Foto: PhotocaseHerzlichen Glückwunsch. Am heutigen Sonntag vollendet Leo Kirch sein 81. Lebensjahr und hat allen Grund zum Feiern. Den Zusammenbruch seines Konzern im Jahr 2002 scheint er verdaut zu haben und meldet sich mit neuen, großen - manch einer mag sagen zu großen - Plänen zurück im Mediengeschäft, das er in den letzten zwanzig Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht nur maßgeblich kontrollierte, sondern in seiner jetzigen Form auch auf den Weg brachte.

Mit der seiner Firma Sirius mischt er also demnächst wieder kräftig mit im Fernsehgeschäft mit den wichtigsten Rechten, die die Branche zu bieten hat. Ab der Spielzeit 2009/2010 will er der Liga Rekordeinnahmen von mindestens 500 Millionen Euro pro Saison garantieren. Die will er nicht selber aufbringen, denn er tritt bei diesem Deal nur als Vermittler auf. Seine alten Kontakte, die er im Laufe der Jahre nicht nur gesammelt, sondern deren wichtigste Figuren er in seiner Zeit als Medien-Mogul aufgebaut hat, dürften ihm dabei hilfreich sein.

Die Branche fragt sich derzeit, wie die Liga sich ein zweites Mal auf Kirch einlassen konnte, der den Fußball im Fernsehen schon einmal in eine schwere Krise stürzte. Der Zusammenbruch von Kirchs Imperium wirkte sich auch auf die Liga aus, schließlich war Kirch zur Pleite-Zeit Rechteinhaber. Mit Bankbürgschaften will er nun die hohen Summen garantieren - doch die sind noch nicht da. Die Commerzbank bestätigt lediglich Gespräche.
 


Doch was hat Kirch schon zu verlieren? Er ist zurück im Spiel. Sollte es mit der Bürgschaft nichts werden, so wird das sicherlich nicht seinen bisherigen Rekord brechen. Als größte Unternehmenspleite der Nachkriegsgeschichte ging er bereits in die Annalen der Branche ein. Auf rund 7 Milliarden Euro werden die offenen Verbindlichkeiten taxiert, die im Jahr 2002 zur Insolvenz führten. Und auch was er zuvor geschaffen hatte, ist in Zeiten, in denen die Medienmärkte verhältnismäßig gesättigt sind, kaum zu überbieten.

Schon seinen Einstieg ins Mediengeschäft machte Kirch mit gepumptem Geld. Für 20.000 Deutsche Mark erwarb er im Jahr 1956 die Rechte am Fellini-Film "La Strada". Der Name seiner Firma schon damals: Sirius. Viele hundert Filme kaufte er schließlich den ersten Jahren von den großen Hollywood-Studios, um sie zu vermarkten. Von da an nahm das Kirch-Geflecht seinen Lauf. Der in Bayern geborene Winzer-Sohn wurde zur zentralen Figur der deutschen Fernsehwirtschaft und konnte seine Position als Programmlieferant in dem sich ab Mitte der achtziger Jahre rasant entwickelnden neuen Markt des Privatfernsehens festigen und ausbauen. Durch die Beteiligung an Sendern wie Sat.1 und ProSieben sicherte er sich nicht nur Anteile an lukrativen Unternehmen sondern verschaffte sich gleich einen eigenen Markt für seine Film- und Sportrechte. Die Investitionen in die Sender konnten mit den übrigen Gesellschaftern geteilt werden, die Einnahmen aus den Rechteverkäufen kamen zu ihm.

Zu seinem gewaltigen Netzwerk aus Firmen und Beteiligungen gehörten Sender - darunter ProSieben, Sat.1 und Bezahlsender Premiere - Produktionsfirmen und Rechte-Agenturen. Kirch hielt die Rechte an der Fußball-Bundesliga und diversen Fußball-Weltmeisterschaften. Auch seine Beteiligung am Axel-Springer-Verlag war mit 40,3 Prozent nicht unerheblich.

Trotz der großen Erfolge musste Kirch in dieser Zeit auch schwere finanzielle Rückschläge hinnehmen. Das Bezahlfernsehen Premiere World wollte nicht so recht in die Gänge kommen. Das frei empfangbare Programm, das Kirch ebenfalls mit Inhalten bestückte, war schlichtweg zu gut, als dass sich Pay-TV in Deutschland ebenso durchsetzen konnte wie bei den europäischen Nachbarn. Auch der Versuch, mit DF1 das erste digitale Fernsehangebot zu etablieren, geriet zum Flop.

