Logo: Berliner ZeitungBei der "Berliner Zeitung" ist die Stimmung zwischen der Redaktion und der Führung des Blattes am Tiefpunkt. Am Donnerstag forderte der Redaktionsausschuss in einem offenen Brief Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock zum Rücktritt auf. In einem weiteren offenen Brief an den Eigentümer David Montgomery kritisierte man die rigide Sparpolitik scharf und forderte ihn auf, den Berliner Verlag wieder an einen neuen Investor weiterzuverkaufen.

Eine Reaktion auf die beiden offenen Briefe gibt es bislang weder von Josef Depenbrock noch von David Montgomery. Dafür veröffentlichte das Magazin "Cicero" nun vorab Passagen aus einem Interview mit David Montgomery, das allerdings bereits vor den beiden offenen Briefen geführt worden war. Der Inhalt dürfte den Redakteuren der "Berliner Zeitung" wohl teilweise wie Hohn vorkommen.

An einen Rückzug aus dem deutschen Markt denkt Montgomery in jedem Fall offenbar nicht. Gegenüber "Cicero" kündigte er weitere "Überraschungen und neue Produkte" für den deutschen Medienmarkt an. Deutschland sei für seinen Mecom-Konzern nicht nur wichtig, weil es "die Schlüsselökonomie Europas" sei, sondern auch "weil es ungewöhnlich anspruchsvollen Journalismus und hohes Managementkönnen" berge. "Diesen Schatz wollen wir haben", so Montgomery.

Der Redaktionsausschuss der "Berliner Zeitung" hatte in dem offenen Brief Montgomery hingegen geschrieben, die "Inhalte unseres Produktes drohen zu verarmen" und dafür "übermäßige Kostenreduzierungen" verantwortlich gemacht. Josef Depenbrock hatte laut Redaktionsausschuss einen weiteren massiven Sparkurs angekündigt, um die Umsatzrendite auf rund 20 Prozent zu erhöhen.

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Montgomery wehrte sich zudem gegen die Vorwürfe der redaktionellen Einmischung. Die Redaktion der "Berliner Zeitung" bemängelt insbesondere, dass Josef Depenbrock sowohl Chefredakteur als auch Geschäftsführer des Berliner Verlags in Personalunion ist und fürchtet um ihre Unabhängigkeit. Montgomery sagte hingegen: "Wir achten die Redaktionsfreiheit sehr wohl". Es sei "nicht nur unfair, sondern auch falsch", ihm "Heuschreckengebaren" zu unterstellen. Alle Kritik ändere "nichts an der Tatsache, dass ich mich in redaktionelle Belange nicht einmische und Statuten immer achte", so Montgomery.

Von Deutschlands Journalisten fordert Montgomery außerdem ein radikales Umdenken. "Moderne Journalisten müssen ihre Inhalte mehrfach verwerten", so Montgomery gegenüber "Cicero". "Die Zeiten, da ein einzelner Journalist eine einzelne Information für ein einzelnes Medium darbietet, sind vorbei. Deswegen sage ich den deutschen Journalisten: Euch wird es genauso gehen wie allen Journalisten auf der Welt: Eure Jobs werden revolutioniert." Das vollständige Interview erscheint am 21. Februar in "Cicero".