Ein katholischer Pfarrer fragt einen Rabbi: "Wann wirst du endlich anfangen, Schweinefleisch zu essen?" Sagt der Rabbi: "Auf Ihrer Hochzeit, Hochwürden!" Dass ein Witz Vorurteile oder Tabuthemen aufgreift, gehört zu dessen Charakteristik. Dass die kurze, besonders strukturierte fiktive Erzählung mit Pointe meist die Schwächen von Minderheiten zum Thema hat, ebenso. Auch wenn bei den diesjährigen Emmys in der Kategorie "Beste Comedy-Serie" ein Duell zwischen einem den Bund der Ehe eingehenden Pfarrers und einem nicht koscheren Fleisch verspeisenden Rabbis ausbleibt, finden sich trotzdem allerlei Produktionen wieder, die vor allem um kulturell, sowie sexuell bedingte Vorurteile und deren humoristischer Aufarbeitung kreisen.

Ins Feld der Nominierten ließ die Television Academy neben Titelverteidiger "Veep", der Tech-Comedy "Silicon Valley" und der fish-out-of-water-Serie "Unbreakable Kimmy Schmidt" vier Serien, die im weitesten Sinne das Thema "diversity" bedienen. Da wäre zum einen Neuzugang "Black-ish" (ABC), bei dem der Name bereits das Thema setzt. Anthony Anderson, der in diesem Jahr zusammen mit Gilmore-Girl Lauren Graham die Nominierten-Liste verlas, mimt darin das Familienoberhaupt einer afro-amerikanischen Familie der oberen Mittelschicht. Dieser Andre "Dre" Johnson hegt immer die Sorge, dass sich seine zu einer Hälfte weiße Frau und seine vier Kinder etwas zu sehr an den suburbanen Lebensstil anpassen, also in der "white neighborhood" eines Vororts von Los Angeles aufgehen. Feldhockey statt Basketball? Der Kampf gegen den Verlust der kulturellen Identität wird zum Alltag. Nach dem Motto: "I'm going to need my family black, not black-ish!", wie Dre seine Familie in der ersten Folge ermahnt.

Nachdem Anderson bereits im letzten Jahr eine Nominierung für die beste schauspielerische Leistung in einer Comedy-Serie für die Premierenstaffel ausgesprochen bekam, befindet er sich auch bei den 68. Primetime Emmys im Kreis der Nominierten. Ebenso wie seine Seriengattin Tracee Ellis Ross, die für ihre Rolle der Rainbow Johnson in die Runde um Vierfach-Siegerin Julia Louis-Dreyfus dazu stoßen konnte.

Mit "Ethnie", "Kultur" und "Herkunft" wird auch in der Netflix-Serie "Master of None" von und mit Aziz Ansari gespielt. Der Ort: Big Apple. Die Wurzeln: indisch. Genauer gesagt: Der von Ansari gespielte Mittdreißiger Dev Shah versucht darin halbwegs ambitioniert, seinen Weg als Schauspieler zu finden, nachdem sein größter Erfolg der Auftritt in einer Joghurt-Werbung war. Gerahmt werden die semi-autobiographisch und kurzfilmartig erzählten Folgen der ersten Staffel von der Jonglage mit Stereotypen. Wo bei "Black-ish" Anspielungen mit schwarzer Kultur dominieren, geht es bei "Master of None" um Vorurteile gegenüber Indern und indisch-stämmigen Amerikanern, wie Ansari und der von ihm erschaffene Dev es sind.

Das Spiel mit Diversität beherrscht daneben über Jahre hinweg die ebenfalls wieder nominierte und bereits fünf Mal mit einem Emmy ausgezeichnete ABC-Mockumentary "Modern Family": Hier steht eine Vorzeige-Patchwork-Großfamilie im Mittelpunkt, die verschiedene Generationen, sexuelle Orientierungen und Ethnien vereint. Da gibt es die Latina Gloria, die mit dem von Ed O'Neil gespielten und wesentlich älteren Jay Pritchett verheiratet ist und ihren altklugen Sohn Manny in die Ehe mitgebracht hat. Oder das schwule Ehepaar Cam Tucker und Mitch Pritchett, das irgendwann die kleine vietnamesische Lily adoptiert. Zwischen allen Altersstufen und Kulturen befindet sich das Ehepaar Dunphy, das zumindest in der Theorie der durchschnittlichen amerikanischen Mittelstandsfamilie entsprechen dürfte. Die Familien-Comedy tritt bereits mit der siebten Staffel an und gilt damit als die Etablierteste im Vergleich zu den anderen Erwählten. Dennoch war es wohl in keinem Jahr zuvor so, dass das Sujet "Vielfalt" so stark besetzt war wie 2016.

Im zweiten Jahr dabei ist eine weitere Familien-Serie, die man vor allem mit Blick auf "Black-ish" und "Modern Family" als Dramedy bezeichnen muss. "Transparent" (Amazon) von Jill Soloway schlägt düstere Töne an und fokussiert die Familie Pfefferman und im Besonderen die Verwandlung von Familienvater Mort in Maura. Jeffrey Tambor wurde für die Darbietung als Transsexuelle bei der letzten Gala mit dem Preis in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller in einer Comedy-Serie" ausgezeichnet und hat in diesem Jahr die Chance auf die Titelverteidigung.

Wer sich an die wichtigste Preisverleihung für Kinoproduktionen, die Oscars, in diesem Jahr erinnert, dem wird der schon länger kursierende Hashtag "oscarssowhite" wieder einfallen. Weil überwiegend weiße Schauspielerinnen und Schauspieler nominiert waren, gab es einen Oscar-Boykott einiger schwarzer Kreativer. Anders sieht dies bei den Emmys aus - zumindest im Bereich der Comedy. "Black-ish", "Master of None", "Modern Family", "Transparent": die Minderheiten bilden in diesem Jahr zusammengenommen die Mehrheit. In dieser Hinsicht hat die wichtigste Preisverleihung für den kleinen Bildschirm der bedeutensten Preisverleihung für die große Leinwand also etwas voraus. Ob sich am Ende kulturell bedingte Witze durchsetzen oder doch ein Thema, das mit Tabubrüchen einhergeht, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Denn da wäre ja auch noch eine gewisse Polit-Comedy namens "Veep", die letztes Jahr mit dem Preis bedacht wurde...