.7. 0,465
Die Bachelorette RTL 6.7. 0,458
Die Bachelorette RTL 20.7. 0,452
Die Bachelorette RTL 27.7. 0,449
Der Sommer nach dem Abitur ZDF 2.7. 0,390
Lindenberg! Mach dein Ding Das Erste 18.7. 0,382
Wer ist Ghislaine Maxwell Das Erste 25.7. 0,381
Eine total normale Familie BR 21.7. 0,372
Kaisermania MDR 30.7. 0,358
Mich hat keiner gefragt ZDF 28.7. 0,340
Tatort: Gefangen ARD 10.7. 0,337
Das große Promi-Büßen ProSieben 7.7. 0,329
Sturm der Liebe Das Erste 15.7. 0,328
Sturm der Liebe Das Erste 18.7. 0,321
In aller Freundschaft - Die jungen Ärzte Das Erste 7.7. 0,316

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, DAP, Nielsen, ANKORDATA VIDEOSCOPE 1.4, 01.07.2022-31.07.2022, Marktstandard: Bewegtbild

Ganz generell zeigt sich beim Blick auf die Charts, dass im Juli in der Breite vor allem auch Einzelproduktionen fehlten, die eine nennenswerte Online-Reichweite aufbauen konnten - was natürlich auch auf den höheren Wiederholungsanteil im linearen Programm im Sommer zurückzuführen ist. Es sind daher insbesondere beim jüngeren Publikum nur einzelne Formate, die mit mehreren Folgen die Charts dominieren. Ganz vorne rangiert die RTL-Kuppelei "Die Bachelorette", die im Lauf der Staffel deutlich zulegen konnte und mit dem Finale und einer Netto-Reichweite von 400.000 14- bis 49-Jährigen das Ranking anführt.

Nachdem im Juni Seven.One Entertainment mit keiner einzigen Produktion überhaupt den Einzug in die Streamingcharts geschafft hatte, gelang ProSieben im Juli immerhin mit dem "Promi-Büßen" auch mal wieder ein Online-Erfolg mit einer Netto-Reichweite von bis zu 247.000 Personen in der Altersgruppe 14-49. Das online am stärksten nachgefragte Sat.1-Format war übrigens "Navy CIS: Hawaii", allerdings mit einer Netto-Reichweite von nur 0,039 Millionen 14- bis 49-Jährigen. "Mein Mann kann" kam auf weniger als 30.000 (14-49).

Mediatheken-Charts Juli 2022 / 14- bis 49-Jährige

  Sender EA im TV Netto-Rw. (14-49)
Online in Mio.
Die Bachelorette RTL 28.7. 0,400
Die Bachelorette RTL 27.7. 0,332
Die Bachelorette RTL 13.7. 0,332
Die Bachelorette RTL 20.7. 0,321
Die Bachelorette RTL 6.7. 0,302
Das große Promi-Büßen ProSieben 7.7. 0,247
Das große Promi-Büßen ProSieben 14.7. 0,212
Das große Promi-Büßen ProSieben 28.7. 0,201
Das große Promi-Büßen ProSieben 21.7. 0,201
Der Vorname Das Erste 25.7. 0,199
Wer ist Ghislaine Maxwell Das Erste 25.7. 0,191
Das große Promi-Büßen ProSieben 21.7. 0,186
Das große Promi-Büßen ProSieben 28.7. 0,181
Tatort: Gefangen Das Erste 10.7. 0,180
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten RTL 28.7. 0,178
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten RTL 19.7. 0,173
Eine Frau mit berauschenden Talenten Das Erste 19.7. 0,169
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten RTL 22.7. 0,169
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten RTL 29.7. 0,165
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten RTL 11.7. 0,165

Quelle: AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK, DAP, Nielsen, ANKORDATA VIDEOSCOPE 1.4, 01.07.2022-31.07.2022, Marktstandard: Bewegtbild