Das Netz, das Kirch um seine Firmen in rund 45 Jahren seiner Tätigkeit als Medienunternehmer geflochten hatte, war nur schwierig zu entwirren. Oft wurde der Vorwurf laut, Kirch habe Vertraute in Unternehmen installiert, die offiziell nicht zu seinem Konzern gehörten, um die Nähe zu seinem Reich zu veschleiern und den Wettbewerbsbehörden ein Schnippchen zu schlagen. So soll sich auch das ZDF bei seinem Versuch der Abhängigkeit Kirchs zu entgehen an ein Unternehmen gewandt haben, das ohne das Wissen der Mainzer von ihm kontrolliert wurde.

Auch wenn zum Beispiel die Anteile am Sender ProSieben nicht ihm, sondern seinem Sohn Thomas gehörten, so sagte kürzlich noch Georg Kofler, ProSieben-Geschäftsführer der ersten Stunde, die Position des Vaters habe man nie eliminieren können. Kirch ist ein Mythos. Anders als andere Männer in seiner Position, die sich im grellen Licht der Fernsehbranche sonnen, schien er als Phantom. Lange existierte nur ein einziges Foto von ihm. Bei öffentlichen Anlässen sah man ihn bestenfalls vorbeihuschen.

Um so mehr Geschichten ranken sich um den Tycoon. Wie die seiner Diabetes-Krankheit, in deren Folge er schon lange fast erblindet ist, so dass ihm die Geschäftspost vorgelesen werden müsse, oder die um den Beichtstuhl, der in seinem Büro zu finden gewesen sein soll und die seines gestrengen Katholizismus und seiner Gottesfurcht. „Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen“ ist schließlich auch als sein Kommentar zur Pleite im Jahr 2002 übermittelt.
 
Bild: Kirch MediaDie Branche hat sich seit dem Zusammenbruch der KirchMedia und den anderen Unternehmen neu organisiert und ist in der Neuordnung durch die Digitalisierung inzwischen ein gutes Stück vorangekommen. Die Frage, die sich heute im Jahr 2007, stellt, lautet: Wie weit kann der Einfluss Kirchs noch reichen, wenn er am Ende der ausgehandelten Rechteperioden 89 Jahre alt sein wird? Und überhaupt: Wie viel Kirch steckt noch in Sirius und der neuen Vermarktung der Bundesliga?

Als zentrale Figur hinter der fast schon glorifizierten Rückkehr Kirchs ins Geschäft gilt Dieter Hahn. Bereits im Alter von 32 Jahren stieg er als Geschäftsführer beim DSF ein, damals ebenfalls Teil von Kirchs Reich, und wurde zur rechten Hand des scheinbar allmächtigen Managers und guten Freundes des ehemligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Heute soll Hahn der Kopf sein, der hinter dem Deal mit der Bundesliga steht. Er soll es auch sein, der Kirchs gerichtlichen Feldzug gegen die Deutsche Bank ausbaldowert hat, bei der Kirch die Verantwortung für den Zusammenbruch seines Konzerns sieht.

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Dazu gesellen sich alte Vertraute der Branche, die heute Schlüsselpositionen innehaben. Als ehemaliger Chef von ProSieben und vor allem Arena genießt Dejan Jocic beste Kontakte ins Fußball-Geschäft. Er wird künftig für die über Kirch produzierten Fußball-Inhalte verantwortlich zeichnen. Mit Dagmar Brandenstein, die noch bis vor kurzem für die ARD-Rechteagentur SportA arbeitete, will man eine hochgeachtete Verhandlerin ins Boot holen – wenn die ARD es nicht doch noch schafft, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen. Brandenstein arbeitete bereits zu Kirchs ruhmvolleren Tagen für dessen Agentur ISPR. Auch bei EM.Sport Media - vormals EM.TV -, bei der Kirch sich vor kurzem beteiligte und die über die Kapazitäten unter anderem für die Produktion des Fußball-Contents verfügt, sitzen alte Bekannte am Ruder.

Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen werden und ungeachtet der Frage, ob Sirius es gelingen wird, mehr als die avisierten 500 Millionen Euro pro Saison für die Bundesliga zu akquierieren: Kirch hat allen Grund zum Feiern. Er scheint rehabilitiert. Die Bundesliga, die er mit seinem Zusammenbruch im Jahr 2002 in eine schwere Krise stürze, arbeitet wieder mit ihm zusammen, da nach wie vor er das meiste Geld zu versprechen scheint. Finanziell kann ihm ohnehin nicht mehr viel passieren. Sein Privatvermögen wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt – bei seinen zusammengebrochenen Firmen war er schließlich kein persönlich haftender Gesellschafter. Viele Gläubiger warten noch heute auf ihr Geld. Eines allerdings haben er und seine Gefährten allemal bewiesen: Der Name Kirch ist auch heute noch in der Lage, die Branche in Bewegung zu bringen.