Es sollte der größte Deal der Löwen werden: Im Oktober 2021 kündigte die Social Chain AG von Georg Kofler an, das Unternehmen DS Produkte von Ralf Dümmel für 220,5 Millionen Euro zu übernehmen. Kofler und Dümmel, die sich beide aus der Vox-Show "Die Höhle der Löwen" kannten, waren also seither unter einem Dach vereint. "Wir werden gemeinsam zeigen, wie ein perfektes Zusammenspiel zwischen Handel und Social Commerce gelingt", sagte Dümmel damals. 2023 wollte man mehr als eine Milliarde Euro Umsatz generieren. In Wahrheit wurden - nach Restrukturierungen und Verkäufen von "unrentablen Gesellschaften"- im ersten Quartal 2023 aber gerade mal 58,4 Millionen Euro umgesetzt.

Spätestens seit Herbst vergangenen Jahres agierte die Social Chain AG im Krisenmodus: Georg Kofler übernahm im November 2022 wieder die operative Führung, die Kosten sollten um 30 Prozent gedrückt werden, Ralf Dümmel schied aus dem Vorstand aus, um sich wieder auf DS Produkte zu konzentrieren. Doch es folgten weitere negative Nachrichten, etwa als die BaFin auf Fehler im Konzernabschluss stieß, die korrigiert werden mussten.

Zuletzt wollte man einen Neustart unter dem neuen Namen Tomorrow Now AG versuchen, holte erst im vergangenen Monat Stefan Kiwit als neuen COO und kündigte eine Kapitalerhöhung an, um die Liquidität sicherzustellen. Doch weil ein Investor die zugesagten Mittel nicht zahlte, kam es hier zu Verzögerungen, die man nun nicht mehr überbrücken kann, weil auch die Gespräche mit anderen Investoren ergebnislos verliefen. Der Vorstand sei "nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Gesellschaft keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht", heißt es nun in einer Mitteilung vom Montag.

Es bestehe "keine hinreichende Wahrscheinlichkeit mehr, dass der kurzfristige Finanzbedarf der Gesellschaft gedeckt werden kann". Daher werde man nun unverzüglich Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung stellen. Stefan Kiwit hat sein Amt in diesem Zuge nach wenigen Wochen schon wieder niedergelegt und verlässt das Unternehmen. Die DS Holding GmbH, also das von Ralf Dümmel ins Unternehmen eingebrachte Geschäft, sei ebenso wie die drtv agency GmbH nicht von dem Insolvenzantrag betroffen, dort soll der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt weiter gehen.

Ralf Dümmel äußerte sich auf Instagram: "Zum Unternehmertum gehört es dazu, dass es nicht nur positive Nachrichten gibt. Gemeinsam mit den Mitarbeitern und Gesellschaftern der DS Gruppe bin ich Ende 2021 ein großes Vorhaben angegangen: Der Zusammenschluss mit der Social Chain AG war einerseits eine große Chance, die auf den stationären Handel fixierte DS Gruppe in die Social Commerce Welt zu überführen. Andererseits brachte der Zusammenschluss auch die Herausforderung mit sich, ein über fünfzig Jahre gewachsenes hanseatisches Familienunternehmen in die Unternehmenskultur eines börsennotierten Digitalunternehmens zu integrieren." Er müsse "rückblickend anerkennen, dass die damalige Entscheidungnicht nur für mich persönlich, sondern vor allem für die vielen Aktionär:innen und Mitarbeiter:innen, die meine Begeisterung geteilt haben, große Belastungen zur Folge hat".

Nun besteht die Herausforderung offensichtlich darin, dass Unternehmen wieder aus der Social Chain AG zu lösen und weiterzuführen. Das erscheint auch möglich, weil die Finanzierung vertraglich von der Muttergesellschaft abgeschottet sei, so Dümmel. Die Geschäftstätigkeit solle unter seiner Führung daher wie gewohnt fortgesetzt werden. Während Ralf Dümmel bei DS Produkte an Bord bleibt, ist Georg Kofler bei der insolventen Social Chain AG raus. Wie das Unternehmen am Nachmittag mitteilte, hat Kofler sein Amt als Vorstandsvorsitzender mit sofortiger Wirkung niedergelegt.