Die Nutzung von Streaming-Diensten am Smart-TV

In ihrem "Smart Meter"-Projekt misst die AGF schon seit längerem auch die Nutzung von Streaming-Diensten am Smart-TV - umfasst ist hier also nicht, wenn man die Streamingdienste am Tablet oder Computer nutzt, sondern tatsächlich nur am großen Fernseher. Nachdem Netflix im Juni einen deutlichen Rückgang der Tagesreichweite hinnehmen musste, zog diese im Juli nun wieder auf 3,017 Millionen an - so viele Personen nutzten laut AGF also im Schnitt Netflix pro Tag auf dem großen Fernseher. Die Tagesreichweite von Prime Video sank hingegen leicht von 2,21 auf 2,16 Millionen, bei Disney+ ging sie von 0,43 auf 0,37 Millionen zurück.

Netflix konnte damit den das ganze erste Halbjahr über andauernden Abwärtstrend erstmals wieder stoppen. Kam Netflix im Januar noch auf eine durchschnittliche Sehdauer von 13 Minuten pro Tag am großen Fernseher, so ging es seither sukzessive auf zuletzt im Juni noch sieben Minuten nach unten. Im Juli waren es nun immerhin wieder acht Minuten. Prime Video liegt bei fünf Minuten.

Und was war bei Netflix am stärksten gefragt?

Echte Messdaten zur Nutzung der einzelnen Inhalte der Streamingdienste gibt's nur selten, Netflix veröffentlicht inzwischen immerhin wöchentlich eine Top 10 - allerdings wiederum in ganz eigener Metrik der gestreamten Minuten und inklusive dieser Angabe nur auf weltweiter Basis. Aus den vorliegenden Daten haben wir eine Hitliste für die neuesten vier Wochen errechnet (Zeitraum: 13.6. bis 10.7.). Die Datenquelle ist hier Netflix und nicht extern überprüfbar.

Nachdem der Hype um "Stranger Things", das neben der neuen vierten Staffel auch mit den ersten drei Staffeln zuletzt fast im Alleingang die Top5 im Serienbereich stellte, nun abgeflaut ist, war nun die vierte Staffel von "Virgin River" die Serie, die am meisten gestreamte Minuten einsammelte. Schon das dürfte für viele eine größere Überraschung sein - doch noch weniger wird wohl den meisten die zweitplatzierte Serie im Ranking nach gestreamten Minuten sagen: "Extraordinary Attorney Woo". Die südkoreanische Serie über eine autistische Anwältin lässt sich zwar auch hierzulande abrufen, allerdings nur im Originalton mit deutschen Untertiteln - dementsprechend dürfte sie hier noch kein größeres Publikum gefunden haben, wohl aber im asiatischen und lateinamerikanischen Raum. Ebenfalls noch unter die Top5 geschafft hat es die erste Staffel von "Manifest". Die Serie war von NBC nach drei Staffeln abgesetzt worden, Netflix hat aber angekündigt, eine vierte Staffel zu produzieren. Die hohen Abrufzahlen weltweit dürften die Verantwortlichen in dieser Entscheidung nur noch bestätigen.

  Gestreamte Minuten
Virgin River (Staffel 4) 269.860.000
Extraordinary Attorney Woo (Staffel 1) 257.070.000
Stranger Things (Staffel 4) 212.780.000
The Sandman 196.980.000
Manifest (Staffel 1) 158.120.000

Quelle: Netflix; Auswertung: DWDL für Zeitraum 18.7. bis 14.8.

Bei den Filmen führt "The Gray Man" von den Russo-Brüdern mit Ryan Gosling und Chris Evans die Hitliste gefolgt von "Purple Hearts" an.

  Gestreamte Minuten
The Gray Man 245.080.000
Purple Hearts 197.190.000
The Sea Beast 80.400.000
Day Shift 56.510.000
Uncharted 44.360.000

Quelle: Netflix; Auswertung: DWDL für Zeitraum 18.7. bis 14.8.

Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;