Viel ist in diesen Tagen von Generationenwechsel im Fernsehen die Rede. Gottschalk muss gehen – zumindest muss er den Vorabend im Ersten verlassen. Auch Harald Schmidt tritt wieder einmal ab – und gewiss irgendwo anders wieder auf. Doch so vielfältig die Gründe für das Scheitern der Sendungen der beiden auch sein mögen – interessant war in jedem Fall ihr Umgang mit den sozialen Netzwerken und ihr Versuch – oder im Falle von Schmidt vielleicht auch Anti-Versuch – mit Twitter und Co. das Publikum in die Sendung mit einzubeziehen.

Mittlerweile haben auch die Fernsehmenschen erkannt, dass das Internet nicht nur ein prima Speicherort für Mediatheken ist, sondern dass vor allem dem sozialen Netz eine gewaltige Kraft für neue Impulse innewohnen kann. Sie können Inhalte bereichern, sie mit Relevanz aufladen oder schlicht auf die Sendung aufmerksam machen. Sei es, weil kurz vor der Ausstrahlung etliche Tweets davon künden, dass bald Sendezeit ist, oder dass Diskussionen um Kandidaten mich darauf aufmerksam machen, dass ja heute schon wieder „Schlag den Raab“ läuft.

Richtig genutzt sind soziale Netzwerke neben ihren erweiterten inhaltlichen Möglichkeiten auch Aufmerksamkeitsverstärker und Programmhinweis gleichermaßen, von denen die Macher erstaunlich profitieren können. Social TV nennt sich dieses Phänomen, das in den USA schon weitreichend um sich greift, und dem man sich auch hier immer öfter nähert– auch wenn irgendwie noch keiner so richtig weiß, was sich hinter dem Begriff denn nun genau verbirgt. Irgendwie hat es was mit Fernsehen, Internet und Social Media zu tun. Doch wo es anfängt und aufhört ist noch lange nicht klar. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist gewaltig. Auch bei der NAB in Las Vegas stand das Thema groß auf dem Zettel. (Siehe auch: Social Media als Trendindikator und Promotion-Vehikel und Social Media: 7 Tipps für Fernseh- und Radiosender)

Neben den grundlegenden Verhaltensregeln im sozialen Netz ist vor allem eins entscheidend: Die Haltung dahinter. Und vermutlich war das dann auch genau das Problem von Gottschalk während seiner ersten Sendewochen, als bemühte Tweets die Sendung mit einem Rückkanal versehen sollten. So rund und ehrenhaft sich das Konzept von "Gottschalk live" auch las: Hier sollte ausgerechnet einer, der seit Jahren über die Jugend ganz allgemein und über Handys und das Internet im Besonderen frotzelte, plötzlich zum Web-Hipster werden.

Es hätte durchaus gelingen können. Gottschalk hätte die Jungen einbinden und den Alten das Netz erklären können. Er führte sie behutsam heran, sagte dass er den Hashtag ein andermal erklären würde. Großartig. Doch er hat sich nicht wirklich darauf eingelassen – zumindest nicht so ernsthaft wie „Wetten dass...?“-Erfinder Frank Elstner, der im 100-Tage-Experiment versucht hat zu ergründen, wie das Netz denn wirklich tickt. (Mein Lieblingstweet: „Twitter Tag 2. Wach geworden und als erstes geschaut wie viele Follower ich habe. Meine Frau sagt ‚du hast sie doch nicht mehr alle’“).

Schmidt hingegen nutzte das Phänomen – so wie es sich für ihn gehört – zum Spott. Kollege Böhmermann sollte sich drum kümmern. Nichts gebe es von ihm umsonst, das wäre gegen jede Geschäftstüchtigkeit, polterte er einmal gegen die neuen Offenheit. Doch der Zeitgeist ist mittlerweile ein anderer – Freemium gilt als eines der Erlösprinzipien der kommenden Jahre.

Lesen Sie weiter auf der folgenden Seite.